Julia Holter: Von alten Griechen und Ekstase
Von Nina Wyss | 12. Dezember 2011 | 0 Kommentare
Wenige Monate nach dem Release ihres Debüts kündigt Julia Holter ein neues Album an. Ein erster musikalischer Vorbote deutet auf ein – wenn auch nicht konventionelles – so doch zugänglicheres Werk hin.
Vor wenigen Monaten hat Julia Holter ein Debüt abgeliefert, das es in so manche Jahres-Bestenliste (in die von Nicolas Jaar zum Beispiel) geschafft hat. „Tragedy“ basiert lose auf einem Stück des griechischen Dramatikers Euripides, zeigt sich durch die inhaltliche Schwere des alten Schunkens aber keineswegs belastet.
Das Album kommt über lange Strecken ohne Beats und Vocals aus, ist verträumt und lärmig zugleich. In schwelenden Drone-Passagen entstehen atmosphärische Ambient-Landschaften, deren einzig fassbaren Komponenten die eingestreuten Field-Recordings und Holters Stimme bleiben. Das Knistern einer Schallplatte, entfernt wahrnehmbares, menschliches Geschnatter oder das Signalhorn eines Ozeandampfers – das alles verortet die Songs im Hier und Jetzt, verleiht „Tragedy“ aber gleichsam eine geisterhafte Qualität, eine räumliche Tiefe und Distanz, in der die Songs vorbeiziehen.
Auf März kündigt die Musikerin aus Los Angeles „Ekstasis“ an. Eine erste Hörprobe des neuen Albums deutet eine Abkehr von der wabernden Flüchtigkeit des Vorgängers an. Zwar trägt „Marienbad“ unverkennbar die experimentelle Handschrift Holters, der Song ist gesamthaft deutlich zugänglicher und doch kein bisschen konventionell. Über fünf Minuten Laufzeit walzert „Marienbad“ durch die Takte, verstolpert sich in der Gangart, wirkt in der Stimmung mal andächtig, klassisch oder folkig, mal überschäumend und zum Schluss fast schon tanzbar. Mit traumwandlerischer Sicherheit führt Holters Stimme durch den Song, sorgt in x-facher Überlagerung dafür, dass er sich nicht im Nichts verliert.
Julia Holter – Marienbad (vom neuen Album „Ekstasis“)
Julia Holter – Goddess Eyes (vom Album „Tragedy“)
[audio:http://www.leavingrecords.net/04_Julia_Holter_Goddess_Eyes.mp3]> „Ekstasis“ erscheint am 8. März auf RVNG Intl.
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