Platte der Woche: Avey Tare – Down There
Von Ralph Hofbauer | 29. Oktober 2010 | 1 Kommentar
„Down There“ macht seinem Namen alle Ehre. Das erste Solo-Album des Animal Collective-Songwriters Avey Tare ist eine abgründige Platte mit Sogwirkung.
Es brodelt, blubbert und gluckst. „Down There“ verschluckt den Hörer wie ein bodenloser Sumpf. Neun Songs mit nautischen Qualitäten, tief und liquid. Vom Strudel nach unten gezogen taucht man ab und wähnt sich irgendwann 10’000 Meilen unter dem Meer.
Allerdings sind einige Tauchgänge nötig, bis man diese Songs lieben lernt, selbst wenn man mit der seltsamen Klangwelt von Animal Collective vertraut ist. Erst beim x-ten Hördurchgang realisiert man, dass das Album gleich mit einem Highlight beginnt. „Laughing Hieroglyphic“ wird von einer seltsamen Gurgelstimme eröffnet, ein klebriger Beat setzt ein, schliesslich kommen dickflüssige Melodica-Klänge hinzu. Avey Tare singt wie ein zum Zombie auferstandener Soulsänger. Er klagt, ächzt und stöhnt, während er im Klangmorast versinkt.
Nach der folkigen Kooperation mit seiner Ex-Frau Kría Brekkan von 2005 geht David Portner, wie der Sänger und Songwriter von Animal Collective mit bürgerlichem Namen heisst, auf seinem ersten Solo-Album rein elektronisch zu Werke. Die flüssigen Sounds erinnern an „Merriweather Post Pavilion“, allerdings klingt das Album deutlich weniger sonnendurchflutet als die letzte Platte von Portners Hauptband. Es ist ein abgründiger Trip, nach einem Sommerhit im Stil von „My Girls“ sucht man vergeblich.
Stimmlich ist dieses Album eine reichlich schizophrene Angelegenheit. Portner verwandelt sich mit seinen Effektgeräten zum mit Helium abgefüllten Mickey Mouse oder mutiert zu einem guttural in den Bart murmelnden Alien. Doch natürlich sind da auch die verhallten Chörchen, die man von Animal Collective kennt. Auf der instrumentalen Ebene dominieren verquirlte Synthie-Sounds, die von Dubstep-artigen Bässen aus der Peripherie des Frequenzspektrums geerdet werden.
„Down There“ ist ein Album mit Sogwirkung. Wenn man einmal da unten ist, will man eigentlich gar nicht mehr auftauchen. Man ist ganz „Comfy In Nautica“, um es mit einem Songtitel von Portners Bandkollege Panda Bear zu sagen, der in bälde sein zweites Solo-Album veröffentlichen wird. Fans von Animal Collective haben in nächster Zeit also einiges um die Ohren.
Eine Reaktion
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00:46 Uhr, 30.10.2010, Link
Ich denke es wäre an der Zeit, dass der Autor einmal gründlich den Begriff Schizophrenie googelt. Was kein Vorwurf sein soll, aber ein Hinweis. Weil hier und im Bericht zu Sufjan Stevens das Wort „schizophren“ irgendwie nicht im richtigen Sinn verwendet wird.