Doku-Tipp: Musik als Waffe
Von Marco Durrer | 21. Juli 2011 | 0 Kommentare
So positiv Musik normalerweise auf Menschen wirkt, sie kann auch als Waffe missbraucht werden. Eine Doku beschäftigt sich mit deren Einsatz zu Kriegszwecken.
Das repetitiv-üble Programm einiger Radiostationen hierzulande vermittelt eine leise Ahnung vom Terror, der von Musik ausgehen kann. Ob preussischer Marsch, afrikanischer Kriegstanz oder lärmender HeavyMetal: Seit jeher werden kriegerische Handlungen von Klängen und Rhythmen begleitet, welche die Kämpfer in Blutrausch versetzen oder den Gegner zermürben sollen.
„Musik umgeht den Verstand und berührt die Seele“ – die geheimnisvolle Macht des Klangs über die Gefühle macht sie neben der kathartischen Wirkung auch zur psychologischen Waffe. Gewisse Songs werden, in Endlosschleife und entsprechender Lautstärke gespielt, zum Folterinstrument. Wenn man sich nicht mehr denken hört, folgt der Kontrollverlust über Verstand und Sinne, man wird dem freien Willen beraubt.
Christopher Cerf ist langjähriger Komponist für die Sesamstrasse und geschockt, als er erfährt, dass in Guantanamo neben Marilyn Manson oder Metallica auch seine Kinderlieder zur „no touch torture“ eingesetzt werden. Zusammen mit Filmemacher Tristan Chytroschek macht er sich auf die Suche danach, was Musik mit Gewalt, Folter und Tod zu tun hat.
Durch Erfahrungsberichte von Direktbeteiligten erfährt er, wie sie – z.B. im Falle von Drowning Pools US-Kriegshymne „Bodies“ – sowohl als Aufputschdroge für die Soldaten als auch zur Folter von Gefangenen eingesetzt wird. Und dass der Gebrauch von Kampflautsprechern als akustische Totschläger längst keine Zukunftsmusik mehr ist.
Leider erhellt die 45-minütige Dokumentation wenig Neues über die Schattenseite der schönsten Nebensache. Zu wenig wird über die tatsächliche Wirkung der Musik auf den menschlichen Organismus vermittelt und der gezielte Einsatz im Krieg mit anschaulichen Beispielen belegt. Aber allemal interessant.
Wer sich die Wiederholung auf Arte (22./27.07.2011 um 05:00) nicht anschauen mag, kann dies hier in vier Teilen tun:
78s wird seit Juni 2015 nicht mehr redaktionell betreut. Die Kommentarfunktion ist deswegen deaktiviert.