1991 Wind of Change: „Ten“, „Nevermind“ und „Use Your Illusion“ werden 20 Jahre alt!
Von Mathias Menzl | 27. August 2011 | 18 Kommentare
1991 war ein grosses Jahr für die Rockmusik und für den Schreibenden. Im Juli 1991 war die Primarschule Geschichte, am 27. August erschien „Ten“ von Pearl Jam, einen Monat später „Nevermind“ von Nirvana und Mitte September 1991 „Use Your Illusion 1“ und „Use Your Illusion 2“ von den Guns N’ Roses. Ein kleiner, persönlicher Rückblick.
Der September 1991 ist in meiner Erinnerung ein grosser Monat, vielleicht einer der grössten meines Lebens. Ich war dreizehn Jahre alt, die Primarschule lag fünf Wochen hinter mir, vor mir die Oberstufe und die ersten Nächte auf freier Wildbahn. Ein Meilenstein der pubertären Entwicklung. Die Musik war ständige Begleiterin.
Was Anfang der 90er an der nördlichen Westküste der USA abging, erschloss sich mir leider erst ein Jahr später, 1992. Damals, 1991 war L.A. noch das Epizentrum meines Musikgeschmacks. Seattle noch weit weg. Da die monetären Mittel knapp waren, Guns N’ Roses damals aber einen gewaltigen kreativen Output hatten, musste die Anschaffung der beiden Platten, „Use Your Illusion 1“ und „Use Your Illusion 2“, gut organisiert werden. Mein damaliger Musikkumpel war für „Use Your Illusion 1“ zuständig, ich entschied mich für die Nummer zwei. Wieso ist leider in meiner Erinnerung nicht mehr rekonstruierbar. Wahrscheinlich stand aber der Soundtrack zu „Terminator 2“ Pate bei meiner Entscheidungsfindung. Guns N’ Roses lieferten den Lead-Track „You Could Be Mine“ bei, der auf MTV rauf und runter gespielt wurde. Kleine Randnotiz: Der grösste Rivale im Musikfernsehen dieser Tage war „Wind of Change“ von den Scorpions, die erfolgreichste Single des Jahres 1991 in punkto Verkaufszahlen. Die Scorpions waren aber verpönt.
Die Guns N’ Roses-Mania hielt allerdings nicht lange an, denn schon bald verdrängten Musikzeitschriften Comics, und die frohe Kunde von Grunge war omnipräsent. Nirvanas „Nevermind“ wurde zig mal „raubkopiert“, ebenso „Bleach“. Die IFPI hätte auf unserem Pausenhof eine Grossrazzia machen können. Paradoxerweise waren auch die Army of Lovers damals hoch im Kurs. Das wisst ihr aber nicht von mir.
Pearl Jams „Ten“ war kein Gassenhauer. In der Schweiz war die Platte höchst erfolglos, verglichen mit Deutschland. Eine Woche lange konnte sich „Ten“ in den Charts halten, auf Platz 64. In Deutschland stieg sie bis auf Platz 15 und war 46 Wochen lang präsent. Deshalb dauerte es noch bis 1992, und die Ankündigung einer inoffiziellen Klassenfahrt ans Pearl Jam-Konzert ins Winterthurer Albani, dass sich Pearl Jam auf meinem Musikradar markant zu erkennen gaben.
Es war ein trauriger Tag. Meine Eltern haben die Teilnahme kurzfristig verunmöglicht. Nachdem ich das WM-Finale 1986 zwischen Deutschland und Argentinien in Mexiko City, am TV bestaunend, frühzeitig verlassen musste, wegen angeordneter Bettruhe, war diese Absage im Februar 1992 die zweite grosse Wunde meiner Kindheit, die bis heute anhält. Und die ich natürlich meinen Eltern auch jederzeit vorwerfe. Nachhaltiger Schaden? Nein, im Gegenteil. Danach war ich Fan, umso mehr.
Heute sehe ich das natürlich alles etwas nüchterner. Pearl Jam-Platten sind aber immmer noch einige der wenigen Releases, die ich herbei sehne. In der Rückschau, mit 20 Jahren Musikhörer-Erfahrung, erscheint „Ten“ denn auch höchst bescheiden. Es ist verglichen mit „Nevermind“ eine erschreckend normale Rockplatte mit extrem wenig Rebellion in sich, aber mit Hits. Eingebettet in die damalige Zeit, war es natürlich ein grosser Wurf. Aber „Nevermind“ bei weitem aufgeregter und polarisierender. Hätte man bei uns auf dem Pausenhof eine Umfrage gemacht à la „Beatles oder Rolling Stones“, Nirvana hätten haushoch gewonnen. Die Ästhetik, die Rebellion und das Neue waren bei Nirvana in jeder Note hörbar. Pearl Jam waren in erster Linie Eddie Vedder und ein kleines bisschen Rebellion. Anderssein war bei Pearl Jam wichtiger, etwas verquer. Aber das passte wunderbar in dieses Alter.
Deshalb erstaunt es auch nicht, dass Pearl Jam zu Beginn ihrer Karriere weitaus mehr Erfolg hatten in den USA als in Europa. Bei Nirvana war da kein Unterschied, die waren gleichenteils wahnsinnig gross. Pearl Jams „Ten“ ist musikalisch wohl auch eher als Versuch zu verstehen, ein grosses (amerikanisches) Rockalbum zu machen, in der Tradition von Country, Glam-Rock und Prog-Rock. Pate standen Tom Petty, Pink Floyd und Black Sabbath. Ein wenig wohl auch Punk-Bands wie die Butthole Surfers (deren T-Shirt Eddie Vedder damals auf jedem Presse-Foto an hatte) oder Black Flag. Nirvana hingegen, das war Celtic Frost, Mudhoney und Sonic Youth. Einfach cooler halt. Danach kam lange nichts mehr. Nächster Halt: Rage Against The Machine.
Wie habt ihr diese Zeit erlebt? Pearl Jam oder Nirvana? Guns N’Roses oder Scorpions?
18 Reaktionen
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16:34 Uhr, 27.8.2011, Link
Auch ich habe grossartige Musikerinnerungen an 1991 – u.a. mit Guns’N’Roses. Vor ein paar Wochen habe ich einen Blog darüber geschrieben:
http://stoeff.tumblr.com/post/5065649549/1991-das-jahr-als-ich-zum-pop-fanatiker-wurde
16:54 Uhr, 27.8.2011, Link
Winter 1991 war bei mir die Zeit von „Achtung Baby“… ja ja ich weiss, aber nu. Und meine erste und einzige Love Parade auf dem Kurfürstendamm.
18:44 Uhr, 27.8.2011, Link
Vermutlich hattest du am Tag nach dem Pearl Jam-Konzert in der Schule eine Prüfung – und das schien uns wichtiger. Auch die Fussballübertragungen aus Mexiko waren eben auch nachts, wenn junge Menschen zu schlafen haben. Wir sind aber froh, dass kein bleibender Schaden entstanden ist!
19:31 Uhr, 27.8.2011, Link
Ich war 9 und hab alles verpasst. Snap.
23:25 Uhr, 27.8.2011, Link
Ich hab 1991 von Dead/DoomMetal-Underground (MyDyingBride, Anathema u.s.w) zu Grunge gewechselt und sowohl Nirvana als auch PearlJam geliebt!
Nächster Halt war dann: Monster Magnet.
08:46 Uhr, 28.8.2011, Link
Mir sind die Alben präsent genug, dass ich zumindest deren Titel korrekt schreiben könnte… ;-)
09:32 Uhr, 28.8.2011, Link
;), danke.
11:08 Uhr, 28.8.2011, Link
Ich war damals 1 Jahr alt.
Dafür habe ich Arcade Fire am ersten Erscheinungstag in England gekauft, und die Platte bei meiner Rückkehr in die Schweiz im Auto gehört und somit zum ersten Mal das Gefühl gehabt- nach einem einzigen Durchlauf- gerade ein Meisterwerk in der Musikgeschichte durchgehört zu haben. Jeder Generation seine Meilensteine…
14:34 Uhr, 28.8.2011, Link
Ich war drei Jahre alt. Mein Bruder wurde in diesem Jahr geboren und wir haben zusammen einen frühreifen Teenage Fanclub für Teenage Fanclub gegründet. Im Rückblick hätte ich es jedenfalls gerne so…
15:29 Uhr, 29.8.2011, Link
1991 konnte ich rein gar nichts mit den oben genannten Bands anfangen – Grunge fand ich grässlich. Es gab‘ ja noch andere Trends neben Grunge, welche damals aufblühten. Ich war Feuer und Flamme für Acid Jazz und habe im Herbst ’91 den ersten Schweizer Galliano-Gig im – alten – Palais Extra besucht.
17:30 Uhr, 29.8.2011, Link
Ich war 16 und schon damals hielt ich Pearl Jam für eine überbewertete Hardrock Band.
17:52 Uhr, 29.8.2011, Link
Darf ich auf einen witzigen Artikel im Guardian hinweisen, der sich der Entmystifizierung der Grunge Musik widmet? Nirvana wäre spurlos an mir vorübergezogen, wäre nicht einer meiner WG-Genossen vollauf von Nevermind besessen gewesen. Für Wochen musste ich mir das Album durch die Zimmerwände anhören. Alle paar Jahre wird Rock and Roll neu aufgerollt, und 1991 war das die Aufgabe von Grunge. Meine Initiierung fand etwas früher statt, aber im Grunde wurden durch Punk und New Wave die selben Nerven gekitzelt.
http://www.guardian.co.uk/music/2011/aug/24/grunge-myths-nirvana-kurt-cobain?INTCMP=SRCH
20:13 Uhr, 29.8.2011, Link
1991 war für mich vor allem „waking up the neighbors“ von bryan adams sowie das schwarze album von metallica… pearl jam fand ich nicht soooo doll. nirvana schon irgendwie, „nevermind“ hab ich mir aber erst ein paar jahre später zugelegt… den terminator-song von guns’n’roses fand ich cool, aber axl war so ein poser, das ging gar nicht.
interessant dass 1991 auch tolle alben veröffentlicht wurde, die ich erst ca. 10- 15 jahre später entdeckt habe. „laughing stock“ von talk talk etwa, oder „loveless“ von my bloody valentine.
21:10 Uhr, 29.8.2011, Link
smells like teen spirit! Das war die Entdeckung auf Couleur 3 8-) http://www.youtube.com/watch?v=hTWKbfoikeg&ob=av3e
14:02 Uhr, 31.8.2011, Link
Pearl Jam gehören zu meinen grossen, alten Helden, auf deren Veröffentlichungen ich mich auch heute noch freue. Und wo Nevermind mit dem Herauswachsen aus der Jugend vieles von seiner Faszination verloren hat, landen Ten und VS. auch heute noch ab und zu in meinem Plattenspieler oder iPod.
10:37 Uhr, 2.9.2011, Link
und so kam es, dass wir anno dazumal (1990) „Wind of Change“ in der Schülerband spielten: Patrick bereits an der Gitarre, und ich damals an den Drums 8-) 1991/1992 spielte ich auch Drums zu Metallica Cover mit einem inzwischen leider verstorbenen Schulfreund. 1993 oder so fand ich, dass man mit keyboards nebst den Drums auch ein ganzes Symphonieorchester haben kann. 1994 gründeten wir dann mit Pady und Wolfgang (heute Da Sign and the Opposite) unsere erste Band, aus der später eben andere Bands wurden…
11:57 Uhr, 7.9.2011, Link
War damals voll in einer Beziehungskrise, sass bei einem Kumpel zuhause und er legte die gerade frisch veröffentlichte „Nevermind“ auf. Und sie griff mir vom ersten Moment an ins Herz hinein. Ansonsten stand ich nicht so auf Grunge, Pearl Jam waren mir zu seicht. Scorpions mochte ich seit „Blackout“ (meine Initiierung und noch heute mein Fave Album der Deutschen) und fand auch „Crazy world“ ganz cool.
13:05 Uhr, 7.9.2011, Link
für mich das jahr der p’s: pearl jam, primus, pixies… das waren meine helden.