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Platte der Woche: Wolf Parade – Expo 86

Von    |   16. Juni 2010   |   7 Kommentare

Das umtriebigste Songwriter-Duo Kanadas hat sich zum dritten Mal kurzgeschlossen. Die Funken zwischen Spencer Krug und Dan Boeckner springen auf „Expo 86“ heftiger als je zuvor.

Wir schreiben das Jahr 1986. Klein Spencer und klein Dan besuchen mit Mom und Dad die Expo in Vancouver. Sie fahren mit dem Skytrain, schauen sich die Pavillons aller Herren Länder an und bestaunen die Versuchsanordnungen der Science World. Während heute ein lächerlicher Sessellift eine veritable Attraktion hergibt, umgab Weltausstellungen damals wohl noch ein Hauch von Science Fiction.

Wie Dan Boeckner im Vorfeld der Veröffentlichung zu Protokoll gegeben hat, ist der Expo-Besuch eine Kindheitserinnerung, die alle Mitglieder von Wolf Parade teilen. Das Quartett aus Montreal hat sein drittes Album deshalb kurzerhand nach der kanadischen Weltausstellung benannt, allerdings ohne die Platte deswegen gleich zu einem Konzeptalbum hochzustilisieren.

Nach Nostalgie sucht man auf „Expo 86“ (VÖ 20.6. 2.7. Sub Pop) denn auch vergeblich. Statt zurück schauen Wolf Parade nach vorne. Die neuen Songs von Spencer Krug und Dan Boeckner sind von einem unbändigen Vorwärtsdrang getrieben. Nach dem vertrackten Prog-Rock-Experiment „At Mt. Zoomer“ gehen Wolf Parade zum Frontalangriff über. Obwohl die Stücke im Schnitt um fünf Minuten lang sind, klingen sie alle sehr fokussiert.

Wolf Parade fordern ihre Hörer zum Tanz auf, ohne handelsübliche Indie-Disco-Gassenhauer zu fabrizieren. Wer auf handzahme Balladen hofft, wird enttäuscht. Das Energielevel ist ähnlich hoch, wenn nicht gar höher, wie auf dem Debüt vor fünf Jahren. Krug und Boeckner hauen uns ihre Songs um die Ohren als hätten sie noch dutzende derselben Qualität auf Lager. Haben sie wahrscheinlich auch, denn „Expo 86“ war ursprünglich als Doppelalbum geplant.

Dan Boeckner hat das neue Album in einem Interview als „Maximalism“ beschrieben. Tatsächlich platzen diese elf Songs aus allen Nähten. Die Arrangements sind eng verwoben und die Hooklines dicht gesät. Die alternierenden Stimmen der beiden Songwriter, die Gitarre von Boeckner und Krugs Synthesizer laufen sich ständig gegenseitig den Rang ab. Aller Komplexität zum Trotz hat man auf Oberdubs weitgehend verzichtet.

Natürlich gibt es auch sie auf diesem Album wieder, die typischen Krug- und Boeckner-Songs: Das epische „In The Direction Of The Moon“ klingt nach Spencer Krugs Nebenprojekt Sunset Rubdown, während das druckvolle „Ghost Pressure“ an Dan Boeckners Duo Handsome Furs erinnert. Dennoch sind Wolf Parade auf „Expo 86“ nach dem etwas inkohärenten Vorgänger zu einer Einheit zusammengewachsen, die uns in Zukunft hoffentlich noch manches Album dieses Kalibers bescheren wird.

7 Reaktionen

  1. #1 jdw

    17:56 Uhr, 16.6.2010, Link

    nicht dass das jemanden interessieren würde, aber eigentlich erscheint die platte offiziell erst am 2.7. in der schweiz… hmm….

  2. #2 Ralph Hofbauer

    19:55 Uhr, 16.6.2010, Link

    habe das datum von cede.ch, die haben das jetzt allerdings auch auf den 29.6. verschoben. ich blick da nicht durch, mit diesen releasedaten. naja, egal wann die platte erscheint, man darf sich freuen.

  3. #3 jdw

    22:48 Uhr, 16.6.2010, Link

    ich blick da auch nicht wirklich durch ;-)

    aber grundsätzlich ist der offizielle releasetag in der schweiz und in deutschland der freitag, in den USA ist’s der dienstag. was zur folge hat dass alben hierzulande manchmal ein paar tage vor, dann wiederum ein paar tage nach dem US-release erscheinen…

  4. #4 zotto

    09:40 Uhr, 23.7.2010, Link

    ich kann die begeisterung beim besten willen nicht nachvollziehen. habe die cd nun ein paar mal durchgehört und versuche zu verstehen, wieso die band eine so grosse begeisterung ausstrahlt. kann mir das jemand erklären?

  5. #5 Ralph Hofbauer

    10:49 Uhr, 23.7.2010, Link

    „I got a sandcastle heart made out of fine black sand / Sometimes it turns into glass when shit gets hot / I wonder if all the beaches in all your holiday towns / will turn to giant shining earrings against the cheek of the sea / when finally this supernova goes down.“ Lyrics wie diese und die Songs dazu. Aber bei anderen Bands stelle ich mir diese Frage auch manchmal. Geschmackssache halt.

  6. #6 peeder

    17:25 Uhr, 14.9.2010, Link

    bin etwas enttäuscht. fesselt mich nicht mehr wie die letzte und schon gar nicht wie „apologies to the queen mary“. schade das.

  7. #7 XYZ

    14:16 Uhr, 17.9.2010, Link

    Also ich fand at Mount Zoomer eindeutig besser, vor allem language city und kissing the beehieve fand ich unglaublich, aber das neue Album hat mich leider auch nicht ganz so überzeugen können

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