78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Alle 1294 Artikel von Ralph Hofbauer

Last Christmas I gave you my Erdmöbel

Von Erdmöbel kommt die Hymne für David und alle anderen Weihnachtsmuffel, denn auch diese vier Jungs aus Kölle scheinen keine Lust auf die fünfte Jahreszeit zu haben: „Weihnachten ist mir so egal, ich bin drei Karat Kaugummiautomat. Schenk dir, ohne Papier, mein billiges, billiges Herz“. Ach, Wham… Wer erinnert sich nicht an dieses Stück SchSeife. Auch wenn ich ihren Weihnachtsklassiker hassen will – ich kann nicht verleugnen, dass sich bei mir ein heimeliges Gefühl einstellt, sobald „Last Christmas“ erklingt.

Sammlerstücke

Memorabilia ist ja eigentlich etwas ziemlich bescheuertes. Ob Elvis-Uhren, Ringo-Puppen oder Jacko-Statuen, meistens gehen bei Fan-Artikeln Star- und Warenfetisch eine fragwürdige Symbiose ein. Doch es gibt in der Welt der Memorabilia durchaus auch tolle Sachen zu entdecken: 1980 lancierte die Amurol Products Company die Chu Bops, Miniatur-Alben mit süssen Platten aus Kaugummi von Grössen wie Blondie, Kiss oder The Police. Warum die Kaugummi-LPs in Europa trotz dem vielversprechenden Namen Hit Pops floppten, ist unerklärlich. Amurol stellte die Produktion bald darauf ganz ein und wurde schliesslich von Wrigley’s geschluckt. Wer nun Lust auf ein essbares Stück Popgeschichte bekommen hat: eBay hat zum Teil auch ungegessene Chu Bops an Lager.

Die Idee etwas klebriges wie Kaugummi in etwas klebrigem wie Pop zu verpacken liegt auf der Hand. Die Beatles inspirierten bereits in den 60ern Süsswarenhersteller zur Herstellung von Beatles-Lollies und -Cookies. Besonders beliebt waren die Kaugummis, die zusammen mit Beatles-Sammelkarten kamen. Rare Sets wechseln heute für mehrere tausend Dollar den Besitzer. Überhaupt sind die Beatles die Könige der Memorabilia. Es gab den Beatles-Plattenspieler, den Beatles-Kamm, die Beatles-Perücke, den Beatles-Wecker und das Yellow-Submarine-Spielzeugmodell.

In einer anderen Liga als das herkömmliche Merchandising spielen jene Memorabilia-Artikel, die Reliquien gleichkommen, da sie – wie beispielsweise die Sandalen Christi – von einem Heiligen Celebrity getragen, benutzt oder zumindest besessen wurden. Wer auf solche Luxus-Memorabilia aus ist und eine schlaflose Nacht hinter sich hat, weil er sich gestern nicht die Manuskripte von Marvin Gaye unter den Nagel gerissen hat, dem bleibt die Hoffnung auf den ganz grossen Coup: Mitte Dezember wird in LA der Ehering von Elvis versteigert. Ab 100’000$ kann man mitbieten.

Selten so gelacht

Der Norweger Lasse Gjertsen ist zwar nicht der erste Star, vielleicht aber das erste Genie des Youtube-Zeitalters. Ausnahmsweise geht es hier für einmal nämlich nicht um Inszenierung und Voyeurismus, wie im Präzedenzfall Lonelygirl15, sondern um intelligente Videokunst, die gleichzeitig unglaublich und lustig, sprich unglaublich lustig ist. Mittels raffinierter Schnitttechnik macht Gjertsen Amateure an Schlagzeug und Klavier zu Virtuosen, rennt seinem eigenen Schatten nach oder lässt sich von einem Auto überanfahren. Den Durchbruch in der E-Community brachte dem 22-Jährigen diese Beatbox-Meisterleistung:

[flash]http://www.youtube.com/watch?v=o9698TqtY4A[/flash]

Vier Schlagzeuge, ein Groove

 

Wer vier Drumsets verwendet, ist entweder grössenwahnsinnig oder er heisst Mocky.  Neben einer grotesken Verkleidung brachte der Kanadier gestern eine ganze Schlagzeugfamilie mit ins Salzhaus:
Der Keyboarder kümmerte sich bei Gelegenheit um das Babyschlagzeug, Mocky bearbeitete – wenn er nicht andersweitig mit Rhymes, Gesang oder Gitarre beschäftigt war – das Kinderdrumset, der Bassist drosch auf das Mamaschlagzeug ein und der eigentliche Drummer der Navy Brown Bluesband gab auf dem Familienoberhaupt den Takt an. Einen Laptop vermisste bei dieser Beatdichte niemand.

Instant-Klassiker

Ladies and gentlemen, I give to you Rrrrock’n’Roll’s latest sensation… from Birmingham, Alabama… Trommelwirbel… 
the incredible Dan Sartain, performing „Thought It Over“!

[audio:http://www.idolator.com/assets/resources/mp3/thoughtitover.mp3]

Als neuer Primus der Rock’n’Roll Highschool beherrscht Dan Sartain sämtliche Spielarten des Rock – Rockabilly ebenso wie Indierock. Seine neue Platte „Join Dan Sartain“ (recrec) rumpelt so überzeugend durch die Rockgeschichte, dass man versucht ist sie als Instant-Klassiker zu bezeichnen. Trotz unbändigem Vorwärtsdrang lässt sich Dan Sartain Zeit für atmosphärischen Twang, Mariachi-Trompeten und Kastagnetten. Alles drin, alles dran also. Hören!

Sparklehorse und Fennesz auf der Suche nach Utopia

Es ist ja eigentlich ständig was los und trotzdem passiert irgendwie nicht viel. Und doch geschehen bisweilen die unglaublichsten Dinge: Aus Happy Slapping wird Happy Raping. Oder Manager reinterpretieren U2, um aus zwei Banken eine Corporate Idendity zu schmieden: „One Love“ – „One Bank“. Erfreuliche Nachrichten von unglaublichen Vereinigungen sind selten, doch es gibt sie: Sparklehorse und Fennesz werden kollaborieren. Mark Linkous: „We’ll try to do something that hasn’t been done yet.“ Das glaub ich ihm aufs Wort.

Mark LinkousChristian Fennesz

Die hippste Band der Welt?

Dass Apple einen hippen Musikgeschmack hat, wissen wir. Kein Wunder: Apple vertraut Musikblogs. Anders lässt es sich nicht erklären, dass im neuen iPod-shuffle-Werbespot die Prototypes zu hören sind, eine Band mit nur 15’781 Myspace-Profile-Views (vgl. Justin:
15’778’119). Im Mai wurde zum ersten Mal über das Pariser Trio gebloggt und nun bewerben sie das begehrteste Weihnachtsgeschenk. Soviel steht fest: Stereo Total (67’317) hätten diesen Job genauso überzeugend gemacht – doch deren Karriere kommt ja langsam schon in die Best Of-Phase.

CD-Ständer ade!

Nur schon dieses Wort. CD-Ständer. Und wie verloren diese Dinger immer im Raum stehen. Doch seit einiger Zeit unterspült die technische Evolution die Fundamente dieser Wohnzimmerwolkendeckenkratzer. Trägermedien sind zu Dinosauriern geworden und die gegenwärtigen Immaterialisierungstendenzen sprechen dafür, dass der CD-Ständer endlich aussterben wird. Andererseits: Waren CDs nicht doch was schönes, zumindest in Kartonhüllen? Sollte diese technisch vermittelte Entkörperlichung anhalten, sind wahrscheinlich bald wir selbst an der Reihe. Wie sich das wohl anfühlt auf 1 MB komprimiert zu werden?

„Megaknackiger Abgeh-Rock“

LiZA Li ist Dynamit! Sebstbewusst, jung und mit rotzig-frechen Songs am Start.“ In anbiedernder Jugendsprache zeichnet die 4-seitige Pressebroschüre auf farbigem A4-Glanzpapier das Bild von einem Bad Girl worse than bad. Eine kleine Kostprobe dieser köstlichen Bravo-Lyrik: „Liebe und Romantik müssen nicht immer voller Geigen hängen. Sex bringt mit rasanten Rockgitarren ein menschliches Bedürfnis auf den Punkt und schmilzt erst dann dahin.“ Nein danke.

Doch es ist nun mal so: „LiZA Li ist da und keiner wird ihr entkommen!“ Also auch ich nicht. Gut, ich schieb die CD rein und das Befürchtete trifft ein: Eine scheussliche Mixtur aus Tokio Hotel, Nena und den Toten Hosen in ihrem ersten Proberaum. Die Gesangsstunden, die LiZA angeblich bei einem Opernsänger genommen haben soll, konnten bei so wenig Talent scheinbar auch nicht mehr viel ausrichten:

[flash]http://www.youtube.com/watch?v=Gp5Agr8rrXo[/flash]

LiZA’s Markenzeichen: Ihre Kappe, die sie – wie im Video ersichtlich – auch im Bett trägt. Doch Moment mal. Hatten wir dieses Görenpower-Ding nicht schon mal? Tic Tac Toe, wir erinnern uns. Obwohl als Einfluss dann natürlich der Name Pink fallen muss. Unerschrocken wie ihre Vorbilder geht LiZA Li auf Konfrontationskurs. Mit Tabuthemen wie Masturbation betreibt Sie Aufklärung in unschuldigen Kinderzimmern. Geht das alles nicht ein wenig zu weit? Doch LiZA lässt sich rein gar nichts vorschreiben: „Jeder der versucht hat, mir zu sagen, was ich tun oder lassen soll, hat bisher Ärger bekommen.“ Hör auf Musik zu machen, LiZA – und zwar subito! Krieg ich jetzt Ärger?

Alle Jahre wieder

Wie kürzlich berichtet hat Sufjan Stevens das Kunststück fertiggebracht ein erträgliches Christmas Album einzuspielen, weil es darauf eher um Musik als um Weihnachten geht. Sonst kommen diese Dinger ja immer reichlich überzuckert auf den vorweihnachtlichen Markt; in der Regel von Künstlern, die ihren Zenit überschritten haben. Dieses Jahr haben Robin Gibb (Bee Gees), Bootsy Collins („Jingle Belz“ (sic!)) und Billy Idol (!!!!!!!!!!!!!) ein Weihnachtsalbum angemeldet, Tokyo Hotel zum Glück nicht. Zudem schneit’s natürlich auch wieder Reissues von Genre-Klassikern.