Tocotronic machen es sich selbst
Von Andreas Oppliger | 17. Dezember 2009 | 3 Kommentare
Nach „Sag alles ab“ und „Fuck it all“ folgt nun die nächste tocotron’sche Maxime: „Macht es nicht selbst“. Nur, ist das nicht ein Widerspruch?
Irgendwie schon. Denn Tocotronic lehren uns seit Mitte der 90er Jahre, dass auch Musiker ohne grosse musikalische Fertigkeiten ganz grosse Songs schreiben können. Der Dilettantismus ist bei den vier Hamburgern seit dem ersten Takt Teil der Jugendbewegung – und zu einem massgeblichen Teil auch für den Reiz verantwortlich, der diese Band ausmacht.
In ihrem Video zur ersten Single-Auskopplung „Macht es nicht selbst“, das den Promotions-Zirkus für das kommende Werk „Schall & Wahn“ (VÖ 22. Januar) heute eröffnet hat, üben Tocotronic aber offensichtlich Kritik an der Baumarkt-Heimwerker-Mentalität. Darauf verweisen einerseits die beiden Baumarkt-Maskottchen, die sich im Videoclip gegenseitig auf den Deckel geben, als auch der Text („Was du auch machst, sei bitte schlau, meide die Marke Eigenbau“).
Konsequenterweise wurde der Videoclip denn auch nicht von Tocotronic selber gedreht (was sie aber auch noch nie gemacht haben), sondern von der deutschen Regisseurin Stephanie von Beauvais (u.a. Beatsteaks, 2Raumwohnung, Fink). Die hat auch schon die Clips zu „Mein Ruin“, „Gegen den Strich“, „Hi Freaks“ und „This Boy Is Tocotronic“ gedreht. Optisch unterscheidet „Macht es nicht selbst“ sich in der Machart daher kaum von diesen Videos.
Werden Tocotronic nun bünzlig? Wollen sie einfach provozieren („Wer zu viel selber macht, wird schliesslich dumm – ausgenommen Selbstbefriedigung“)? Richten sie ein Appell gegen Grosskapitalisten und für das Kleingewerbe und die Handwerkskunst? Wie auch immer: Macht euch selbst eine Meinung…
Einziges CH-Konzert der „Schall & Wahn“-Tour: Sonntag, 7. März 2010, 20.30 Uhr in der – genau – Roten Fabrik.