Platte der Woche: Buvette – Houses and the Voices
Von Mathias Menzl | 9. Dezember 2010 | 1 Kommentar
Nicht aus den Schweizer Musik-Hochburgen Zürich, Basel, Luzern oder Lausanne kommt die avantgardistischste Schweizer Platte des Jahres her, sondern aus den Waadtländer Alpen.
Buvette ist das Pseudonym des Westschweizers Cédric Streuli. Bei Buvette fiepst und piepst es in bester Lo-Fi- und Chillwave-Manier. Was man von Neon Indian, Panda Bear oder Toro Y Moi gewohnt ist zu hören, aber aus der Szene-Hochburg Brooklyn zu kennen glaubt, wird auch in Leysin fabriziert, 1’200 Meter über Meer, 3’700 Einwohner. Wobei das nicht ganz korrekt ist. Auch Panda Bear, Neon Indian und Toro Y Moi haben nicht, wie man vermeintlich annimmt, in der Szenehochburg Brooklyn begonnen neuartige Musik zu machen. Neon Indian und Toro Y Moi stammen aus Texas respektive North Carolina, Noah Lennox alias Panda Bear lebt bereits seit 2004 in Lissabon, wo er eine Familie gegründet hat und sich seither der experimentellen Klangeskunst widmet. In diesem Sinne bestätigt Buvette also die Regel: Die Avantgarde agiert und entsteht abseits von sogenannten Szenehochburgen.
Wie klingt sie nun, die Schweizer Alpen-Avantgarde. Cédric Streuli veröffentlicht auf seinem eigenen Label Rowboat den verschrobensten Pop-Entwurf, den es sich auszudenken gibt. Getragen wird der Sound von verzerrten und flächendeckenden Synthies, mantra-artige Loop-Harmonien, bekifften Beats aus dem Drum-Computer und einzelnen wärmenden Einflüssen wie Hammond-Orgel, Piano, Steel-Drums oder Bongos. Alles schön gesampelt und live natürlich solo vorgetragen, hinter aufgetürmtem Equipment und einer Lastwagenladung voll Effektgeräten. Und trotz dieser Vielfalt und der verqueren Ausrichtung, verliert der ehemalige Schlagzeuger der Indie-Combo The Mondrians nie die klassische Songstruktur und die catchy Melodie aus den Augen.
Neben den Young Gods, die seit den 80er Jahren die Schweiz auf der Landkarte experimenteller Musik rerpäsentieren, könnte mit Buvette bald ein zweiter Spot auf dieser Karte dazukommen. Natürlich ist der Romand im Vergleich zu Franz Treichler und Konsorten noch nirgends, aber „Houses and the Voices“ offenbart grosses Potential und internationale Strahlkraft. Das wussten auch schon Acts wie Devendra Banhart, Toro Y Moi oder Atlas Sound zu würdigen, in deren Vorprogramm der 24-jährige Cédric Streuli bereits auftreten konnte.
Mit seiner Debüt-Platte „Houses And The Voices“ hat der Romand die mit Abstand avantgardistischste Experimental-Platte des Jahres produziert, die alle Hipsters begeistern dürfte und an ZHdK-Parties wohl in voller Länge und auf Heavy Rotation aufgelegt wird. Es brechen schwere Zeiten für DJs an, denn Buvette ist erst der Anfang der Alpen-Chillwaver. In den Startlöchern hat das Label Row Boat noch weitere Acts, wie zum Beispiel Dam Mantle oder Überreel.
> 78s holt Buvette für euch nach Zürich: Der Waadtländer wird am 23. Februar 2011 im Rahmen der Bukowski-Reihe in der Bar 3000 in Zürich auftreten.
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