78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Modern Life is rubbish … without Blur

Von    |   21. Februar 2010   |   2 Kommentare

Die Comeback-Doku „No distance left to run“ über die Reunion von Blur zeigt auf, warum wir die Colchester-Buben brauchen – und hat einem 78s-Redaktor eine Träne entlockt.

Am Anfang muss ein Geständnis stehen. Ich war immer mehr so der Oasis-Typ. Die Grossmäuligkeit und der Pathos lagen mir in den Neunzigern einfach mehr als die Hüpfigkeit und der Pop-Appeal von Blur. Mittlerweile habe ich – dank Altersmilde – mehr zu Blur gefunden, sie haben einfach die besseren Melodien.

Deshalb war ich durchaus erfreut, als ich vernahm, dass Damon Albarn, der charismatische Frontmann und Graham Coxon, der kongeniale Gitarrist, ihre wie auch immer gearteten Meinungsverschiedenheiten beigelegt hatten. Einer Reunion von Blur stand endlich nichts mehr im Weg. Und wie es sich im Sinne einer ordentlichen Marketingstrategie gehört, hat die Plattenfirma den Prozess auf Film gebannt.

Dankenswerterweise, denn „No distance left to run“ ist eine äusserst sehenswerte Band-Doku. In unaufgeregter Art zeichnet sie die Geschichte der Band von den Anfängen bis zu den letzten Konzerten 2009 nach. Und man stellt schnell fest – hier geht es um Blur, und um nichts anderes.

Zu Wort kommen ausschliesslich die vier Bandmitglieder Albarn, Coxon, Alex James und Dave Rowntree. Die einzige Musik, die zu hören ist, kommt von diesem Quartett. Die von den Medien hochstilisierte Konkurrenz zu Oasis wird nur am Rande gestreift. Coxons zum Teil brillante Soloarbeit wird ebenso ausgespart wie die Gorillaz oder The Good, The Bad, And The Queen, Albarns Nebenprojekte (und natürlich auch die von James und Rowntree).

Auf der anderen Seite wird viel gesprochen über Abhängigkeiten von Alkohol und anderen Drogen, mit einer Offenheit, die ein Bereuen suggeriert, aber unausgesprochen lässt. In diesen Szenen menschelt es so sehr, dass man es kaum aushält; vor allem, weil es so ungezwungen wirkt. Am Ende weiss man es nicht, aber man ahnt, woran Blur vorübergehend zerbrochen sind.

Und während man „No distance left to run“ sieht, die alten Livemitschnitte kontrastiert mit den 2009er Gigs, versteht man, warum es Bands wie Blur braucht: Sie bringen uns die Musik, die Leben beeinflusst, verändert, rettet, und gleichzeitig sind sie nicht mehr als nur eine Band. Als Albarn und Coxon gegen Ende dann erzählen, wie sie sich wieder vertragen hätten, irgendwo in England auf den Stufen vor einem Haus, da kann man schon eine Träne verdrücken.

Den Ruhm hätten sie nie gewollt, sagen sie, und man nimmt es ihnen ab – auch wenn das sicher einfacher zu sagen ist, wenn man ihn mal gehabt hat. Was die Zukunft für Blur bereit hält, weiss man auch nach Doku und Konzertmitschnitt aus dem Hyde Park (auf zwei DVDs verteilt erhältlich) nicht. Aber „No distance left to run“ gibt doch die Antwort: Es wird sich finden, alles zu seiner Zeit.

2 Reaktionen

  1. Merely Thinking» Blogarchiv » links for 2010-02-21
  1. #1 Ivo

    08:13 Uhr, 22.2.2010, Link

    sehr sehr toller film! das mit der träne kann ich bestätigen.

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