Ruby Throat und das gezähmte Riot Grrrl
Von Marco Durrer | 8. Januar 2010 | 0 Kommentare
Es lohnt sich immer wieder zwei Mal hinzuhören. Ginge einem was durch die Hörlappen, liesse man sich von der etwas gewöhnungsbedürftigen Stimme KatieJane Garsides abschrecken. Wer Ruby Throat’s erstes Album gar verpasst hat, kriegt nun die zweite Chance.
Für Courtney Love wurde Garside zum ersten echten Riot Grrrl als diese es in den frühen 90ern mit abgedrehtem GothicPunk und Daisy Chainsaw ziemlich bunt trieb. Punk genug, wurde damals ein Angebot von Madonnas Maverick-Label abgelehnt und stattdessen beim Indie One Little Indian unterzeichnet. Nach einer Hand voll EP’s und einem Album verliess Garside die Band allerdings, um sich vermehrt anderen künstlerischen Tätigkeiten zu widmen.
Erst zur Jahrtausendwende gründete die mittlerweile 40-jährige Exzentrikerin mit einem ehemaligen Chainsaw-Mitglied die nicht minder trashige Combo QueenAdreena (und wie’s da abgeht, kann man sich hier zu Gemüte führen). Darüber hinaus veröffentlichte sie 2005 als Lalleshwari auch ein Soloalbum. Und als sie 2007 in der U-Bahn Chris Whittingham Gitarre spielen hörte, riss sie ihn sich unter die Nägel und gründete kurzerhand das zwischen dunklem FreakFolk und leichtem DreamPop mäandrierende Duo Ruby Throat.
Ein sonderbares Zweiergespann, zwischen dem aber eine einzigartige künstlerische Spannung und Harmonie herrscht. Während Garside nicht mit Reizen geizt, sich im Nachthemd auf dem Stuhl räkelt und ihrem smooth slidenden Gitarristen verführerisch Poetisches ins Ohr haucht, versteckt sich jener hinter Hut und Haaren und gibt der säuselnden Stimme an Begleitung grad das, was sie in ihrer Launenhaftigkeit braucht. Und was sich zunächst wie der greuliche Katzenjammer vor dem Fenster anhört, entwickelt sich bei genauerem Hinhören zum hinreissenden Balzgesang einer Nachtigall, die ihre animalische (Lebens-) Lust zu zügeln versucht, um sie vollumfänglich ins laszive Spiel ihres Rubinkehlchens einzubringen.
Früher wär die Britin ob ihrer kaum zu bändigenden Leidenschaft als Hexe verbrannt worden, heute watet sie (mit Bezug auf ihr neustes Promofoto) als Elysian Fields „Lady In The Lake“ aus dem Sumpf eintöniger Frauenstimmen und singt, krächzt, wimmert und flüstert die (Männer-) Welt um den Verstand. Ganz so, als ob sie sich der Timbres aller herausragenden Sängerinnen bemächtigt und daraus die teuflische Essenz fraulicher Wisperkunst destilliert hätte. Und das in einer spielerischen Melodramatik wie man sie sich beispielsweise auch von einer Lou Rhodes öfter wünschen würde.
Das im November erschienene „Out of a Black Cloud Came a Bird“ schliesst – auch in seinem Abwechslungsreichtum – nahtlos ans Debüt „The Ventriloquist“ (2007) an und spinnt das unheimlich um Finger und Herz wickelnde Netz auf höchst betörendem Niveau weiter. Der Kollege von Obscure Sound ist so nett und präsentiert (wenn auch eher verhaltene) drei Songs der neuen Platte.
Billows Her Skirt
[audio:http://mineorecords.com/mp3/ruby-bil.mp3]
Barebaiting
[audio:http://mineorecords.com/mp3/ruby-bar.mp3]
Nothing (Townes Van Zandt-Cover)
[audio:http://mineorecords.com/mp3/ruby-not.mp3]
Und um zu sehen, wovon der Text spricht: Naked Ruby (The Ventriloquist)
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