Johnny Cash verabschiedet sich
Von David Bauer | 26. Februar 2010 | 9 Kommentare
Mit seinem allerletzten Album, kurz vor seinem Tod aufgenommen, ruft er in Erinnerung, warum er einer der grössten Musiker aller Zeiten war.
Don’t look so sad / I know it’s over / But life goes on / And this whole world /
Will keep on turning / Let’s just be glad / We had some time / To spend together
Es fällt schwer, nicht wehmütig zu werden. Gar schmerzlich wird einem bewusst, welch grosser Musiker hier seinen letzten Abschiedsgruss schickt. Johnny Cash verabschiedet sich mit zehn Songs, die ergreifen, aufwühlen, zu Tränen rühren.
Ain’t no grave / Can hold my body down
Heute, gut sechseinhalb Jahre nach seinem Tod, genau an dem Tag, an dem er achtundsiebzig Jahre alt geworden wäre, erscheint Cashs letztes Album. Ain’t No Grave ist der sechste und letzte Teil der American Recordings, dem so beeindruckenden Spätwerk, das Cash zusammen mit Rick Rubin erschaffen hat. Wie auf den Alben davor interpretiert der „Man in Black“ vor allem fremde Songs. Einen Song nur, I Corinthians 15:55, hat er selber geschrieben. Doch bildet das Album eine Einheit, im Innersten zusammengehalten von Cashs Seele, die er allen Songs einhaucht. In jedem Song kommt jene musikalische Dreifaltigkeit zum Ausdruck, die Cash so unverzichtbar macht: eine Melodie, eine Stimme, eine Geschichte.
And I’ll be here / If you should find / You ever need me
Ein letztes Mal ist Cash da, wenn man ihn braucht. Tröstet ohne Mitleid. Legt einem die Hand auf die Schulter und sagt: Du hast recht, das Leben ist ein Monster, das dich auffrisst. Aber wenn du zäh genug bist, wenn du an dich glaubst und an das Gute im Leben, dann spuckt es dich immer wieder aus.
There’s no need / To watch the bridges / That we’re burning
Cash selber hat so manches Monster in seinem Leben besiegt. Im Angesicht des Todes klingt er düsterer denn je. Der Tod ist in allen Songs gegenwärtig – und doch sind sie noch voller Leben. Sie bezeugen das letzte Aufbäumen eines alten Mannes, geschwächt von seiner Krankheit, gezeichnet vom Leben.
Oh death / Where is thy sting / Oh grave / Where is thy victory / Oh life / You are a shining past
Ain’t No Grave ist nichts weniger als Cashs eigene Grabesrede. Kraftvoll und zugleich sensibel vorgetragen. Tieftraurig für jene, die zuhören. Cash selber zeigt sich gelassen wie einer, der mit sich und der Welt im Reinen ist. Einer, der mit einem Lächeln auf all die Jahre zurückblickt und bereit ist, den letzten Weg anzutreten.
There is a train / That’s heading straight / To heaven’s gate
Johnny Cash hat seinen Frieden gefunden. Ob im Himmel, das sei dahingestellt. Sein letzter Gruss aber ist ein himmlischer. Ein mehr als würdiger Abgang eines grossen Künstlers, eines grossen Menschen.
Aloha oe, until we meet again.
9 Reaktionen
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11:55 Uhr, 26.2.2010, Link
1 zu 1 dieser meinung.
15:58 Uhr, 26.2.2010, Link
Ganz gross! Der Artikel gefällt mir fast so gut wie Johnny’s „Grabesrede“.
20:00 Uhr, 26.2.2010, Link
schöner artikel
und das so etwas zu seinen ehren geschieben wird
einfach wow
22:22 Uhr, 23.3.2010, Link
Seid ihr eigentlich alle sicher, dass es „grief“ und nicht „grave“ heißt? Die Bibelstelle, die Cash zitiert, heißt nach der KJV-Übersetzung:
„O death, where is thy sting? O grave, where is thy victory?“ Und so wird das Lied auch an anderer Stelle zitiert …
22:37 Uhr, 23.3.2010, Link
@cz
Ich glaube, du hast recht. Obwohl ich im Song je nach Passage beides höre.
22:04 Uhr, 23.4.2010, Link
Übrigens bin ich kein typischer Hörer von Country u.ä., aber Johnny Cash ist schon beeindruckend, gerade auch in seinen späten Jahren.
Ich denke, man wird sich an ihn noch erinnern, wenn einige der umjubelten „Sternchen“ mit ihren seichten Songs längst vergessen sein werden.
17:09 Uhr, 26.8.2010, Link
Johnny Cash war und bleibt der Beste aller Zeiten!
Ich habe über 20 Alben von Ihm,
und jedes einzelne Lied ist ein Juwel.
Rest in Peace Johnny&June