Celebration legen die Karten auf den Tisch
Von Nina Wyss | 31. Januar 2011 | 0 Kommentare
Die Band aus Baltimore veröffentlicht mit „Hello Paradise“ auf eigene Faust die vinyl-gewordene Version ihres Electric Tarots.
Nach zwei auf dem Label 4AD veröffentlichten Alben beschliessen Celebration im Frühjahr 2009, auf die Plattenindustrie zu pfeifen und sich stattdessen einer alternativen Release-Strategie zu bedienen. Die Band ruft das Projekt Electric Tarot ins Leben (wir berichteten) und hat seither neun Songs, die jeweils einer Karte der grossen Arkana des Tarots entsprechen, zur freien Verfügung ins Netz gestellt.
Nun ist es an der Zeit, die Karten – auch in physischer Form – auf den Tisch zu legen. Mit Unterstützung von Friends Records pressen Celebration ihre Tarot-Songs auf Vinyl und kredenzen der Welt mit „Hello Paradise“ ein gelungenes Stück Musik, das sich im Vergleich mit den Vorgängeralben deutlich zurückgelehnter ausnimmt. Während die Band auf älteren Releases jede klangfreie Millisekunde mit einem zappligen Orgel-Akkord zu füllen wusste und dem Hörer hakenschlagend Songfragmente um die Ohren klatschte, beweist „Hello Paradise“ Mut zur Lücke.
Die Arrangements sind gewohnt durchtrieben, die Beschaffenheit der neuen Songs räumt einem beim Zuhören aber auch mal die Zeit ein, ein bluesiges Hintertreppchen zu nehmen oder einer mysteriösen Hookline aufzusitzen. Der neuen Zugänglichkeit zuträglich ist zudem die stimmliche Emanzipation Katrina Fords. Die Frontfrau weiss ihr Organ nach wie vor in schier unmenschliche Laute zu pressen, findet auf „Hello Paradise“ gesamthaft aber zu einem wohltemperierteren Ausdruck. Gerade in diesen ruhigen Momenten, wenn sich – wie auf „Open Your Heart“ oder „Shelter“ – die Songstrukturen lichten, lassen Celebration eine ganz neue, beeindruckende Seite von sich durchblicken.
Im Herzen ist „Hello Paradise“ freilich weiterhin von dunstiger Psychedelia berauscht, wie die Album-Highlights „Battles“, „Great Pyramid“ oder „Honeysuckle Blue“ beweisen. David Berganders präzis getimte Drum-Eruptionen, die Orgel-Kaskaden und kraftvoll gescheuerten Zeppelin-Riffs von Sean Antanaitis fressen sich als gemästete Acid Jams unaufhaltsam durch die Platte, immer vorwärts, aber nie geradeaus.
„Hello Paradise“ kann über Celebrations Bandcamp-Seite gestreamt oder zu einem frei wählbaren Preis runtergeladen werden. Das beste Blatt allerdings dürfte derjenige in der Hand halten, der die LP im Gatefold-Cover bestellt.
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