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Dr. Pop, wie viel kassiert eigentlich ein Festival-Headliner?

Von    |   8. Juli 2009   |   18 Kommentare

Über Geld spricht man nicht. Dieses Credo gilt natürlich auch im Popbusiness, erst recht wenn es um Gagen geht. Dr. Pop hat nachgerechnet.

Dr. Pop

Die Topverdiener der Popbranche haben Festivalauftritte nicht nötig. Wieso sich die Bühne und die Gage mit anderen teilen, wenn man – wie die Rolling Stones, Metallica, Madonna oder Kylie Minogue – mit einem einzigen Konzert über eine Million Dollar verdienen kann?

An Festivals werden siebenstellige Beträge zwar nur selten erreicht, doch auch Openair-Veranstalter kämpfen bei der Verpflichtung ihrer Headliner mit explodierenden Gagen. Wie in jedem guten Betrieb ist die Verteilung der Saläre auch an Festivals nicht wirklich fair: „Von den 180 Namen auf unseren sieben Bühnen teilen sich ganze 30 praktisch den Honorartopf, die anderen 150 müssen für lächerlich wenig oder fast gar nichts auftreten“, verraten die Organisatoren des dänischen Roskilde-Festivals in diesem Artikel.

budgetNehmen wir uns für eine exemplarische Budget-Analyse ein einheimisches Openair vor: Das Paléo Festival in Nyon. Wie das Roskilde ist auch das Paléo nicht gewinnorientiert und bucht jährlich weit über 100 Künstler verschiedenster Couleur.

Das Budget des Paléo beträgt in diesem Jahr 21 Millionen. Wie das nebenstehende Kuchendiagramm aufzeigt, fallen davon 27% für die Veranstaltungskosten an. Also stehen maximal 5’670’000 Franken für Gagen zur Verfügung, wenn man das Feuerwerk und weitere Auslagen mal ausklammert, die ebenfalls als Veranstaltungskosten durchgehen könnten.

Man darf annehmen, dass die Acts, die zur Prime Time auf der Grande Scène des Paléo spielen, auch am meisten Gage erhalten. So ergeben sich 12 Headliner, die mit grosser Sicherheit sechsstellige Beträge einstreichen. Als Richtwert für meine Schätzungen dienen die Zahlen, die Le Parisien anlässlich des Main Square Festival veröffentlicht hat: Placebo haben am Festival in Arras angeblich 350’000 Euro verdient, Lenny Kravitz 500’000, Coldplay 700’000 und The Boss mindestens eine Million. Am Paléo 2009 wären also folgende Gagen denkbar (Angaben in CHF und natürlich ohne Gewähr):

Moby: 800’000
The Prodigy: 700’000
Tracy Chapman: 600’000
Placebo: 500’000
Franz Ferdinand: 500’000
Fatboy Slim: 400’000
Amy Macdonald: 300’000
Raphael: 200’000
Bénabar: 200’000
Ska-P: 100’000
Kaiser Chiefs: 100’000
Francis Cabrel: 100’000

So schnell hat man als Festivalveranstalter 4.5 Millionen ausgegeben. Bleiben also noch knapp 1,2 Millionen übrig. Geht man von 30 Acts aus, die sich am Paléo analog zum Roskilde „den Honorartopf teilen“, könnte man nun noch 18 weitere Headliner selektionieren, allen voran Pete Doherty, der spielend mehrere 100’000 Franken verdient, auch wenn er nicht auf der Hauptbühne auftritt. Hinzu kommen folgende Acts, die am Paléo mit jeweils mit einem fünfstelligen Betrag zu Buche schlagen dürften: Gossip, Santigold, Cold War Kids, TV On The Radio, Ting Tings, White Lies, 2 Many DJs, Ghinzu, Charlie Winston, Ayo, La Pulqueria, Alborosie, Young Gods, Sophie Hunger, Julien Doré, Oxmo Puccino, Abd al Malik und Omar Perry.

Für die 100 weiteren Bands, die am Paléo auftreten, bleibt also nicht viel übrig. Wie wir alle leben eben auch Popmusiker in einer Zweiklassengesellschaft.

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