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Platte der Woche: Jónsi – Go

Von    |   30. März 2010   |   5 Kommentare

Sigur Rós-Sänger Jónsi veröffentlicht am Freitag sein erstes Soloalbum. Es ist der Musik gewordene Frühling.

Dieser Jónsi. Er ist ein Teufelskerl. Von solch filigraner Gestalt und doch reisst er mit seiner Musik ganze Seelen entzwei. Die überbordende Schönheit seiner Songs ist bisweilen kaum auszuhalten.

Wer Sigur Rós kennt, hat diese Momente der Überreizung schon selber erlebt. Und doch lernt man den Sänger bei seinem Solodebüt nochmals von einer neuen Seite kennen. Nie hat man ihn so beschwingt und so fröhlich gehört. Nie stand es ihm besser. Wenn sich der perfekte Frühling in Melodien fassen liesse, er würde genau so klingen. Jónsi lässt die Schmetterlinge, die der Frühling im Bauch weckt, fliegen.

Das Timing also könnte nicht besser sein für beschwingte Uptempo-Nummern wie Animal Arithmetic, Around Us und die Vorabsingle Go Do. Etwas gemächlicher, aber nicht weniger Endorphin-anregend, präsentiert sich das heimliche Highlight des Albums, das klassisch inspirierte Kolnidur.

Jónsi schafft mit Go einen starken Kontrast zum ersten Projekt ohne seine Band. Hat er mit seinem Lebenspartner zusammen als Riceboy Sleeps die tieftraurige Seite von Sigur Rós bis ins Extrem ausgereizt, so treibt er nun die Spielfreude auf die Spitze. Mit einem Grossaufgebot an Perkussion hat Jónsi seinen unverkennbaren schwebenden Melodien Beine gemacht. Im Zusammenspiel mit Holzbläsern, Streichern, Querflöten, Piano und Jónsis Elfenstimme entsteht eine unglaublich dichter Klangkosmos, ein nur so vor Ideen sprühender Musikvulkan.

Mit all diesen Ideen hätte Jónsi drei Alben machen können. Machen müssen, meinte eine Freundin zu mir. Die grosse Kreativität gehe verloren, weil zu viel in jeden einzelnen Song gepackt sei. Das Ding ist: Jónsi hat seine Kreativität bereits auf drei Alben verteilt: Dasjenige von Riceboy Sleeps ist letzten Sommer erschienen, nun folgt das Soloalbum und das nächste Album seiner Stammband ist ebenfalls bereits am Entstehen. Ganz offensichtlich hat dieser Isländer so viele Ideen in sich, dass er ein Album damit überladen muss.

Ich kann darin nichts Negatives erkennen. Diese kreative Explosion versetzt einen beim Zuhören geradezu in einen Rausch. Sie überfordert, wenn man zu genau hinhört. Doch das sollte man gar nicht. Man soll sich einlullen lassen, hinweg tragen, und diese ganze Welt abertausender Klänge in vollen Zügen einatmen. So wie man den Frühling aufsaugt und dabei pures Glück verspürt.

Wem bei dieser Musik nicht das Herz aufgeht, sollte einen Arzt aufsuchen. Das Herz ist vermutlich noch im Winterschlaf.

Am 8. Juni spielt Jónsi im Zürcher Kaufleuten. Alle Daten der Tour und Vorschau auf die Live-Show.

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5 Reaktionen

  1. #1 albi

    11:23 Uhr, 30.3.2010, Link

    das unterschreib ich

  2. #2 Kirill

    12:11 Uhr, 30.3.2010, Link

    Gute Scheibe

  3. #3 Lily

    21:25 Uhr, 31.3.2010, Link

    I want to be a lilikoi…

  4. #4 bluebell.

    22:55 Uhr, 3.4.2010, Link

    herzbub.

  5. #5 Anja

    11:56 Uhr, 7.4.2010, Link

    Wunderbar geschrieben!

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