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Existenzielle Zwischenklänge: Povarovo

Von    |   17. Januar 2012   |   1 Kommentar

Povarovo lässt die Melancholie russischer Volksmusik mit neoklassischen und düsteren Jazz-Elementen ein (be)sinnliches Klangballett tanzen. Elegant wie zwischen Himmel und Hölle mäandernde Nordlichter.

Povarovo hat sich nach einer Ortschaft benannt, von wo aus seit Jahrzehnten ein geheimnisvoller Kurzwellensender mysteriöse Summtöne über den Äther schickt. Einerseits wird vermutet, dass das Radio die Bereitschaft einer militärischen Einrichtung anzeigt, andererseits könnte das monotone, in speziellem Frequenzbereich liegende Dauersignal der Erforschung elektromagnetischer Veränderungen in der Ionosphäre dienen.

Ähnlich verhält es sich mit den Klängen des anonymen Experimentaltrios. Frei durch die Atmosphäre schwebende Frequenzen formen sich wie akustische Nordlichter zu spontanen Klanggebilden. Kosmisches Rauschen verdichtet sich in Zeitlupe zur Anomalie. Zu waberndem Bassgewummer, das sich mit traurigen Klassik- und wärmenden Jazzmelodien zu atemberaubenden Sujets mischt.

Zufällige Strukturen hallen harmonisch durch dunklen, leeren Raum. Nebeln über die endlosen Weiten trostloser Länder und Städte, aufgeladen mit geisterhaft flackernden Stimmen einer melancholischen Weltseele. Sickern tief in die Psyche, bevor sie beim nächsten Sonnensturm wieder auseinandertreiben und sich im Nichts verlieren.

Auf „Tchernovik“ unterbricht Povarovo für 15 Stücke und 71 Minuten den ewigen Summton menschlicher Geschäftigkeit und verstärkt die feinen, ebenso faszinierenden wie unheimlichen, ebenso göttlichen wie dämonischen Zwischentöne. In der Heimat Russland ist das Debüt schon seit Jahren draussen, in Westeuropa macht’s ab 17.2. Denovali möglich.

Povarovo – Ronald
[audio:http://povarovo.info/demo/-1_ronald.mp3]

Povarovo – J.S. Bach
[audio:http://povarovo.info/demo/07_j.s.bach.mp3]

Povarovo – After Brake
[audio:http://povarovo.info/demo/03_after_brake.mp3]

Eine Live-Kostprobe (nicht auf Album):

Eine Reaktion

  1. #1 flo g

    14:14 Uhr, 19.1.2012, Link

    merci für den tip. gerade die art von musik steht und fällt halt mit dem sound der instrumente. streckenweise formidabel, bis sich dann der reine oboensound in den vordergrund drängt oder das piano zu sehr nach herkömmlichem elektropiano tönt. „ronald“ gefällt jedoch ausgezeichnet.

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