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Platte der Woche: Dan Sartain Lives

Von    |   9. Juni 2010   |   0 Kommentare

Rock’n’Roll ist tot. Dan Sartain lebt.

Er riecht schon leicht modrig. Sein Geburtshelfer Chuck Berry verbringt den Lebensabend in zweitklassigen Südstaatenschuppen, Kitty Daisy & Lewis haben ihm eine überzuckerte Geburtstags-Retorte gebacken und die Rolling Stones übernehmen die Nachlassverwaltung. Kein Wunder hat sich Jay Reatard das Leben genommen. Der Rock’n’Roll hat ausgedient, so scheint es.

Dan Sartain beweist das Gegenteil. Nie hat Rock’n’Roll mehr Spass gemacht. Der Jungspund aus Alabama bietet alles, was die Schmalzlocke begehrt: Twang-Gitarren, Walking-Bass, Train-Beat-Drums. Schneidige Dreiminutensongs über Liebe, Tod und Teufel. Musik für die verrucht-verrauchten Bars, die es seit Einführung des Rauchverbots nicht mehr gibt.

Dabei dachte man schon, der Nachfolger von „Join Dan Sartain“ würde gar nie mehr eintreffen. Vier Jahre sind vergangen, doch alles ist beim Alten: Wie die beiden Vorgänger klingt auch „Dan Sartain Lives“ (One Little Indian) als wäre die Zeit 1956 stehen geblieben. Trotzdem wirken diese 13 Stücke niemals altbacken, denn der Amerikaner bemüht keine Klischees, er spielt lediglich augenzwinkernd mit ihnen. Statt Klassiker zu reproduzieren, schreibt er lieber selbst welche.

Mit der Lässigkeit des jungen Johnny Cash und dem Stilbewusstsein des seligen Lux Interior schüttelt Dan Sartain seine eingängigen Songs aus dem Ärmel: Rumpelnden Rockabilly („Walk Among The Cobras“), verspulte Garage-Psychedelia („Bad Things Will Happen“), energetischen Swamp-Rock („Voo-Doo“), gallopierenden Ghostrider-Country („Those Thoughts“), breitbeinige Sleaze-Nummern („Doin‘ Anything I Say“), herzerwärmende Lovesongs („Ruby Carol“) und gottverlassene Tearjerker („Prayin‘ For A Miracle“).

Vergesst Kitty Daisy & Lewis. So lange es Typen wie Dan Sartain gibt, braucht man sich um den Rock’n’Roll keine Sorgen zu machen.

> Albumstream „Dan Sartain Lives“

[youtube DOVw3jLswbU]

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