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The Flaming Lips übertreffen sich selbst

Von    |   13. Oktober 2009   |   12 Kommentare

Heute erblickt ein Meisterwerk das Licht der Welt: The Flaming Lips sprengen mit „Embryonic“ die Grenzen der Vorstellungskraft.

Eines vorneweg: The Flaming Lips waren nie meine Lieblingsband. Wayne Coyne ist ohne Frage ein cooler Hund, „Yoshimi Battles The Pink Robots“ einer meiner All-Time-Favourites und live ist mir die Band wie jedem, der jemals Zeuge des Bühnenspektakels des Quartetts wurde, als unvergessliches Erlebnis in Erinnerung geblieben. Dennoch waren mir die Lips immer eine Spur zu ironisch, als dass ich sie mit auf die einsame Insel genommen hätte. Ihre Platten bescherten mir einige grosse und bleibende, aber ebensoviele nervige und kitschige Momente.

The Flamin Lips - EmbryonicAnders verhält es sich mit ihrem neuen Album. „Embryonic“ bereitet eine Stunde und zehn Minuten Hörvergnügen. Hatten sich die Flaming Lips in der Vergangenheit oftmals darauf beschränkt, Klischees zu persiflieren, setzen sie mit ihrem zwölften Album als musikalische Innovatoren Massstäbe. Die Experimentierfreude, mit der die Truppe um den 48-jährigen Wayne Coyne zu Werke geht, ist beeindruckend. Während andere Legenden sich auf den Lorbeeren ausruhen, haben sich The Flaming Lips einmal mehr neu erfunden.

Nach dem enttäuschenden Vorgänger „At War With Mystics“ hat die Band im Haus des Drummers Steven Drozd ausgiebig gejammt. Das Ergebnis dieser Jam-Sessions ist ebenso umfassend wie umwerfend. Das mit 18 berauschenden Songs prallvoll gefüllte Album sprengt die Grenzen der Vorstellungskraft. „Embryonic“ ist ein wahnwitziger Space-Rock-Epos, angesichts dessen all die vermeintlich psychedelischen Newcomer einpacken können. The Flaming Lips entführen ihre Hörer auf eine Reise durchs All. Sie zeigen uns Sternschnuppen aus nächster Nähe, baden mit uns in extraterrestrischen Lagunen und stellen uns ihre ausserirdischen Freunde vor.

Grossartig sind allein schon die zwei Songs, die wir euch bereits vor zwei Wochen vorgestellt haben, der energetische Opener „Convinced Of The Hex“ und das Tiergeräusch-Gastspiel von Karen O auf „I Can Be A Frog“. Doch diese Platte bietet noch soviel mehr: Die liebliche Ballade „Evil“ (sic!) lässt einem von Zeitreisen und von Pink Floyd träumen und mit „Worm Mountain“ und „See The Leaves“ sind zwei schwer rockende Monster mit an Bord. Trotz dem spontanen Jam-Charakter des Albums bieten die Songs eine Fülle von subtilen Details: In „The Sparrow Looks Up At The Machine“ verirrt sich beispielsweise für Sekunden jenes Störgeräusch, das eingehende SMS an elektronischen Geräten verursachen. Gut möglich, dass es Coynes Handy war, das den Verstärker im Proberaum zum Summen brachte. Statt ein durchkomponiertes Werk abzuliefern, lassen The Flaming Lips diesmal den Zufall mitspielen.

Die alten Fans der Band seien vorgewarnt: Manche von ihnen werden die Eingängigkeit der alten Hits vermissen und sich über die schrägsten Passagen dieses Albums hinwegskippen müssen. Dennoch wage ich zu behaupten, dass dieses Album intensiver ist als alles, was die Lips je zuvor gemacht haben. Und innovativer als so ziemlich alles, was dieses Jahr an Psychedelia hervorgebracht hat, „Merriweather Post Pavilion“ mal ausgenommen.

> Albumstream

12 Reaktionen

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  1. #1 Reto

    15:57 Uhr, 13.10.2009, Link

    etwas verwirrt bin ich ja ob den berichten über das heutige erscheinen (gestern auch schon im tages-anzeiger): bei mir landete das album schon letzten mittwoch im briefkasten. vielleicht hat chop-records ja eine sonderbehandlung erhalten…
    jedenfalls habe ich schon beim erstmaligen durchhören gemerkt, dass das etwas ganz grosses sein muss. so richtig fassen können werde ich embryonic aber wohl erst nach mehrmaligem hören (falls das denn überhaupt möglich ist).

  2. #2 Ralph Hofbauer

    18:04 Uhr, 13.10.2009, Link

    der internationale releasetag ist angeblich heute und cede.ch hat sie auch auf den 13. datiert. seltsamerweise finden sich zu embryonic im netz aber noch kaum rezensionen. blicke da auch nicht ganz durch. naja, hauptsache du hast sie… tatsächlich schwer fassbar, diese platte, aber definitiv ein grower.

  3. #3 tom

    11:48 Uhr, 14.10.2009, Link

    offizieller schweiz release ist übrigens am 23.10.

    da soll noch einer durchblicken….

  4. #4 Andreas Oppliger

    15:51 Uhr, 14.10.2009, Link

    ja, auch warner gibt als offiziellen release den 23.10. an, das aber für deutschland. in der ch war meines wissens der release bereits am 9.10., bestätigt hat mir das aber niemand. viel promo betreibt warner music nicht für die flammenden lippen. sicher ist: der 13.10. kann nicht stimmen. in der schweiz erscheinen neue platten immer freitags. meines wissens ist das auch in deutschland so. uk ist glaube ich montags…
    anyway, der embryo überzeugt immer mehr. und seit ich das gute teil ebenfalls habe, ist es mir eigentlich egal wann die platte offiziell erscheint…

  5. #5 Mathias Menzl

    21:25 Uhr, 14.10.2009, Link

    definitiv ein grosser grower!

  6. #6 Nina Wyss

    22:49 Uhr, 14.10.2009, Link

    Hmm, setzt die Aussage „Die Platte ist ein Grower“ nicht voraus, dass man sich zumindest einige Wochen mit ihr auseinandergesetzt hat? Oder lässt sich ein „Grower“ etwa schon nach zwei-, dreimal hören ausmachen?

  7. #7 David

    01:16 Uhr, 15.10.2009, Link

    „grower“ heisst, eine platte ist beim ersten, zweiten, dritten mal hören nicht so gut wie erhofft und trotzdem oder gerade deswegen hofft man darauf, dass sich das vermeintliche meisterwerk einem spätestens bis zum zehnten mal wird offenbart haben…

  8. #8 Miss "kurz und bündig"

    08:13 Uhr, 15.10.2009, Link

    ein grower-album wächst von durchgang zu durchgang. vom ersten, zum zweiten, zum dritten u.s.w.. eine weitere charakteristik: von durchgang zu durchgang offenbaren sich neue schönheiten und im idealfall neue lieblingssongs…

  9. #9 Ralph Hofbauer

    11:37 Uhr, 15.10.2009, Link

    @david: die bezeichnung grower muss man oft als euphemismus lesen, das stimmt. „embryonic“ ist aber ein grower der positiven sorte. das album ist gut und wird immer besser.

    @frau wyss: ich würde die mindestgrenze, um von einem grower sprechen zu können, bei fünf hördurchgängen festlegen, weil sich erst dann allfällige abnützungserscheinungen zeigen. aber fragen sie doch mal dr. pop.

    übrigens gibt’s jetzt (wieder) einen albumstream (s.o.).

  10. #10 nico

    14:14 Uhr, 23.10.2009, Link

    gut: ja, definitv. ein grower (was ja vom namen embryonic impliziert wird): ja. aber vier grossartige songs machen nicht das intermedial propagierte überalbum, von welchem unisono zu vernehmen ist.

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