Was die MP3-Generation wirklich will
Von Marco Durrer | 21. Juni 2008 | 5 Kommentare
Gemäss einer Studie aus England wäre der jugendliche Konsument bereit für digitale Musik zu bezahlen, würde dabei aber weder auf Tauschbörsen, noch auf physische Tonträger verzichten wollen. 78s fasst die druckfrischen Ergebnisse zusammen.
Im Auftrag von British Music Rights, zum Schutz der Interessen von Songschreibern, Produzenten und Vertreibern gegründet, wurden in einer (bis dato beispiellosen) wissenschaftlichen Untersuchung 773 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 24 zu ihrem Konsumverhalten befragt. So aussageschwach die Auswertungen mit „Everything has changed – and everything is still the same“ betitelt sind, so wenig überraschend fallen auch die Befunde aus. Zu längst bekannten Tendenzen werden bloss noch die Zahlen geliefert.
Das einst rare Gut ist mittlerweile global, jederzeit und im Überfluss zu haben, der emotionale Wert der Musik für die Teens und Twens der Insel aber bleibt hoch. Durch den digitalen, beinah uneingeschränkten Zugang kommen mehr Jugendliche denn je in Kontakt mit der schönsten Nebensache – ein ungeheures, finanzielles Potential, das die Industrie bislang nicht befriedigend in harte Währung umzumünzen wusste.
Als Resultat wird folgendes Angebot für den typischen jugendlichen Musik-Konsumenten empfohlen: Durch monatliche Rechnung via Mobile- oder Breitbandanbieter in zur Entschädigung der Copyright-Besitzer/Künstler angepasster Höhe würde dem Konsumenten ermöglicht, seinen MP3 Player legal zu füllen und den Inhalt innerhalb von Familie, Freunden und Networks zu bewerten, empfehlen und auszutauschen. Die meistgehörten Songs könnten zudem auf Tonträger kopiert und für den privaten Gebrauch verwendet werden.
Kein allzu neuartiges Konzept also, das erst noch konkrete, für alle Parteien faire Preis- und Beteiligungsvorschläge vermissen lässt. Es bleibt (noch immer) abzuwarten, was die Industrie damit im Wohle aller anzufangen weiss.
Ein paar illustrierende Zahlen:
– Rund 90% aller Befragten besitzen einen MP3 Player. Die durchschnittliche MP3- Sammlung umfasst 1’770 Songs (Höchstmarke: 75’000!), wovon für die Hälfte nicht bezahlt wurde
– 73% würden ihre Musik-Kollektion auf die berühmte Insel mitnehmen (emotional höherer Stellenwert als Mobiltelefon und Bücher)
– Geschlagene sechs Stunden pro Tag wird Musik gehört, zwei davon bewusst
– 95% kopieren Musik auf irgendeine Weise, wovon 63% illegale P2P file-sharing Netzwerke benutzen. Hiervon wären 80% bereit, für legale file-sharing Angebote zu bezahlen. 60% bekräftigten, dennoch nicht auf den Kauf des physischen Produkts in Form eines Tonträgers zu verzichten
– Als Gründe für den illegalen Gratis-Download werden von 75% Geldsparen und von 65% Try-before-Buy angegeben
– Über 15% des gesamten Unterhaltungsbudgets werden durchschnittlich in Musik investiert (getoppt nur von Essen/Trinken im Ausgang und Mobile-Rechnung) – wobei für Livemusik mehr ausgegeben wird als für Aufnahmen jedweder Form
Statistik-Freaks und Diagramm-Liebhaber können die ausführlichen Resultate hier selbst auswerten.