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Platte der Woche: Mount Eerie – Wind’s Poem

Von    |   15. September 2009   |   1 Kommentar

„Wind’s Poem“ macht dem Spätsommer den Garaus. Nebel hält Einzug und die Nacht will kein Ende nehmen.

Mount Eerie - Wind's Dark Poem

Mit einem derart brachialen Auftakt hätte man nach dem folkigen letztjährigen Album von Mount Eerie nicht gerechnet. Nebelschwaden ziehen auf, lodernde Gitarren erklingen und der frisch verschneite Wald fängt Feuer.

Die erste Minute von „Wind’s Poem“ lässt einem glauben, man habe aus Versehen Sunn 0))) eingelegt. Ebensogut könnte es sich um eine dieser unaussprechlichen Satanisten-Gruppen aus dem hohen Norden handeln. Sobald jedoch die Stimme einsetzt, würde sich jeder Black-Metal-Fan bestimmt totlachen. Phil Elverums Gesang ist kein Gurgeln, kein Keifen und kein Schreien, sondern ein schüchternes Murmeln, das hilflos in den Stromgitarren ertrinkt. Es folgen stillere Passagen, doch auch hier wird die Stimme oftmals von den nebligen Sounds verschluckt. Obwohl man ihn kaum versteht, hört man Elverum gerne zu, wie er im Halbschlaf von versteckten Steinen, verschollenen Geheimnissen und verlorenen Weisheiten erzählt.

Die Diskografie des 31-jährigen aus Anacortes, Washington, ist bereits erstaunlich umfangreich. Elverum hat über ein Dutzend Platten aufgenommen, war als Produzent und Musiker an zahlreichen Alben der K-Records-Szene beteiligt und betreibt zudem sein eigenes Label P.W. Elverum & Sun. Sein Debüt gab er 1996 mit The Microphones, seit 2004 musiziert er hauptberuflich unter dem Namen Mount Eerie. Nach einer Handvoll ruhigen Alben, die mal auf elektronischen, mal auf akustischen Klängen basierten, hat Elverum mit „Wind’s Poem“ das bislang lauteste Mount Eerie-Album eingespielt. Laut und leise halten sich jedoch die Waage, die Grundatmosphäre bleibt durchwegs träumerisch. Elverum bettet seine Hörer in einigen Songs auf Kissen aus Lärm und hüllt sie in anderen in Decken des Schweigens.

Inhaltlich wiederholt sich Elverum. „Lost Wisdom Pt. II“ nimmt den Titelsong seines letztem Albums auf, und einmal mehr singt Elverum vom Mount Eerie, an dessen Fuss er aufgewachsen ist. Das Album fokussiert erneut das rekurrente Leitthema von Elverum’s Schaffen; die Natur. Seine Musik ist auf „Wind’s Poem“ mehr denn je eine Naturgewalt. Die 12 Songs sind organische Gebilde, die über ihre Wurzeln hinauswachsen. Die Gitarren-Drones mögen im Black-Metal oder im Shoegaze verwurzelt sein und die stillen Sounds im Ambient, trotzdem gibt es keine eindeutigen Bezugspunkte im musikalischen Koordinatensystem. Eher findet man Referenzen im Film: „Between Two Mysteries“ lässt den Hörer so wohlig frösteln wie das Thema von Twin Peaks.

„Wind’s Poem“ ist kein Album für kurzangebundene Musikhörer, denn es erfordert Geduld, in die Welt von Mount Eerie einzutauchen. Das zweite Stück „Through The Trees“ watet über elf Minuten lang durch die verschneite Dunkelheit. Dass das Gros der Kritiker bereit ist, Elverum auf seinem beschwerlichen Weg durch den nebligen Winterwald zu folgen, ist erstaunlich. „Wind’s Poem“ belegt bei Metacritic mit 85 Punkten den 8. Platz unter den 09er-Alben. Letztendlich ist dies jedoch keine Musik für die Massen. Es ist ein lautes Album für das stille Kämmerchen, das man wie ein Geheimnis hüten möchte.

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