78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

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Cash ohne Ende

Seit dieser Woche steht eine musikalische Nahtoderfahrung der besonderen Art in den Läden. „American V – A Hundred Highways“ (Universal) ist das erste posthum veröffentlichte Johnny Cash-Album. Mit dem Hauch des Sensemanns im Nacken sang Cash 2003 die Gesangsspuren für „A Hundred Highways“ ein, erst im letzten Jahr entstanden dann unter der Leitung von Nachlassverwalter Rick Rubin die elegischen und kargen Arrangements. Die dem Tod geweihte Stimme, die über den Gitarren und Pianos schwebt, ist noch weiser, transzendenter, zerbrechlicher und zugleich stärker, als man erwarten durfte – von senilem Röcheln und Lallen keine Spur. Neben seinen zwei letzten Eigenkompositionen gibt Cash Spirituals, Traditionals und Coverversionen von Hank Williams, Gordon Lightfoot und Bruce Springsteen zum sprichwörtlich Besten. So schliesst sich dieses intime und zeitlose Album nahtlos an seine ebenso ehrlichen und grossen Vorgänger an und Cash wird wohl unser aller Wunsch-Grossvater bleiben. Wie singt er doch so schön (was sich nur aus dem Kontext gerissen grössenwahnsinnig anhört): „I’ll be a legend in my time“. Legendär war der Man in Black immer, zur Hollywood-vereidigten Legende wurde Cash allerdings erst nach seiner Zeit. Rick Rubin hat bereits den sechsten Teil der American Recordings angekündigt. Nach „Walk The Line“ also noch immer Cash ohne Ende – zumindest für Rubin.

A Pony gets stroked

„It took me by surprise“. Dies ist nicht nur eine Songzeile von Poni Hoax, sondern wird wohl für so manchen noch zutreffen, der diese französische Band zum ersten Mal hört. Poni Hoax betreiben gekonntes Genrehopping. Von Interpol und Phoenix gehts zu Giorgio Moroder. Diese musikalische Spannweite lässt die Vorfreude aufs The Strokes-Konzert am 14.Juli in Montreux, bei dem sie als Vorgruppe fungieren, um 70 Prozent potenzieren. Denn The Strokes in Ehren, das hatten wir doch alles schon mal.

Honigsüss

Schon mal einem Schmetterling mit Akkustikgitarre und Cowboyhut begegnet? Nein!? Dann Amy Millans „Honey from the Tombs“ (City Slang/TBA) hören. Unbedingt. Wenn die Metapher nichts nützt, dann vielleicht Namedropping: Stars, Broken Social Scene, Leslie Feist.

Big in Japan

Konichiwa! Must Have Been Tokyo und Tokyo Police Club. Zwei Herzensangelegenheiten kann man dazu auch sagen oder zwei Mal Indie-Punk oder „Hopp Schwizz-Kanada“ oder zwei Mal Zuckerpfanne.

„Sexy Back“…

…heisst der neue Song von Justin Timberlake vom kommenden Album „FutureSex/LoveSounds“ (Sony/BMG). Erster Gedanke: ziemlich eindimensionales Leben, das dieser Mann führt. Zweiter Gedanke: Erstaunlich wie atonal der sogenannte Mainstream geworden ist. Nichtsdestotrotz, der Song enthält alles was ein Hit haben muss: Semi-erotische Anspielungen, ein treibender Beat, stöhnender Gesang. Das Video mit Bikini-Ladies und heissen Schlitten zieht grad ungewollt an meinem geistigen Auge vorbei. Wobei Timberlake-Videos hatten eigentlich immer schon einen etwas höheren, künstlerischen Standard. Aber eigentlich auch egal.

Schnellschuss

Der nächste musikalische Schnellschuss aus der Hüfte englischer Provenienz nennt sich The Rifles. Das Debüt „No Love Lost“ wird am 17. Juli in den Regalen stehen (e-card hier). Die englische Presse schiesst natürlich schon wieder wild um sich mit Superlativen und auch Graham Coxon findet sie ganz dufte. Meiner Meinung nach sind The Rifles aber nichts anderes als ein Nuller, eine Kneipenband (siehe Video „Local Boy„), die sich nicht länger halten wird wie die Rülpsfahne vom letzten Bier.

… Los!

gnarlsbarkley.jpg„Crazy“ wurde Sommerhit, bevor es Sommer war. Gnarls Barkley liessen die letzten Monate niemanden kalt. Selbst hart gesottene Indie-Prediger mussten eingestehen, dass „Crazy“ einer jener Hits ist, wie er nur alle fünf bis zehn Jahre geschrieben wird. Ein gutes Gespür hatte einmalmehr das Montreux Jazz Festival bzw. Ko-Programmatorin Lori Immi, die das amerikanische Duo für die Miles Davis Hall engagierte. Leider kämpften die beiden dort aber mit technischen Problemen – ein Euphemismus für live unumsetzbaren Sound. Zuviele Samples sind auf dem Album und zuviel wollten sie live mit Instrumenten umsetzen. Nun gehen Gnarls Barkley nochmals über die Bücher und bis sie soweit sind, wird’s 29. August werden. Für dieses Datum hat sie nämlich der Zürcher Club Abart verpflichtet. Spielen werden sie aber nicht im dunklen Raum mit der tiefen Decke sondern in der Maag Event Hall. Obwohl dort gut 1000 Leute rein passen, wird das Konzert ziemlich schnell ausverkauft sein. Ab dem 10. Juli beginnt der Vorverkauf. Auf die Plätze, fertig …

Spielerfrau

Da denkt wohl jeder gleich an Bea Zuberbühler oder Lea Vogel. Spielerfrau ist aber auch die Band des Russen Michael Idov aus Brooklyn. Herkunft und neue Heimat bestimmen die musikalische Gangart. Spielerfrau könnte man ohne weiteres als Ostblock-Tom-Waits bezeichnen. Hörproben gibt’s hier, das Video zu „A Civilized Thing“ ist mehr als Chef! Das neue Album „The Sad Part“ gibt’s leider in der Schweiz noch nicht zu kaufen, dafür zwei EPs über iTunes.

Jarvis and Cunts

„Cunts are Still Running the World“ singt ex-Pulp-Birne Jarvis Cocker und nimmt damit Bezug auf das Live Aid-Zeugs, das ca. vor einem Jahr über die Bühne ging. Den Stream zum Song gibt’s hier. Weiter so Jarvis, piss Bono und Geldof (alle Namen der Cunts beginnen erstaunlicherweise mit einem „B“: Bush, Bono, Blair, Bob, Ballack, Brian May etc.) schön weiter ans Bein!

Ab heute zu kaufen

Endlich ist es soweit: Thom Yorkes sagenumwobenes Soloalbum steht in den Läden. „Eraser“ (XL/Musikvertrieb) bietet ausgefuchsten Katzenjammer-Elektropop, der auch als Radiohead durchgehen könnte. Hören kann man das komplette Opus magnum hier.

ebenfalls ab heute zu haben:

Peaches – „Impeach My Bush“ (XL/Musikvertrieb)

Sebadoh – „Sebadoh III“ (Domino/Musikvertrieb)

De Rosa – „Mend“ (Chemikal Underground/Musikvertrieb)

Johnny Cash – „American V: A 100 Highways“ (Universal)

Pink Floyd – „P.U.L.S.E.“ (DVD; EMI)

One Second Bridge – s/t (Namskeio)

Amy Millan – Honey from the Tombs (TBA/Arts & Crafts)