78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Alle 33 Artikel von Urs Arnold

2007 in Bildern

13985942-13985945-large.jpgSeine Jahrescharts hat der Rolling Stone bereits Mitte Dezember bekannt gegeben. Diese stimmten wenigstens bei Justice und Amy Winehouse mit dem wahren Messwert überein.

Nun gibt es das Rockjahr 2007 auch in Bildern. Zu sehen sind zwar die üblichen RS-Verdächtigen, aber auch von denen ein paar richtig coole Shots.

Ein Cowboy in der DDR

Biographien liest man vorzugsweise deshalb, weil man über bekannte Leute mehr erfahren will. Dean Reed hingegen kennt kein Schwein. Gerade deshalb sollte man sich an ein paar ruhigen Tagen Stefan Ernstings Buch „Der Rote Elvis“ geben.

deanreed.jpgDas Leben des Amerikaners hört sich an wie ein überladenes Drehbuch. Geboren in Colorado, versucht Reed sein Glück als Musiker zuerst in Los Angeles. Dort will niemand seine Songs hören, dafür verkauft er in Chile Platten wie warme Weggli. Es folgen einige Jahre Südamerika, in denen Reed sich politisch aktiv gibt. Als überzeugter Kommunist hat er in den Staaten schnell nichts mehr verloren. Doch auch Südamerika ist Ende 60er/Anfangs 70er-Jahre kein ruhiges Pflaster. Reed findet jedoch bald sein Traumland: Die DDR. Dort und in den östlichen Staaten wird der Cowboy zum Superstar. In der Sowjetunion spielt er in ausverkauften Stadien. Die Girls wollen ihm die Kleider vom Leib reissen. Dean Reed ist der Superstar des Kommunismus.

Doch in den Achtzigern wendet sich das Blatt gegen Reed. Mit der kulturellen Lockerung in den sozialistischen Staaten können sich die einheimischen Rockbands besser entfalten. Niemand braucht mehr einen abgehalfterten Amerikaner, der immerzu seine Liebe über den Weltfrieden singt. Reed verfängt sich zudem immer mehr in politischen Gegensätzen: Er pflegt einen regen Kontakt zur PLO, verteidigt die Berechtigung der Berliner-Mauer, will aber trotzdem zurück in die USA, um dort seine Karriere wieder aufzufrischen.

So weit kommt es indes nicht. Reed wird am 17. Juni 1986 tot aus einem See bei Berlin gefischt. Er beging Selbstmord. Doch trotz seiner zuvor gesteigerten geistigen Labilität und eines langen Abschiedsbriefes halten sich bis heute Mordverschwörungstheorien.

„Der Rote Elvis“ offenbart neben dem bewegten Leben von Dean Reed auch jede Menge westliche und östliche Musikgeschichte. Der Filmemacher Leopold Grün drehte überdies einen Dokumentarfilm (Trailer hier), und Tom Hanks hat sich die Rechte für einen Spielfilm gesichert. Dean Reed kommt so auch in der westlichen Welt noch zu Ehren.
Dean Reed – Beatles Medley

Musikfilme 2008

Das Jahr geht zwar noch zwei Wochen, doch schauen wir trotzdem mal, welche Musikfilme bald ins Kino kommen – und welche nicht.

Freuen darf sich schon mal jeder Dylan Fan. „I’m not there“ von Todd Haynes (er drehte bereits „Velvet Goldmine“) ist ein Biopic über die amerikanische Folk-Ikone. In den Staaten hochgelobt, verwundert er vor allem mit der Besetzung. Nicht weniger als sechs verschiedene Darsteller – darunter mit Cate Blanchett sogar eine Frau – verkörpern Dylan in seinen verschiedenen Schaffens- und Lebensphasen. Kinostart: Mitte Februar. Prädikat: Äusserst sehenswert.

walk-hard1.jpgZwei Wochen später gibt’s Nachschub in Form von „Walk Hard – The Dewey Cox Story“. Bei Dewey Cox handelt es sich um einen fiktiven Country-Star, der in seiner „Karriere“ rund zwei Dutzend Kinder in die Welt setzt, Elvis und die Beatles trifft und Hotelzimmer zerstört. Die ganze Chose versteht sich als Persiflage auf „Walk The Line“ und brachte Hauptdarsteller John C. Reilly eine Golden Globe-Nominierung ein. Für die Promotion des Filmes tourte er übrigens mit Band durch die Staaten. Prädikat: Alberner als „This is Spinal Tap“.

An dieser Stelle auch zu erwähnen ist „Talk to me“, der mit viel Soul die Persönlichkeit des schwarzen Radio-Moderators und Howard Stern Vorläufers Petey Greene einfängt. Startdatum noch unbekannt. Prädikat: Zu gut, um hier nicht zu laufen.

Wohl definitiv nicht in die Kinosäle gelangen werden sind Anton Corbijns famoser Regie-Erstling „Control“ (hier mehr darüber), sowie „Kurt Cobain – About a son“. Der Dokumentarfilm basiert auf insgesamt 25 Stunden Interviews, die Cobain kurz vor seinem Tod gab. Im Streifen selber wird bewusst kein einziges Nirvana Stück gespielt, dafür wurde der Soundtrack mit Influenzen und Begleitern von Cobain zusammengestellt (unter anderem Iggy Pop, The Melvins und Mark Lanegan). Das Bildmaterial porträtiert mehrheitlich Orte, die für ihn und die Band relevant waren. Prädikat: Muss man gesehen haben – irgendwie.

Und wer jetzt schon das Kribbeln hat und eine Band auf der Leinwand sehen will, der kann seine Musikrünstigkeit nächste Woche mit „Alvin & The Chipmunks“ stillen. Prädikat: Heavy Metal Streifenhörnchen!!!

Trailers:

I’m not there

Walk Hard – The Dewey Cox Story

Talk to me

Kurt Cobain – About a son

Let’s Zep!

Über was freut man sich eigentlich mehr: Darüber, dass man Led Zeppelin doch noch live gesehen hat, oder darüber, dass man sie im Gegensatz zu 19 980 000 unglücklichen Seelen live gesehen hat?

Lange nichts gehört von …

newfugazipic3.jpg… Fugazi.

Zur Gedächnismassage: Die neben Refused wohl klügste (Post-)Hardcore-Band aller Zeiten hat 2001 ihr letztes Album „The Argument“ veröffentlicht. Seither gab’s nichts mehr zu hören, ausser einer Platte von Sänger Ian MacKaye Nebenprojekt The Evens. Trotzdem wurde eine Auflösung mehrmals dementiert, ein Erwachen aus dem Winterschlaf ist jedoch ebenfalls nicht absehbar.

Trösten darf man sich da mit einem kompletten Live-Mitschnitt zweier Konzerte in Denver am 5. und 6. April 2001. Den kann man auf der Webseite der Independent-Legenden („they will NEVER sign to a major label“) gratis runterladen. Voraussetzung ist lediglich eine Registrierung.

Kylies Wardrobe zum Greifen nahe

minogue1.jpgWer über Weihnacht/Neujahr mal wieder unser Ländle verlassen möchte, wird wohl kaum Schottland als erste Wahl auf dem Wunschzettel stehen haben. Sollte trotzdem jemand bis am 13. Januar 2008 nach Glasgow reisen (gratis Unterkunft gibt’s hier), dem sei nebst der Regenschirmpflicht geraten, schnurstracks zur Kelvingrove Art Gallery zu gehen. Dort läuft noch etwa einen Monat „Kylie – The Exhibition“. Die ist nicht nur gratis, sondern auch ein Eyecandy sondergleichen.

Ausgestellt sind Kostüme, Fotografien, Plattenhüllen und weitere Accessoires aus 20 Jahren Showbiz. Darunter befinden sich auch einige „Kellerleichen“, wie etwa das Cover für eine australische Autozeitung (und nein, es ist wirklich das pure Gegenteil von freizügig). Auch zu sehen: Kylies goldene Hotpants, die hier ihren glorreichen Einsatz fanden. Gekauft für 70 Cents, sind sie für die Ausstellung auf eineinhalb Millionen Dollar versichert worden. Abgerundet wird das Ganze mit vielen Videos und einem zu ignorierenden Giftshop.

Schlussendlich (weil auch gratis) eine lohnender Einblick bei einem Superstar, der nach den ersten Welterfolg als Mädchen von nebenan sich nicht von den „düsteren“ 90ern knicken liess, und mit dem wohl eingängisten „La la la“ Song aller Zeiten zurück in die Charts kam.

Wer übrigens in Schottland sein Silvester verbringt, der sollte das in Aberdeen tun. Dort spielen Travis – auch gratis. Die Zeiten des Geizes scheinen im britannischen Norden endgültig vorbei zu sein.

Einen Tag ohne Musik leben?

bill-drummond.jpgDer Schotte Bill Drummond kennt man als ehemaliges KLF-Mitglied, der einst genüsslich eine Million Pfund verbrannte. 2005 hatte Drummond einen weiteren ungewöhnlichen Einfall: Er führte den „No Music Day“ ein. Ziel: Man soll sich jeweils am 21. November einen Tag lang Gedanken über Musik machen – indem man keine hört. Dafür konnte Drummond zur dritten Ausgabe sogar BBC Scotland gewinnen. Weder Musik noch Jingles werden gesendet. Im übrigen lauscht Drummond seit fünf Jahren rein nach Buchstaben. Jedes Jahr wählt er einen, und hört nur noch Interpreten oder Gruppen, die mit diesem anfangen. Hoffen wir mal, er hat nicht X zu seiner Superheavy-Rotation gemacht…

Jeder mit jedem

Letzte Woche endlich einmal den enttäuschenden Streifen „Marie Antoinette“ gesehen. Der ist von Sofia Coppola. Die ist mit Thomas Mars zusammen. Der ist Sänger von Phoenix. Phoenix haben ihre Kumpels von Indie-Air schon als Tourband begleitet. Air schrieb den Soundtrack zu „The Virgin Suicides“. Dort spielt Robert Schwartzman mit. Der ist Sänger von Rooney (er heisst dort Robert Carmine). Und Bruder von Jason Schwartzman. Dieser ist der frühere Schlagzeuger von „California“-Dudeler Phantom Planet und verkörperte in „Marie Antoinette“ Louis XVI. In dem Film also, der ja eben von Sofia Coppola, seiner Cousine, gedreht wurde. Und die war früher mit Spike Jonze verheiratet. Der dieses wunderbare Video dieser einst wunderbaren Band gedreht hat.

Herrlich diese Verstrickungen, nicht? Weiss jemand weiter?

Ausgeblutet

bloodbrothers.jpgDie Welt ist um eine beträchtliche Dosis Wahnsinn ärmer. „After 10 years of making music as The Blood Brothers, we have made the collective decision that our time together has come to an end“, erklärt die Band auf ihrer Webseite.

Fünf Alben voller Adrenalinausstösse und kruder Genialität vermachen sie uns, doch so richtig was auf die Rübe gab es jeweils an ihren At-The-Drive-In-zu-Klosterschülern-degradierenden Live-Auftritten. Dagegen sieht man sie hier geradezu auf Valium.

Live is Live!

import_photos_428.jpgJetzt hat’s auch R.E.M. erwischt: Die erste Live-Platte gibt es kiloweise in den Regalen stehen. „Live in Dublin“ nennt sich die Doppel-CD/DVD, die – siehe da – „Losing My Religion“ auch drauf hat. Nur den besten Song der Bandgeschichte, den gibt es nicht zu hören, aber hier zu sehen. Patty Smith hat den Flieger nach Irland verpasst. Vermutlich.