Listening (Bloc) Party
Von Mathias Menzl | 21. August 2008 | 6 Kommentare
Bloc Party, die letzte englische Hype-Band aus dem Jahr 2005, die sich noch etwas Stolz bewahrt hat, hat mit der minimal-Vorankündigung von drei Tagen ihr neues Album veröffentlicht. Eine erste Bestandesaufnahme.
Achtzehn Monate sind vergangen seit „A Weekend In The City“. Das letzte Bloc Party-Album hat polarisiert. Der Sound der Engländer wurde als „vernebelt“ und „larmoyant“ beschrieben. Die rockigen aber dennoch äusserst tanzbaren Tracks ihres Debüts „Silent Alarm“ wurden abgelöst durch „Popmelodien, die am offenen Herzen operieren“ (78s.ch). Andere hingegen attestierten dem Album ein Grower-Potential sondergleichen. Dennoch war es Balsam auf die Seele der meisten Bloc Party-Fans, als Frontmann Kele Okereke kürzlich dem neuen Album „Intimacy“ die Rohheit von „Silent Alarm“ und die Erfahrenehit von „A Weekend In The City“ zuschrieb – eine gewisse Rückkehr zu früheren Tagen also. Damit hat es Kele Okereke ziemlich auf den Punkt gebracht, auch wenn er dabei ein wichtiges Charakteristikum wegliess.
„Intimacy“ zeichnet sich nämlich durch eine willkommene Experimentierfreudigkeit aus. Synthesizer, Vocoder, Samples, drei Tage Vorankündigung willkommen in der neuen Bloc Party-Welt. Eine Entwicklung, die bereits mit „Flux“, der Single vom November 2007, ihren Anfang genommen hat. Damit der Bruch wohl nicht zu krass ist wird „Intimacy“ mit einem Track eröffnet, der zwar irgendwie Bloc Party-like ist, aber dennoch sehr anders daherkommt. Der Beat und Keles Sprechgesang sind vertraut, die jaulenden Gitarren und schrägen Backing-Vocals eher nicht. Am Schluss gesellen sich dann noch düstere Synthesizer-Einwürfe hinzu. Der zweite Track „Mercury“, die erste Single, dürfte bereits bekannt sein und weist ebenfalls durch den Einsatz von Samples und Bläsern ein gehöriges Innovationsspektrum auf. Der dritte Track „Halo“ ist dann Bloc Party wie man es von „Silent Alarm“ her kennt. „Helicopter“ ist wohl der treffendste Verweis.
Danach geht’s abwechselnd mal gitarrenlastig, mal besinnlich und eingekehrt weiter. „Biko“ ist ein ruhiger Track getragen durch Keles melancholischen Gesang, „Trojan Horse“ startet mit verzerrten Synthesizern und Samples, die dann von einem einfachen Gitarrenriff abgelöst werden. „Signs“ eröffnet mit Glockenspiel und einem monotonen Beat, die beide in einem lieblichen Keyboard aufgehen, im Hintergrund sind vereinzelt elfenhafte Blupper-Samples zu hören. Der Song kommt dank der athmosphärischen Dichte ohne Refrain aus. Ein starkes Stück, das die Bandbreit der Band aufzeigt.
„One Month Off“ zerrt den Hörer dann wieder aus der Traumwelt, in die ihn „Signs“ mitgenommen hat. Ein typischer Bloc Party-Track, ähnlich wie „Halo“. Selbiges kann man von „Zepherus“ nicht behaupten. Vertrackt und getragen von Chorgesängen und wirren Beats, ist es die sperrigste Nummer auf „Intimacy“.
Bis zu Song Nummer neun ist die Platte also ein sehr heiteres Durcheinander zwischen rockigen und ruhigen Stücken, mal etwas experimentell, dann wieder traditionell rockig. Nummer neun, „Better Than Heaven“, versucht all dies zusammenzufassen. Und es gelingt ihm. Ein Hammer-Track, das Husarenstück der Engländer. Nicht unbedingt ein Hit, aber ein Feuerwerk an Ideen. Den Schlusspunkt setzt „Ion Square“, das mit einem Piano beginnt und dann über vier Minuten ein und dasselbe Riff immer und immer wiederholt, ein Steigerungslauf in ein dramatisch-schönes Klanguniversum hinein, das man am liebsten gar nicht mehr verlassen möchte.
Das Fazit ist einfach. „Intimacy“ ist eine würdige Platte Nummer Drei, von der ja gesagt wird, dass es die schwierigste sei für eine Band. Es ist kein zweites „Silent Alarm“, und viel besser als „A Weekend In the City“. Das Album strotzt vor Energie, Ideen und sagt ganz klar: „Wir sind zurzeit die beste englische Band“.
> „Intimacy“ ist ab sofort über die Bloc Party-Webseite digital erhältlich. Die physische Version gibt’s ab dem 23. Oktober.
Bloc Party – Halo
[audio:http://dl.getdropbox.com/u/44872/03%20Halo.mp3]
Bloc Party – Better Than Heaven
[audio:http://dl.getdropbox.com/u/44872/09%20Better%20Than%20Heaven.mp3]
6 Reaktionen
78s wird seit Juni 2015 nicht mehr redaktionell betreut. Die Kommentarfunktion ist deswegen deaktiviert.
10:09 Uhr, 22.8.2008, Link
für mich war „weekend in the city“ das beste album 2007. die platte hör‘ ich mir auch heute noch regelmässig an, da sie einfach nie langweilig wird. immer wieder gibts neues zu entdecken. „silent alarm“ war natürlich auch genial aber durch die eher rohen und tanzbaren stücke einfach viel kurzweiliger. bin sehr gespannt auf „intimacy“ – album ist vorbestellt.
14:39 Uhr, 22.8.2008, Link
„better than heaven“ ist wirklich toll!
11:42 Uhr, 26.8.2008, Link
Sehr, sehr schöne Platte. Man muss sich zum Teil ein klein bisschen reinhören, aber das lohnt sich definitiv… sehr passend zum Sommer, der langsam zu Ende geht…
16:36 Uhr, 26.8.2008, Link
dann laufen bloc party jetzt auch auf virus? hm.
20:23 Uhr, 26.8.2008, Link
Nur ganz selten. So, dass man als Moderatorin Luftsprünge macht, wenn man sie mal im Programm hat…