Polo vs. Spotify
Von Mathias Menzl | 18. November 2011 | 11 Kommentare
Spotify ist da – und die ersten Kritiker ebenfalls.
Der Streaming-Dienst Spotify hat diese Woche sein Angebot auch in der Schweiz lanciert. Sowohl Konsumenten wie auch Musiker sind begeistert. Mit grossen Pauken und Trompeten hat „Blick“ den Dienst medial inszeniert und Stars wie Baschi, Bligg und Stress begeisterte Statements „entlockt“:
Baschi: „Ein neues digitales Musikzeitalter hat begonnen.“
Adrian Stern: „Mit einer Riesen Songauswahl und bester Soundqualität wird sich Spotify im Nu in die Herzen der Musikliebhaber streamen.“
Aber nicht alle Musiker freuen sich gleichermassen. Polo Hofer hat heute einen offenen Brief veröffentlicht, in dem er das fröhliche Streamen in Frage stellt und scharf kritisiert:
„Mit einer billigen, werbefinanzierten ‚all you can eat‘-Strategie lässt sich vielleicht kurzfristig Geld in die Kassen der Industrie und IT-Anbieter spülen, die Musik als künstlerisches Werk wird dabei jedoch massiv abgewertet. Gleichzeitig fliesst nahezu nichts von diesen Einnahmen an die Künstler.“
Polos Kritik ist Wasser auf die Mühlen anderer Independent-Vertreter. In den USA und England, wo Spotify schon länger aktiv ist, haben einige Vertriebe und Labels ihren Katalog bereits wieder zurückgezogen.
Die neuste Rückzugsaktion stammt von STHoldings, einem Indie-Vertrieb aus England. Sie berufen sich auf die eigenen Einnahmen durch Spotify – die 0.0045$ pro Stream ausmachen würden – und eine neue Studie, die besagt, dass es durch Streaming-Dienste sogar immer weniger Digital-Verkäufe gibt. Hier ist allerdings anzufügen, dass nicht alle Labels und Vertriebe die gleichen Deals mit Spotify haben. Ausserdem geben auch nicht alle Labels gleich viel Geld an die Künstler weiter. Die Rechnung ist also nicht so einfach.
Was bleibt: Auch wenn Streaming-Anbieter als die neuen Heilsbringer der Musikindustrie angesehen werden, nicht alle sind offenbar glücklich mit dem neuen Angebot. Die grossen der Branche, wie Universal, scheints zu freuen.
11 Reaktionen
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12:48 Uhr, 18.11.2011, Link
dass das in gewissen weltregionen funktioniert, kann ich mir durchaus vorstellen, aber in zentraleuropa haben dienste wie spotify kaum zukunft, oder in 10 jahren vieleicht.
das was hofer schreibt, resp. schreiben lässt kann ich durchaus unterstützen, ist aber auch gehäuchelt, aufklären tut der ja auch nicht, er repetiert in den medien einfach ständig die 3 gleichen sätze… aufklären würde bedeuten, dass hofer auch eventuell mal sagen müsste, was er denn verdient…
16:41 Uhr, 18.11.2011, Link
gogoyoko.com wird von der Musikindustrie nicht als Heilsbringer betrachtet, von den Indielabels und vor allem den Bands aber schon. Das sagt eigentlich schon genug über diese Musikplattform…
17:05 Uhr, 19.11.2011, Link
Kauft doch einfach wieder LPs aus Vinyl und hört sie euch bewusst an, ist echt ein Vergnügen. Alles andere ist „all you can eat – fastfood like“!
P.s. Euer Vote`ing ist für die Katz! Leider kann`s jeder manipulieren!
Einfach die Seite aktualisieren und immer wieder neu Voten!!!
Sorry, ich habe soeben die Meinung „Die Kritik an Spotify & Co. ist berechtigt, ich nutze das nicht!“ von 20% auf 38% angehoben!
11:10 Uhr, 20.11.2011, Link
Der Mani Pulator sagt’s und ich bin zu 100%, auch nach persönlicher Erfahrung, derselben Meinung: Kauft doch einfach wieder LPs aus Vinyl und hört sie euch bewusst an, ist echt ein Vergnügen
15:50 Uhr, 20.11.2011, Link
Kurze Frage: Tragt Ihr Eure LP’s immer mit Euch rum?
19:07 Uhr, 20.11.2011, Link
Sicher, genauso wie anscheinend der oben abgebildete A. Stern, nur nicht auf dem Kopf. Das macht mit der Zeit etwas gar flach.
21:55 Uhr, 20.11.2011, Link
Ich muss die Zahlen nachplappern: in England zahlt Spotify pro Stream £0,0041. Das sind £4.100, wenn ein Song eine Million mal abgespielt wird. Dieses Geld geht an das Label! Im Durchschnitt gibt ein Label 8% davon an die Künstler weiter, also etwa £330 für Streams von einer Million. Das sind gegenwärtig ungefähr CHF 470. Ziemlich ruppig, wenn man annehmen darf, dass Indie-Bands von Streams in Millionenhöhe nur träumen können. Hofer hat seine Schäfchen längst im Trockenen. Er muss also wohltätigkeitshalber für jüngere Musiker sprechen, die ihren Lebensunterhalt als Bürogummis oder Statisten verdienen müssen.
12:35 Uhr, 21.11.2011, Link
Ja! …und mit diesen CHF 470.- Stutz kann sich die Indie-Band z.B. den Übungsraum (Kellerloch) einen Monat finanzieren :-)
10:40 Uhr, 23.11.2011, Link
Interessant, und bisher wenig beleuchtet, ist an der Geschichte auch, wie Stark Blick Spotify pusht und die Künstler (Baschi, Seven, Adi Stern, Sophie Hunger) vor den Karren spannt. Nebenbei erwähnt Blick, dass man „zusammen mit Spotify den grössten digitalen Musikservice seiner Art“ präsentiere. Ich habe bei Ringier kurz nachgefragt, wie diese Zusammenarbeit aussieht. „Wir können und wollen zum jetzigen Zeitpunkt keine Details der Dealstruktur kommunizieren“, heisst es von der Pressestelle. Interessant zu wissen wäre es allemal.
12:36 Uhr, 13.7.2012, Link
Tja, Rinigier hat mit den Printmedien halt auch zukämpfen! Irgendwie muss da ja wieder Geld rein fliessen!
17:39 Uhr, 20.7.2012, Link
20’000 streams sind für eine Mineralwasserflasche nötig („der Bund“): zum Glück gibt’s CH Hahnenwasser!