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Dem Nouvelle Chanson entwachsen

Von    |   21. November 2008   |   0 Kommentare

Sieben Jahre nach dem Hype um den frankophonen Pop veröffentlichen zwei Urgesteine der Szene ihre besten Alben; Francoiz Breut und Jérôme Minière.

Mit dem Rummel um das Debüt von Benjamin Biolay ist 2001 das Interesse am Chanson wiedererwacht. In die Fussstapfen des „neuen Gainsbourg“ trat unter dem Banner des „Nouvelle Chanson“ eine ganze Generation von Chansonniers und Chanteusen, die sich auf die alten Helden der Nation bezogen. Die Ursprünge der Szene gehen in die frühen 90er zurück, als sich beim Label Lithium aus Nantes um Dominique A und Yann Tiersen ein kreativer Zirkel bildete, dem auch Jérôme Minière und Françoiz Breut angehörten.

Françoiz Breut wird von US-Musikergrössen seit ihrem 97er Debüt geschätzt: Calexico coverten „Ma Colère“, The Walkabouts nahmen sich „Everyone Kisses A Stranger“ an und Howe Gelb widmete Breut den Song „Letter to Françoise“. Im Herbst 2000 gelang ihr mit dem formidablen Album „Vingt à trente mille jours“ der Durchbruch, danach musste man fast fünf Jahre auf „Une saison volée“ warten, ein Album, das streckenweise enttäuschte.

Nun meldet sich Breut mit „À l’aveuglette“ zurück – und überrascht. Derart rockige Gitarren hätte man von ihr nicht erwartet. Grund für das vollere Klanggewand ist eine Veränderung im kreativen Prozess: Bislang hatten Breut Freunde wie Dominique A und Jérôme Minière beim Songwriting unter die Arme gegriffen, diesmal hat die Sängerin die Songs zusammen mit ihrer Tour-Band geschrieben. So rückt der Fokus weg von der Stimme hin zur Musik. Souverän führt Breut mit ihrem samtenen Timbre Regie über die teils elegischen, teils direkten, mitunter sogar tanzbaren Songs. Ein Album dunkel und schwer wie Rotwein, facettenreich und doch aus einem Guss.

Ebenso süffig fliesst Jérôme Minière’s sechstes Album in die Gehörgänge. „Coeurs“ kommt im unverkennbaren semielektronischen Stil des Wahl-Québécois daher. Minière profiliert sich darauf einmal mehr als genauer Beobachter, der dem Alltag subtile Poesie abzugewinnen vermag, und als Musiker, der es versteht mit Genres zu jonglieren, ohne dabei seine Identität preiszugeben.

Ob von tropischen Grooves inspiriert, von Pop-Appeal beschwingt, mit Samples bestückt oder in der melancholischen Schwebe, die leichtfüssigen Songs des Exil-Franzosen machen immer eine gute Figur. Der Klangreichtum von „Coeurs“ ist erstaunlich, Minière überbietet sich mit diesem Album selbst. Das Prädikat „genial“ ist hier für einmal angebracht.

Zwei herzerwärmende Alben. Der Winter kann kommen.

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