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Platte der Woche: Mulatu Astatke – Steps Ahead

Von    |   6. April 2010   |   2 Kommentare

Mulatu Astatke ist 67 Jahre alt, doch weit davon entfernt, in den Ruhestand zu treten. Mit seinem ersten Soloalbum seit 20 Jahren haucht der Äthiopier der scheintoten Kunstform Jazz neues Leben ein.

Mulatu Astatke lebt seit jeher zwischen den Welten. Nachdem er in London klassische Musik und in Boston Jazz studiert hatte, hat der Äthiopier in den frühen 70er-Jahren seinen eigenen Stil entwickelt, den er Ethio-Jazz nannte. Obwohl seine Fusion von Jazz, afroamerikanischer und äthiopischer Musik selbst den grossen Duke Ellington beeindruckte, blieb Astatke ein Nobody bis er 2004 von Jim Jarmusch entdeckt wurde. Durch den Soundtrack von „Broken Flowers“ kam Astatke schliesslich zu spätem Ruhm.

Seit der Wiederentdeckung seines Frühwerks, die mit der Ethiopiques-Reihe begonnen hat und mittlerweile verschiedenste Retrospektiven und Reissues mit sich brachte, erlebt der 67-jährige Multiinstrumentalist einen zweiten Frühling. Im letzten Jahr kollaborierte er für die Inspiration Information Series von Strut Records mit The Heliocentrics, worauf er mit dem zwölfköpfigen Ensemble aus London auf Tournee ging. Nun veröffentlicht Astatke auf demselben Label sein erstes Soloalbum seit 20 Jahren.

Dass „Steps Ahead“ rund um den Globus entstanden ist, ist die logische Konsequenz des grenzüberschreitenden Ansatzes von Astatke. In Boston war er mit dem Either/Orchestra im Studio, bei den Aufnahmen in London wurde er von The Heliocentrics sowie von britischen Jazzmusikern unterstützt und in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba kam er mit traditionellen Musikern seiner Heimat zusammen. Entsprechend vielschichtig klingt das Resultat: Boogaloo-Rhythmen und Afro-Grooves sind ebenso vertreten wie äthiopische Traditionals und kosmischer Jazz.

Aller Klangvielfalt zum Trotz wirkt „Steps Ahead“ wie aus einem Guss. Im Vergleich zur Funk-orientierten Kollaboration mit The Heliocentrics klingt Astatkes neues Album deutlich elegischer. Jenseits aller Genre-Begrifflichkeiten erblühen universelle Klangschönheiten, die an die nachdenkliche Seite von Astatkes Frühwerk erinnern. Im Mittelpunkt steht sein flüssig perlendes Vibraphonspiel, das von Bläsern, Klavier, Streichern, Kontrabass, Perkussion und indigenen Instrumenten begleitet wird. Statt sich als oberflächlicher Virtuose zu profilieren, strebt Astatke nach einer tiefgründigen Musik, die vom Kollektiv getragen wird. Er führt seine Mitmusiker an spirituelle Orte, die bereits von Sun Ra und John Coltrane aufgesucht wurden.

Natürlich kommt man nicht umhin, den Albumtitel als Referenz an Miles Davis zu lesen. Der bei seinen ersten Konzerten ausgebuhte Miles Davis war es auch, der Astatke an sich und seine Musik glauben liess, obwohl diese lange Zeit weder in Äthiopien noch im Ausland auf Anerkennung gestossen ist. „Steps Ahead“ lässt jedoch keinen Zweifel daran, dass man Mulatu Astatke zu den ganz Grossen des Jazz zählen muss.

> Albumstream

> Gratis-MP3 von Green Africa

[audio:http://thefader.cachefly.net/mulatu-astatke-green-africa.mp3]

2 Reaktionen

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  1. #1 kirill

    15:19 Uhr, 6.4.2010, Link

    dazu fällt einem doch nur der schlusssatz von tarantinos true romance ein „you are so cool, so cool.“ – gute platte.

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