78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Alle 1294 Artikel von Ralph Hofbauer

Cat Power’s „Jukebox“ als Stream

Morgen erscheint es, heute schon kann man sich das neue Cat Power-Album hier als Stream anhören. „Jukebox“ versammelt wie bereits „The Covers Record“ fast ausschliesslich fremdes Songmaterial mit klassisch amerikanischer Prägung zwischen Folk, Blues, Soul und Swing.

Update: „Due to the powers that be, this album is no longer available for streaming“

Tracklist*:
1. New York, New York (Frank Sinatra)
2. Ramblin‘ (Wo)man (Hank Williams)
3. Metal Heart (Cat Power)
4. Silver Stallion (The Highwaymen)
5. Aretha, Sing One For Me (George Jackson)
6. Lost Someone (James Brown)
7. Lord, Help The Poor And The Needy (Jessie Mae Hemphill)
8. I Believe In You (Bob Dylan)
9. Song To Bobby (Cat Power)
10. Don’t Explain (Billie Holiday)
11. Woman Left Lonely (Janis Joplin)
12. Blue (Joni Mitchell)

Gleich im Opener zeigt sich Cat Power’s Stärke Songs auf überraschende Weise neu zu interpretieren. Wie schon „I Can’t Get No (Satisfaction)“ von „The Covers Record“ ist auch „New York, New York“ kaum mehr als solches wiederzuerkennen. Was leicht im Klischee hätte enden können, erstrahlt in neuem Glanz. Vielleicht würde dasselbe auch auf „Ramblin‘ (Wo)man“ zutreffen, doch leider weigert sich der Stream hier, wie auch bei zwei weiteren Songs, zu funktionieren. Das aus der Feder von Cat Power stammende „Metal Heart“ ist schön, kommt aber nicht an die Magie der ursprünglichen Version auf „Moon Pix“ heran. Danach sackt „Jukebox“ ab und überschreitet die Grenze zur kitschigen Belanglosigkeit einige Male. Erst als mit „I Believe In You“ wieder Schlepprockakkorde angeschlagen werden, denkt man sich wie gut Cat Power Bluesrock doch eigentlich steht. Aber auch die abschliessenden Balladen rechtfertigen nach dem durchzogenen Mittelteil schliesslich doch, dass Cat Power ihr Cover-Experiment wiederholt hat. Weil eben niemand so covert wie sie.

*) Auf der Bonusdisc der limitierten Ausgabe sind zudem Covers von Hot Boys, Moby Grape, Nick Cave, Roberta Flack und Patsy Cline enthalten.

MP3 to go (narkotisch)

Beach House wären der ideale Soundtrack zu den Super-8-Filmen, die irgendwo in deinem Elternhaus in einer Schublade lagern, die schon lange nicht mehr geöffnet wurde. Das Duo aus Baltimore würde deine Kapriolen am Strand der Toscana mit derselben Melancholie begleiten, die dein Herz erfasst, während du dir selbst beim Sandburgenbauen zusiehst.

Der narkotische Dreampop von Beach House soll auf ihrem zweiten Album „Devotion“ (VÖ 26.2.) etwas mehr nach Motown und Country-Folk klingen, dem Vorgeschmack „Gila“ ist davon allerdings nichts anhören.

Beach House – „Gila“
[audio:http://downloads.pitchforkmedia.com/Beach%20House%20-%20Gila.mp3]

obskuradio: Titelmelodien mit Drive

Die Titelmelodien von TV-Serien sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Die 60er und die 70er waren die goldenen Dekaden der Crime- und Suspense-Soundtracks, so auch im deutschen Sprachraum. Die TV-Serien dieser Zeit vertonten Fahndungsabenteuer und Verfolgungsjagden mit Surfgitarren, Hammondorgeln und Analog-Synthies a gogo. Die folgenden drei Titelmelodie-Juwelen finden sich auf der Compilation „Give Peas A Chance“, die Soundtrack-Trouvaillen aus der Blütezeit der Polizeiserien versammelt:

George Fenton & Ken Freeman – „Mobil Unit“ (Spiegel-TV)
[audio:http://www.78s.ch/wp-content/uploads/2008/01/george-fenton-ken-freeman-mobil-unit_128.mp3]

Freddy Gigele – „Polizeinotruf 110“
[audio:http://www.78s.ch/freddy-gigele-polizeinotruf-110_128.mp3]

Fred Berlipp Band – „Crime In Beat“
[audio:http://www.78s.ch/wp-content/uploads/2008/01/fred-berlipp-band-crime-in-beat_128.mp3]

Rückblende: Can – „Mushroom“ (1971)

[flash]http://www.youtube.com/watch?v=0wtSY8IbEOs[/flash]

MP3 to go (inkl. psychologischem Selbsttest)

Wenn ihr schon immer mal wissen wolltet, was mit euch nicht stimmt, könnt ihr das beim Quiz „What is wrong with you?“ herausfinden. Eine Band, die sich für ihre Website einen pseudopsychologischen Fragebogen mit solch amüsanten Auswertungen* einfallen lässt, kann ja eigentlich nur zu den Guten gehören. Tatsächlich zelebrieren Bodies Of Water ihren orchestralen Pop so einnehmend, dass man die Kalifornier einfach gut finden muss, zumindest wenn man etwas für Heilsarmeechorbombast mit Pauken und Trompeten übrig hat. Ihr selbstveröffentlichtes Debut „Ears Will Pop, Eyes Will Bling“ wird am 22.1. mit Secretly Canadian-Gütesiegel wiederveröffentlicht, hier ein erster Vorgeschmack mit Hühnerhautgarantie:

Bodies Of Water – „I Guess I’ll Forget The Sound“
[audio:http://www.scjag.com/mp3/sc/iguessillforget.mp3]

*) dem Test zufolge bin ich Typ 18: „You are a deep thinker, and your love of contemplation is surpassed only by your love of showing off your brain-power. If given the option, you prefer writing to speaking, even with your closest of friends. You feel more comfortable expressing your thoughts in writing because you fear the fact that a spoken word can never be proofread or amended before its delivery. Your sense of self-worth is ensconced so fully in your ideas that you genuinely do not know how to respond to critics who label you an intellectual onanist.“

Do The Dig

Er ist und bleibt ein cooler Hund. So auch im neuen Video zu „Dig Lazarus Dig!!!“ vom 14. Nick Cave & The Bad Seeds-Album, das am 3.3. erscheint. Rock’n’Roll-preaching as it should be. Dig this:
(In 1A Qualität und mit Urheberrechten hier)

[youtube JeHqPBOgoTw]

MP3 to go (Surf’s up!)

Endlich mal wieder Musik aus Brasilien, die weder nach Baile Funk-Gebums noch nach Bossa-Gesäusel klingt: Nacão Zumbi aus Pernambucco im Nordosten Brasiliens konzentrieren sich auf solide Grooves, die sie mit Stromgitarren und portugiesischem Gesang anreichern. „The Carimbeo“ ist auf der Compilation „What’s Happening In Pernambucco“ vertreten, die Anfang Februar erscheint. Eine Surfgitarre reitet auf einem flotten Breakbeat in den Sonnenuntergang. Hang Loose!

Nacão Zumbi „The Carimbaeo“

[audio:http://downloads.pitchforkmedia.com/Nacao%20Zumbi%20-%20The%20Carimbaeo.mp3]

PJ Harvey und John Parish zum 2.

Manchmal finde ich es als Endzwanziger ziemlich erschreckend, dass immer mehr Dinge schon mehr als zehn Jahre her sind. So zum Beispiel auch die Kollaboration von PJ Harvey und John Parish, an die ich mich noch schwach als wunderbar kratzige CD erinnere, die ich 1996 von einem Klassenkameraden ausgeliehen und kratzerfrei zurückgegen habe. Ein eigentlich schöner Brauch, der immer auch ein kleiner Vertrauensbeweis war, aber leider wenige Jahre später durch den CD-Brenner verdrängt wurde. Nun gehen PJ und John demnächst ins Studio, um einen Nachfolger für „Dance Hall At Louse Point“ einzuspielen.

78s@tages-anzeiger

78s goes Print. Ab heute werden jeden Mittwoch auf der allerletzten Seite der Stadtzürcher Ausgabe des Tages Anzeigers Kurzrezensionen und Konzerttipps von uns zu finden sein.

Heute: Black Mountain und Jolly Goods

Vorwärts in die Vergangenheit, zurück in die Zukunft

Schon die ersten Sekunden von „In The Future“ machen lautstark deutlich, dass dieser einstündige Trip in die Vergangenheit führt. Das Riff von „Stormy High“, mit dem Black Mountain den psychedelischen Songzirkel ihres zweiten Albums eröffnen, klingt wie ein Widerhall der frühen Black Sabbath. Im zweiten Song kommen sanftere Blumenkinderklänge zum Zug – Psilocybin und Pink Floyd sind nicht weit. Eine nostalgische Prog-Rock-Referenzen- Schlacht also?

Keineswegs. Black Mountain sind auch auf ihrem zweiten Album in erster Linie sich selbst im Hier und Jetzt: Eine Band aus Vancouver mit Sogwirkung, deren Musik mit jedem Hördurchgang ein Stück mehr gegen den Himmel wächst. Eine Band mit tiefschürfenden Melodien. Eine monumentale Live-Band, wie die Kanadier kürzlich in der Roten Fabrik bewiesen haben.

Ähnlich wie das Wolf Parade-Umfeld ist das Musikerkollektiv der Black Mountain Army ein Bienenschwarm von kreativen Köpfen, die im Quartalsrhythmus unüberhörbare Platten einspielen. Als Speerspitze von Projekten wie Pink Mountaintops, Lightning Dust oder Blood Meridian eroberte das Mutterschiff Black Mountain 2005 eine Welt, die damals gerade im Begriff war, den Download für das Upgrade von 1.0 auf 2.0 zu starten. Drei Jahre später sind wir scheinbar weitergekommen, bei Black Mountain ist alles beim Alten geblieben.

„In The Future“ wirkt frisch gerade weil die Musik so altmodisch ausufert. Es bleibt Zeit für 15-minütige Epen, die sich im All verlieren, Platz für Mellotron- und Minimoog-Spielereien, Raum für Endlosschlaufen. Die Entschleunigung des Rock. Zeitlosigkeit durch althergebrachte Mittel. Und über der Wall of Sound thront ein Stimmenpaar, das sich umarmt, während die Welt um Stephen McBean, Amber Webber und ihre Blutsbrüder in Riffgewittern untergeht. Ein einsamer Gott wird die Black Mountain Army retten. Amen.

Black Mountain – „Tyrants“
[audio:http://www.scjag.com/mp3/jag/tyrants.mp3]

> „In The Future“ erscheint am 11. Januar bei Jagjaguwar/Irascible