Heartless Bastards geben Rauchzeichen
Von Nina Wyss | 11. September 2009 | 1 Kommentar
Cincinnati, Ohio. Wir schreiben das Jahr 2003. Du sitzt in einer unwirtlichen, dunklen Kneipe, der Tresen klebrig unter deinen Ellbogen. Um dich herum hängen Kerle in speckigen Jeanshosen auf Barhockern, ihre Blicke spielen Schiffe versenken im vorletzten Glas Bier. Rauchfäden kringeln sich in der alkoholschwangeren Luft, formen diese wolkenartigen Gedankenblasen, die – den Biergläsern gleich – Schluck um Schluck immer leerer und leerer werden. Du stehst auf, gehst zum Spielautomaten an der Wand, der im Vergleich zum Vorgängermodell einiges an Charme eingebüsst hat, und wählst auf dem Touchscreen die Option „Start“. Ein nervös-polyphoner Fetzen Musik verwirft die Gedanken, leere Augenpaare irren umher und suchen Halt. Im Crescendo offenbart sich dir die erste Frage:
Wie heisst Tom Petty’s Backing Band?
a) The Heartbreakers
b) The Heartless Bastards
c) The Lonely Hearts Club
Du drehst dich um und gehst, eine endlos leiernde Melodiefolge und heillos zerplatzte Träume hinterlassend. Eine Antwort bleibst du schuldig. In deinem Kopf, endlich, ein Name. Heartless Bastards sollen es werden.
Rund sechs Jahre später erscheint im Februar 2009 auf Fat Possum Records mit „The Mountain“ das dritte Album der Heartless Bastards. Die Band um Über-Bastardin Erika Wennerstrom hat sich im Laufe der Jahre mehrmals umformiert, um nun wieder mit den Ur-Mitgliedern Jesse Ebaugh und Dave Colvin aufzuspielen. Im Gegensatz zu den Vorgänger-Alben, welche mit ihrem Lo-Fi-Appeal immer wieder an die Label-Mates The Black Keys erinnern, wirkt „The Mountain“ geschliffener und produzierter. Mit Schlagzeug und Bass schlagen die Jungs Pflöcke ein, begründen ein festes Fundament aus welchem sich der Berg erhebt. Aufwärts geht’s über steile Gitarrenwände, zunehmend zerfurcht und verzerrt, runter über wild wucherndes Bluegrass, wo sich Banjos, Mandolinen und Streicher tummeln. Über allem gipfelt Wennerstroms Stimme: Den Mund voll mit Worten, gequält ganze Strophen kauend, nur um die unverdaulichen Brocken auszuspucken, endlich loszuwerden in heulenden Klagelauten.
„When you see the smoke, there’s fire“ singt Wennerstrom im Titelstück des Albums. Den Rauch kann ich schon sehen und damit das Lauffeuer bald die ganze Schweiz erfasst, entfache ich zwei Streichhölzer, die mit dem neuen Album mitgeliefert werden.
Heartless Bastards – The Mountain
[audio:http://www.fatpossum.com/media_kits/heartlessbastards/mp3s/HBTheMountain.mp3]Heartless Bastards – Wide Awake
[audio:http://www.test-pilots.com/mp3s/Heartless%20Bastards%20-%20Wide%20Awake.mp3]Eine Reaktion
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14:32 Uhr, 11.9.2009, Link
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