78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Alle 1727 Artikel von David Bauer

Rock Action – und zwar sowas von

envyHat euch schon einmal ein Japaner aus voller Kehle angeschrien? Ich kann’s nur wärmstens empfehlen. Insbesondere dann, wenn der Schreier Tetsu Fukagawa heisst und dies auf dem neuen Album von Envy tut, „Insomniac Doze“ (Rock Action/Musikvertrieb).
Obschon Envy auch musikalisch niederknienswertes bieten, ist Fukagawas Organ das prägende Element bei Envy. Es ist dieses eruptive Schreien, das den Kontrast von laut und leise, wie man ihn von Post-Rock Bands kennt, noch extremer macht (für die Schubladenfans sei an dieser Stelle angemerkt: Envy sind nicht direkt Post-Rock, eher Post-Hardcore wohl, oder fernöstlicher Screamo).

So gleitet etwa in „Scene“ (Übersetzung aus dem Booklet, die Songs sind alle in Japanisch) die Musik behutsam voran, Fukagawa murmelt und flüstert im Hintergrund beschwörend, und plötzlich holt er Luft und schreit, schreit, schreit. Wie ein sterbender Bison, der dazu noch sehr heiser ist. Was natürlich durchaus praktisch ist, denn wer so singschreit, der ist danach und beim nächsten Song ohnehin heiser.

Es verwundert wenig, dass Mogwai, selber Virtuosen des laut/leise-Wechselspiels mit starker Affinität zum Lauten, die Japaner bei ihrem Label Rock Action unter Vertrag haben. Dieser Sound geht durch die Decke wie ein geschliffenes Samurai-Schwert durch Butter. Er ist laut, unbändig wild, dann wieder zierlich und organisiert und – ja! – immer erstaunlich melodiös. Man mag sagen: Viel Veränderung zu den Vorgängeralben ist nicht zu hören. Richtig, aber ein Samuraikämpfer strebt auch nicht nach Abwechslung, sondern nach Perfektion.

Ab dem 25. August sollte diese Platte eigentlich in jedem wohlsortierten Plattenregal stehen. Aber nicht dass ihr mir jetzt in den ExLibris rennt und nach Envy fragt…

Nicht für die Ewigkeit

Lily AllenSie ist der grosse Shootingstar des Sommers – und denkt schon wieder ans Aufhören: Mensch, Lily!

Du hast mal gesagt, dass du in deiner Jugend immer alle Aufmerksamkeit wolltest. Nun hast du jede Menge davon. Zufrieden?
In England ist es ein Albtraum mit den Boulevardzeitungen. Ich kann nicht einmal mehr die Strasse entlanggehen, ohne dass die mich verfolgen. Ich hasse es, ein Promi zu sein.

Du möchtest die Aufmerksamkeit als Musikerin und nicht als Person?
Klar, ich mag die Aufmerksamkeit auf der Bühne. Aber gerade gestern hat mein Ex-Freund, von dem „Smile“ handelt, alte Geschichten für 70’000 Franken an die Boulevardpresse verkauft: Details über unsere Beziehung – das ist einfach nur grässlich.

Du hast der Presse in deinem Blog aber auch selber Stoff geliefert.
Damals kannte mich noch kein Schwein. Ich war mir damals überhaupt nicht bewusst, welche Reaktionen dies auslösen könnte. Jetzt bin ich vorsichtiger und schreibe nur noch langweilige Dinge in meinen Blog. Trotzdem rufen mich die Journalisten sofort an, wenn wieder ein Text online ist. Ich meine, es ist Krieg im Libanon und die haben nichts besseres zu tun, als mich anzurufen?

Seit du 15 bist, lebst du auf der Überholspur. Könnte das deiner Karriere irgendwann schaden?
Über mein Image mache ich mir keine Gedanken. Sonst müsste ich ja auch jeden Tag ins Fitnessstudio gehen.

Wie siehst du deine Zukunft?
Arbeit ist nicht alles im Leben. Würde ich noch zehn Jahre so weitermachen, ich wäre total ausgebrannt. Das ist nicht mein Ziel. Ich möchte Familie und Kinder haben. Was ich jetzt mache, ist nicht für die Ewigkeit.

Dann heisst’s schon bald „bye bye Lily“?
Ich mache vielleicht noch ein Album. Versteht mich nicht falsch: Ich liebe, was ich tue, aber es ist harte Arbeit und ich glaube nicht, dass ich das noch lange mitmachen will.

Und dann?
Dann werden sich die Boulevardblätter dabei zu Tode langweilen, wenn sie mich verfolgen, wie ich meine Kinder zur Schule bringe (lacht).

(Interview: David Bauer & Mathias Menzl)

Dr. Sommer in den Wechseljahren

tokio hotelAm 26. August wird BRAVO 50 Jahre alt. Anlässlich dieses Jubiläums gibt es hier die schöne Gelegenheit, sämtliche Titelbilder der ehemaligen „Zeitschrift für Film und Fernsehen“ von 1956 bis 2006 anzusehen. Ein aufschlussreicher Tour d’Horizon durch ein halbes Jahrhundert Populärkultur, von Marilyn Monroe zu Tokio Hotel (Bild), von Marlene Dietrich zu Xtina – und gefundenes Fressen für die „Früher-war-alles-besser“ Front.

Die Rückkehr der Gärtnerin

kim wildeKim Wilde. Ein interessanter Fall. Inzwischen ist sie 45 Jahre alt und die letzten grossen Erfolge liegen eine Weile zurück (sieht man mal vom Duett mit Nena vor drei Jahren ab). Da waren mal Hits wie „Kids In America“ oder „You Keep Me Hangin‘ On“ und Toursupports für Michael Jackson und David Bowie. In letzter Zeit hatte sie sich als Gärtnerin für das britische Fernsehen verdingt. Und! Jetzt! Ist! Sie! Zurück! Mit „You Came“. Eben: ein interessanter Fall.

Auf Zidane folgt Miami Vice

miamiColin Farrell und Jamie Foxx machen Jagd auf zwielichtige Gestalten in Miamis düsteren Ecken und sehen dabei supercool aus: Miami Vice ist zurück. Das würde uns hier nicht sonderlich interessieren, wenn da nicht der Soundtrack wäre. Denn hier begegnen uns fünf sympathische Schotten, die unlängst 90 Minuten Zinedine Zidane vertont haben: Mogwai.

Auf dem Miami Vice Soundtrack sind sie mit zwei Songs ihres jüngsten Albums vertreten, „We’re No Here“ und „Auto Rock“. Dieser kleine Durchbruch in Hollywood freut nicht nur uns, sondern auch die Band. Auch wenn sie damit zusammen mit Moby auf einer Cd erscheinen müssen. Mogwai nehmen’s gelassen, in einer Erklärung schreiben sie: „Moby alleine kann diesen Soundtrack genausowenig in einen Haufen Scheisse verwandeln, wie Colin Farrell den ganzen Film schlecht machen kann.“ Direkt waren sie schon immer, die Mogwaianer, und eigentlich sollten sie froh sein, dass nicht noch Blur auf dem Soundtrack vertreten sind (darum).

Ausserdem: Wenn sie sich die Soundtracks der Serie angehört hätten, dann wüssten sie, dass dort schon musikalische Welten aufeinander prallten: The Who, Depeche Mode und Yello haben genauso Musik zu Miami Vice beigesteuert wie Bryan Adams und Phil Collins.

Robbie macht’s unmöglich…

Gleich nochmals was zu Robbie Williams: Der hat sich ja unlängst als Totengräber der Pressefreiheit inszeniert (indem er Agenturfotografen von seinen Konzerten verbannte, siehe hier) und dafür heftige Kritik kassiert. Da kommt mir in den Sinn: Auch Robbie hat sich mal dezidiert für die Freiheit ausgesprochen (wenn auch nicht für die Presse, sondern so ganz generell, you know), vor zehn Jahren um genau zu sein, in seiner allerersten Solo-Single: Freedom!

Robbie macht’s möglich…

orsonWeitgehend unbemerkt hat hierzulande Mitte Juli eine Band namens Orson ihr Debutalbum („Bright Idea“, Universal) veröffentlicht. Spätestens Ende August, und das ist keine kühne Prognose, wird das Album aber vorne in den Schweizer Charts auftauchen. Am 23. und 24. August spielen Orson als Supportband von Robbie Williams im Stade de Suisse in Bern. Und die Radiosongs im Stile von The Wallflowers, 3 Doors Down und Lifehouse werden gut ankommen. England ist jetzt schon verrückt nach ihnen.

Was Yachtbesitzer in St. Tropez hören

zofkaMan lernt nie aus. Heute gelernt: Es gibt einen Musikstil namens NuChanson. Sehr interessante Klänge sind das, von Zofka, und erst noch aus der Schweiz. Chanson wird mit Elektro gepaart und gebiert sehr niedliche Kinder. NuChanson ist offenkundig ziemlich genau das Gegenteil von NuMetal, aber gar nicht so fern von Gotan Project, das war ja Elektro-Tango, bzw. NuTango. Affaire á suivre.

Armer Bono

razorlight1.jpgDie britische Presse kann sich wieder einmal kaum halten. Grund für die Jubelhymnen ist diesmal das neue Album von Razorlight. „Die neuen U2 – und sehen besser aus als Bono“ heisst es, oder: „Schlicht das beste britische Rockalbum seit Definitely Maybe„. Man mag diese Referenzen etwas seltsam finden (so sind sie, die Brüder Rooneys). Fakt ist: Wir haben die Platte schon gehört (Veröffentlichung in der Schweiz ist am 18. August) und wissen, dass das was ganz Grosses wird.

Bundesgericht pro MP3

Die Verfügungen 2A.336/2006 und 2A.53/2006 des Bundesgerichts vom 20.7.06 (heute publiziert) dürften Ohrstöpselträger freuen: Auf MP3-Player müssen vorerst keine Urheberrechtsabgaben bezahlt werden. Das Bundesgericht hat die entsprechenden Forderungen allerdings nicht abgewiesen, sondern bloss aufgeschoben. Denn im Moment scheint die Rechtslage zu unklar, um MP3-Player mit einer Abgabe zu belegen. Will heissen: iPod und Co. werden vorerst nicht teurer (es geht um 10-30 Franken), vom Tisch ist die Sache deswegen noch lange nicht.