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Auf hoher See trotzen Ahab dem Untergang

Von    |   13. Oktober 2009   |   3 Kommentare

Mit „The Divinity of Oceans“ stechen die deutschen Doom-Metaller Ahab erneut in See. Und genauso schwer und tiefgründig wie das Meer, so präsentiert sich auch die neue Platte.

Ok, ich gebe es zu, ich habe von Doom Metal keinen blassen Schimmer. Trotzdem war ich als alte Seemannsbraut sofort Feuer und Flamme als mich ein düsterer Musik-Freund vor zwei Jahren mit der Ansage „Nautic Doom“ in seine eigene kleine Hölle einlud und mir dort die Ohren öffnete. Innerhalb weniger Minuten erlag ich „The Call of the Wretched Sea“ und heuerte kurzerhand auf der MS Ahab an, um mich auf hoher See an der Musik gewordenen Jagd auf Moby Dick zu beteiligen.

Ahab Divinity of OceansWie der Titel vermuten lässt bewegen sich Ahab mit ihrem neuen Album in bekanntem Fahrwasser und „The Divinity of Oceans“ erzählt die Geschichte des Walfangschiffs Essex, das im Jahre 1820 unter dem Kommando von Kapitän Pollard von einem Pottwal angegriffen und versenkt wurde. Dabei orientieren sich Ahab in ihren Songs an überlieferten Aufzeichnungen der Überlebenden dieser Geschehnisse, die ihrerseits auch schon Herman Melville zu „Moby Dick“ inspiriert haben sollen. 

Bei so viel sagenhafter Obsession verwundert nicht, dass sich die Band zur Musik gleich noch ein eigenes Doom-Genre erschaffen hat. Doch – „Nautic Doom“ hin, „Funeral Doom“ her – schlussendlich ist es vor allem die Musik, die für sich spricht und so kommt das aktuelle Album im Vergleich mit dem an sich schon erfolgreichen Vorgänger nochmals facettenreicher und tiefgründiger daher.  

Das Meer, das Ahab auf ihrer neuen Platte besegeln, ist so dickflüssig und klebrig wie Teer. Gischt, im Mondlicht ölig glänzend, säumt den Weg des Schiffes das sich, angetrieben von bleischweren Gitarrenriffs, durch tiefschwarze Wasser vorwärts peitscht. Stürmische Naturgewalt prägt den Umgang an Bord, die Besatzung gibt sich roh und böse. Doch plötzlich reisst der Himmel auf, die Wogen glätten sich und auf dem Grund des Meeres spiegeln sich die Sterne. Wuchtige Passagen lösen sich auf in melodiösen, verspielten Strudeln, der tief gurgelnde Growl von Frontmann Daniel Droste klärt sich. Kristallklar nun auch das Wasser, das sich funkelnd am Bug des Schiffes bricht und in filigranen Ornamenten aufsteigt, um im nächsten Augenblick wieder in sich zusammenzufallen. Für kurze Zeit weicht die bittere Erbarmungslosigkeit an Bord einer Schwermut. Einen Moment lang übernehmen Resignation und Melancholie das Steuer, im nächsten schon kündigt sich eine neue Sturmfront an. Das Schiff gibt volle Kraft voraus, erhaben und doch zum Scheitern verdammt.

Auf „The Divinity of Oceans“ treten die Kapitäne Ahab eine 70-minütige Reise an, die von Anfang an dem Untergang geweiht ist und schlussendlich doch als voller Erfolg verbucht werden kann. Man kann von Konzept-Alben halten was man will, aber in Sachen Doom Metal lass ich mir von keiner anderen Band etwas vormachen.

Ahab – Yet Another Raft of the Medusa (Pollard’s Weakness)

[audio:http://www.napalmrecords.com/files/ahab09.mp3]

3 Reaktionen

  1. #1 C. Destroyer

    17:15 Uhr, 13.10.2009, Link

    musikalisch ansprechend, aber der gesang ist fürchterlich. death metal grunts haben meines erachtens im doom nichts zu suchen. da lob ich mir doch die aktuelle supergroup: http://www.78s.ch/2009/10/06/satans-inn-des-doomers-feuchter-traum-wird-wahr/

  2. #2 Nina Wyss

    18:00 Uhr, 13.10.2009, Link

    Hehe, hab ich mir doch gedacht, dass Mr. Destroyer himself da noch was anzufügen hat. Trotzdem: Ob Grunts oder Growls, ins Herz muss es gehen…

  3. #3 Babomba

    09:15 Uhr, 14.10.2009, Link

    Ich finde das ist Ansichtssache, ich hätte nichts dagegen, würde endlich mal ein bisschen frischen Wind da rein bringen.

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