78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Alle 1294 Artikel von Ralph Hofbauer

Connecting Culture

Nokia Trends? Ist, sobald das Wort Trend fällt, nicht alles schon vorbei? Kann man Mobilfunkgeräteherstellern in Sachen Musik trauen? Vielleicht sollte man das, wenn sich am 10. November im Schiffbau Ökonomie und Kultur umarmen – zumindest wenn man was für Elektronisches übrig hat. Mit dabei: Die Ninja Tune-Gründer Coldcut, die wunderbaren Zoot Woman, der vernachlässigbare Hype Mylo und die Genfer Postfeministin Kate Wax. Hoffentlich gibts dort gratis Handys, dann muss ich mich nicht mehr für mein 5110 schämen:

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„Pepsi or Coke?“ mit The Blow

Die heimliche Platte des Monats kam im Oktober von The Blow. Schmissiger DIY-Elektropop von einem Duo aus Portland, der hier auf Herz und Nieren getestet und für sehr gut befunden wurde. Nun haben wir Jona, der die Sängerin Khaela an elektronischen Fäden tanzen lässt, vor Entscheidungsschwierigkeiten gestellt.

Taub oder blind?
Jona: Ich glaube blind. Das erinnert mich an diese unmögliche Frage, die mir mal ein Freund gestellt hat: Würdest du lieber jeden Tag eine Flasche Gin trinken oder einen Haufen Hundescheisse essen?

Spinnen oder Schlangen?
Als ich klein war hat mich mein Bruder in einem Raum voller Krabben eingeschlossen. Für mich sind Spinnen Mini-Krabben und deshalb habe ich fast ebenso grosse Angst vor ihnen.

Tour oder Studio?
Touren ist meine liebste Beschäftigung überhaupt. Ich mag es neue Leute zu treffen und an Orte zu gehen, von denen ich nicht mal gehört habe.

Punk oder Pop?
Beides.

DFA oder Neptunes?
Beide.

Missy oder Beyoncé?
Missy, weil sie neue und seltsame Klänge im Mainstream etabliert hat.

Pavement oder Sonic Youth?
Pavement im Moment, Sonic Youth für die Ewigkeit.

Shrigley oder Beuys?
Ich kenne Beuys nicht sehr gut, aber ich mag die Bilder, die ich von David Shrigley gesehen habe. Ich bin nicht sicher, ob dies ein Geheimnis ist, aber Tomlab bringt eine Compilation mit Musik raus, die von Shrigley’s Büchern inspiriert ist – und ich glaube ich werde auch einen Song beisteuern.

DeLillo oder Roth?
Meine Freundin wäre für Philipp Roth. Ich bin kein grosser Leser und schäme mich dafür.

Lynch oder Jarmush?
Ich habe Twin Peaks gesehen, als ich neun war. Lynch hat mich mit dem Unheimlichen bekannt gemacht, „Rückwärtsstimmen“ beispielsweise. Das habe ich dann nachgemacht, als ich begonnen habe Musik zu machen.

Al Gore oder Gandhi?
Al Gore, weil ich in Amerika lebe. Viele meiner Landsleute glauben immer noch, dass grosse Autos gut für die Umwelt sind.

Mac oder PC?
Ich bin nahe dran mir einen Apfel tätowieren zu lassen.

3x Badly Drawn Boy zum 500sten

jubel-trubel-discokugel.jpgMit diesen 78 Wörtern werden wir 500 Einträge alt. Deshalb ziehen wir die Spendierhosen an und schenken Euch die neue CD von Badly Drawn Boy, die in Svens Echtzeittest unten durch musste. Wer jetzt denkt, dass es ziemlich billig ist, Dinge weiterzuverschenken, weil man nichts mit ihnen anfangen kann, hat Recht. Aber erstens müsstet Ihr eigentlich uns etwas schenken, zweitens ist es eine Limited Edition und drittens stellen wir diesmal auch keine Frage. Ein Mail an gewinnen@78s.ch genügt.

Nachtrag

black or whiteÜbrigens habe ich an der Plattenbörse zwei Platten gekauft, die rein gar nichts gemeinsam haben: Kraftwerk konnten sich in meiner Tasche an einer Al Green-Platte wärmen.

Inzwischen bin ich mir ziemlich sicher, dass „I’m Still In Love With You“ (reinhören/kaufen) das beste Album vom vielleicht grössten Soul-Sänger aller Zeiten ist, obwohl man das so eigentlich gar nicht sagen kann, weil Green nur gute Musik gemacht hat – bis er 1974 von seiner Freundin mit heisser Grütze übergossen wurde, angeblich weil er ihren Heiratsantrag nicht angenommen hatte.

„Ich kaufe ja eigentlich nur mint.“

Finde die 5 GlatzköpfeIch habe mir heute wieder mal die Plattenbörse im Zürcher Volkshaus angetan, wo sich zweimal im Jahr Vinylophile treffen. Wo Spiesser im Rock’n’Roll graben, Nostalgiker in Erinnerungen schwelgen und Althippies auf der Suche nach der verlorenen Zeit sind.

Musiknormalverbraucher würden nur Bahnhof verstehen, wenn sie mitbekämen, wie hier über Raritäten, Diskografien und Preise gefachsimpelt wird: „Hast du die Originalpressung mal gesehen?“ – „Die ist grün und ziemlich dickes Vinyl, gell?“ – „Genau, auf Prestige. Ich hab die mal bei einem Franzosen bestellt. Furchtbarer Zustand, ich kauf ja eigentlich nur mint. Mit diesen Franzosen kann man einfach nicht geschäften.“

Bild: Der typische Plattensammler trägt Glatze, Windjacke oder Ledergilet.

Viele der rund 60 Händler haben seit Jahren ihren Stammplatz. Sie lassen sich in drei Gruppen einteilen: Die schlurfigen Junggesellen mit Nerdbrille, die sorgfältig rasierten Ehemänner mit schütteren Haaren und die ewigen Langhaarrocker mit Achselschweiss. Wenn man sich eine Platte genauer anschaut, sagen sie „Die ist gut“ damit man sie nimmt. Oder sie haben dazu eine Anekdote auf Lager.

Als ich aus dem Volkshaus rauskam, habe ich mir geschworen nie so zu werden, wie die da drin. Doch jetzt, wo ich einer neuen LP beim Drehen zusehe, bin ich mir doch wieder ziemlich sicher, dass die Platte das eleganteste Ding ist, das die Maschinen des 20. Jahrhundert hervorgepresst haben. Und so bin ich wohl für immer den Rillen verfallen. Bis ich ein nostalgischer, spiessiger Glatzkopf bin.

Po(m)p

Königin„Marie Antoinette“ kam in Cannes schlecht weg, die Pressekonferenz zeigte eine niedergeschlagene Sophia Coppola. Einen Monat bevor der Film anläuft, steht nun der Soundtrack in den Läden. New Wave heisst das Programm – Siouxie & The Banshees, New Order, The Cure, Gang Of Four und Bow Wow Wow die Bands. Gelingt mit dieser Kontextualisierung der 80er im Frankreich des späten 18. Jahrhunderts eine Subversion des Kostümfilms oder werden wir uns mit einem Material Girl im dekadenten Po(m)p langweilen?

On verra…

Heute gehört

Weckerfiepsen, Parkettknacksen, Urinplätschern, Spülungsrauschen, Duschwasserbrausen, Kaffeemaschinendröhnen, Zeitungsrascheln, Wasserhahntropfen, Zahnbürstenschrubben, Klingeln, Beamtenstimme, Kotplumpsen, WC-Deckelknallen, Schlossklacken, Verkehrsbrummen, Beach House, Handysurren, Elternstimmen, Radiogedudel, Miauen, Besteckgeklimper, Zahnarztwerkzeugkreischen, Münzklingeln, Verpackungsgeknister, Bonnie ‚Prince‘ Billy, Auslöserklicken (nur ein Foto, nicht auf Menschen geschossen), fremde Stimmen, vertraute Stimmen, Pfannenzischen, Gläserklirren, Feuerzeugklacken, Manyfingers, Regenprasseln, Kühlschranksurren, Laptoprauschen, Tastenklicken.

Und was hört Ihr so?

(Diese süsse Ohrenmaus sieht in echt bedeutend weniger niedlich aus.)

Bright Eyes für lau

Über „Noise Floor“ haben wir gerade erst hier berichtet und nun kann diese Bright Eyes-CD auch schon euch gehören. Wir verlosen drei Exemplare dieser Raritätensammlung, die aufzeigt, wie aus dem Wunderkind Conor Oberst ein Songwriter von Posterformat wurde. Wer weiss, wie das Label Saddle Creek damals bei seiner Gründung hiess und uns dies in einem Mail an gewinnen[ät]78s.ch mitteilt, hat auch schon fast gewonnen.

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Hoffnung, Licht, schwarze Löcher, offene Fragen…

…Verzerrung, Zweifel, Albinis und Lärm auf der Suche nach Stille. Dies und mehr sind Duara laut ihrer Website. File under: Postrock, aber bitte nicht im Ordner 08/15. Das neue Album der Thurgauer „We Have Only 10 Songs To Save The Earth“ wurde bereits andernorts gelobt. Zu Recht: Grösser sind kleine Bands selten. Bestellen kann man die exquisit verpackte CD bei Ikarus Records, einem basisdemokratischen Kleinlabel, das mit sechs Bands zwischen Frauenfeld und Zürich klammklang-heimlich einen Qualitätsstandard für ausufernde Musik etabliert hat. Gentlemen, you better watch out!

Gruselkabinett der Posen

Coverart wurde in den 60ern zur Kunstform erhoben, doch Albumcovers sind vor allem auch Archive der Geschmacklosigkeiten. In den Wühlkisten quadratischer Widerlichkeiten stösst man auf Fashion Victims in anzüglichen Posen, Metalbands von titanischer Lächerlichkeit, amateurhafte Collagen und latent sexistische Bildaussagen. Hat das, was in der Retrospektive grotesk erscheint, damals wirklich gut ausgesehen? Thematisch geordnete Paradebeispiele mit geistreichen Kommentaren zu solchen illustratorischen Sünden gibts da, chaotisches Jekami dort. Doch Vorsicht: Augenkrebs, Pupillenverätzung und andere Nebenwirkungen sind nicht auszuschliessen!