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Who cares about Grunge?

Von    |   22. September 2009   |   9 Kommentare

Zwei Grunge-Legenden wenden sich praktisch gleichzeitig mit neuen Platten an den kaufwilligen Konsumeten. Aber wieso sollen wir für ihre neuen Alben bezahlen, wenn wir ihre besten Werke bereits zu Hause im Regal stehen haben? Und wo bleibt eigentlich das Grunge-Revival?

Pearl Jam schwingen obenauf

Pearl Jam waren im Grunde schon abgeschrieben, auf dem sicheren Weg in Richtung „Rolling Stones“ aka alternde Rockstars, die ihre Platten an grosse Ladenketten exklusiv „verkaufen“ und ihre Konzertreisen von potenten Firmen labeln lassen. Natürlich ist dieses Bild zum Teil überzeichnet, aber aus den coolen Grungern von früher sind halt einfach normale Rocker geworden, die alle drei Jahre eine Platte herausbringen, die ähnlich klingt, wie jene drei Jahre zuvor, und man sich fragt, wieso soll ich die jetzt auch noch kaufen.

Bei der zweiten Band handelt es sich um Alice in Chains, die mit einem Quasi-Comeback aufwarten. Quasi darum, weil die Band sich offiziell nie aufgelöst hat und auch nach der Drogen-bedingten Auszeit und dem Tod von Sänger Layne Staley zwischen 1996 und 2002 unter Jerry Cantrell weiter musiziert hat. Nun kehren sie also mit der ersten Platte seit dem Album „Alice in Chains“ aus dem Jahr 1995 zurück. Ein Hintergrund der Vorfreud schürt, zumal die Band grosse Songs geschrieben hat.

Ich frage mich nun aber, wieso soll ich noch eine sechste Coca-Cola-Flasche kaufen, wenn ich bereits fünf volle zu Hause stehen habe, die immer noch gut schmecken. Mit anderen Worten: Bei beiden Bands handelt es sich um grosse Namen, die bloss mit minimaler Weiterentwicklung und wenig Veränderung viele Platten verkaufen wollen. Sie können dies, weil sie auch als Brand und ohne neuen Inhalt funktionieren. Ählich wie Coca Cola oder Perwoll. Was soll die beiden also noch relevant machen? Eigentlich nur gute Songs, würde da die einzig schlüssige Antwort lauten.

Alice in Chains haben aber leider die falsche Antwort parat. Sie haben versucht an ihrem letzten Album anzuknüpfen, und sie haben dies auch geschafft. Leider, weil sie mit „Black Gives Way To Blue“ genau dort weitermachen, wo sie mit „Alice in Chains“ aufgehört haben, mit einem mediokren Rock-Album, das eine gemischte Gefühlsregung hervorruft, eine Mischung aus Wehmut und Sehnsucht an und nach „Dirt“ und „Facelift“.

Pearl Jam hingegen haben einen anderen Weg gewählt, sie haben sich endlich mal nicht darauf konzentriert, Songs zu schreiben, von denen sie der Meinung sind, dass sie die Leute von ihnen gerne hören möchten, sondern sie haben das gemacht, worauf sie Lust hatten. Das waren zwei Dinge: Ein paar geile Rock-Songs („Got Some“, „Gonna See My Friend“ und „The Fixer“) und ein paar Stadiumon-Rocker mit Radio-Hit-Potential („Amongst The Waves“, „Unthought Known“, „Speed of Sound“). Ausserdem hatten sie mit Brandon Brendan O’Brien wieder jenen Produzenten an Board, der die besten Pearl Jam-Platten auf dem Gewissen hat: „Alive“ „Ten“, „Vs.“ und „Vitalogy“.

Desweiteren haben sie sich stilsicher an Target verkauft, um endlich mal etwas Kohle zu machen. Das ist ehrlicher, als es ihr misslungener Generation-X-Stellverterer-Krieg gegen Ticketmaster war, als die Generation X schon lange niemanden mehr interessiert hat. Stilsicher ist dieser Entscheid aber vor allem auch darum, weil es auch andere, unglückllichere Methoden gibt, endlich mal etwas Geld zu verdienen, wie das tragische Beispiel um ein anderes Grunge-Rolemodell, namens Chris Cornell, gezeigt hat.

Pearl Jam haben also die weitaus besseren Antworten parat als Alice in Chains, wenn es um die Frage geht, warum man noch ein (weiteres) Album von alten Grunge-Rockern kaufen soll.

> Pearl Jam: „Backspacer“-Albumstream


YouTube Direktlink

> Alice in Chains live: 3. Dezember, Fri-Son Fribourg

Alice In Chains „Black Gives Way to Blue“ Short Film

9 Reaktionen

  1. #1 starttomelt

    13:47 Uhr, 22.9.2009, Link

    Alle Kommentare unter mir: Leute die mindestens 25 sind.

  2. #2 TheRaceFace

    13:51 Uhr, 22.9.2009, Link

    I care about Grunge!

  3. #3 danII

    14:09 Uhr, 22.9.2009, Link

    they do:
    http://newsnetz-blog.ch/kulturstattbern/blog/2009/09/22/grunge-dossier-bei-%C2%ABthe-title%C2%BB/

  4. #4 CerpinTaxt

    19:11 Uhr, 22.9.2009, Link

    (1) der mann heisst brendan o’brien. mit E.
    (2) es gibt kein album namens „alive“. das album heisst „ten“ und…
    (3) …wurde nicht von brendan o’brien produziert, sondern von rick parashar.
    (4) für den vergleich von pearl jam mit der generation x würde dich ed vedder lynchen.
    (5) pearl jam waren nie grunge.
    (6) was sind „ein paar Stadium-Rocker“ bzw. in welchem stadium befinden sie sich?
    (7) solche musik mit cola und perwoll zu vergleichen ist [bitte selber vervollständigen]
    (8) in diese kerbe schlagen viele. was unterscheidet euch von „viele“? (die metaebene, du weisst schon…)
    (9) ich bin über 25.

  5. #5 Ingo

    20:51 Uhr, 22.9.2009, Link

    Wenigstens hat der Verfasser des Beitrages ein wenig seit seiner letzten Ausführung zu diesem Thema (siehe http://tinyurl.com/aicdejavu ) dazugelernt.

  6. #6 Dominique Marcel Iten

    23:50 Uhr, 22.9.2009, Link

    Drei einfache Antworten, warum ich auch diese beiden „colas“ trotzdem gekauft habe:
    1. Weil Pearl Jam wegbegleiter und Helden seit meiner Kindheit sind. Wie ein guter Freund. Der nicht immer alles richtig macht, du dich aber trotzdem immer auf ihn verlassen kannst.
    2. Weil Alice In Chains noch immer bessere Rockmucke machen als der Hippster Scheiss der in letzter Zeit aus England und USA kommt.
    Und 3. Weil mir die beiden Bands auch mit ihren neuen Platten ein Gefühl vermitteln können, an welchem 90% der aktuellen Bands leider scheitern.
    Und auch wenn die Cola jetzt gut schmeckt…manchmal hab ich dann eben Lust auf ne Coke Zero. Minimale Weiterentwicklung, aber auf einem Niveau, für welches sie sich nicht entschuldigen müssen
    Und ich muss Cerpin Taxt zustimmen: Der Cola Vergleich ist wirklich ein wenig….%&“(„*&ç =) =)
    Was ich noch anfügen will: Pearl Jam haben meiner Meinung nach nie Songs geschrieben, von welchen sie glaubten, dass die Leute sie hören wollen. Oder wie erklärst du dir Platten wie Vitalogy, Riot Act oder Yield?

  7. #7 Mathias

    00:04 Uhr, 23.9.2009, Link

    @cerpintaxt: da hats in der tat ein paar grobe schnitzer drin…shit happens. danke fürs zurechtweisen.

    @cerpintaxt und @dominique: der cola-vergleich hinkt für meine belange überhaupt nicht. ich bin ebenfalls mit pearl jam aufgewachsen und war (fast) von anfang an dabei. ich hab mir auch jede platte gleich gekauft. doch ab yield hat für mich das alles nicht mehr gepasst. sie waren irgendwie öde geworden, wie ne marke halt, wie cola ohne sprudel, haben versucht sich zu verrenken. das ist natürlich mein eindruck. erst mit der aktuellen platte, habe ich den zugang wieder gefunden und wie ich finde dank ihrem entkrampften umgang mit sich selber und ihrem sound und vielleicht auch ihrem image, das ihnen mittlerweile scheiss egal zu sein scheint, wie der target-deal beweist.

    @ingo: die neue alice in chains beweist: sie hätten es bleiben lassen sollen. in diesem sinne habe ich meine meinung nicht geändert.

  8. #8 Dominique Marcel Iten

    00:18 Uhr, 23.9.2009, Link

    Ich persönlich fand Riot Act nie so schlecht, wie es gemacht wurde. Und die selbstbetitelte Platte war eine grossartige Platte, welche Pearl Jam endlich wieder als befreit aufspielende Rockband zeigte.
    Und sind wir doch ganz ehrlich: Ihr Image war der Band doch irgendwie schon immer Scheiss egal.

  9. #9 HavoChair

    16:58 Uhr, 12.6.2010, Link

    ich finde das neue Album von Pearl Jam ist weich gespülter Pseudogrunge. Insofern das der Seattle Sound fast komplett dem mainstreamlastigen Sound gewichen ist und sie textlich weit davon entfernt sind sich dem Grunge erneut anzuschließen.
    Alice in Chains sind auch nicht mehr ganz so melodisch hart wie damals, aber sie machen noch Grunge.
    Alice in Chains hat mag sich zwar kommerziell und melodisch so eingliedern wie Pearl Jam, sie machen zwar noch Musik die die Generation X interessiert, aber genau darum geht es doch beim Grunge,
    Grunger sind Dissidenten.

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