78s-Motel: Schlafen kann ich, wenn ich alt bin
Von 78s Redaktion | 26. Januar 2008 | 3 Kommentare
Na gut, dann mal weiter. Ich habe wohl – von mir selbst unbemerkt – den Entschluss gefasst, mit dem Seelenstriptease bis ans Ende dieser Geschichte weiterzumachen. Was soll ich denn sonst tun? Mehr als mich selbst habe ich nicht zu bieten. Darum sage ich hier nichts als die Wahrheit, wissend dass diese eine von mir inszenierte ist.
Jawohl, ich nenne mich selbst einen Künstler, jawohl ich wirke in der Band The bianca Story, jawohl wir sind unabhängig, jawohl wir suchen die Innovation und jawohl das Leben meinte es bis anhin gut mit uns. Und jawohl, ich habe ein schlechtes Gewissen.
Keine Angst, das Gejammer hört an dieser Stelle schon wieder auf. Zu viele prähistorische Jammerlappen haben mir die Lust daran verdorben. Man will ja schliesslich in niemandes Fussstapfen treten. Die Avantgarde jammert nicht, sie wälzt nieder.
Also los, auf das Pferd mit dir, du selbstgerechtes, exzentrisches Arsch. Ich erzähle von einer Gemeinschaft. Von einer Dauerinszenierung einiger Menschen. Von unterschiedlichen Erwartungen. Von sich ändernder Öffentlichkeit. Von amöbenartigen Prinzipien. Und von EINEM Weg.
Aber wir meinen es gut mit The bianca Story, wirklich. Wir kommen auch dem immer näher, was wir als gut bezeichnen würden. Schritt für Schritt. Es ist so unglaublich viel passiert in den letzten 2 Jahren, dass ich hier gar keine müde Aufzählung beginnen möchte. Immer wieder dachte ich, wir sind am Ziel. Doch wir sind rastlos. Wir möchten immer mehr. Wir sind fanatisch. Und wir haben Angst. Wir sind Getriebene. Getrieben von einem eigenen, überdimensionionalen Antrieb.
Ich bin müde. Aber niemand wird mich zum Schlafen zwingen. Ich habe meinen Mitgetriebenen immer gesagt: Schlafen können wir, wenn wir alt sind. Und sie haben gelacht. Und nun ist das Lachen im Hals stecken geblieben. Denn es vergeht noch eine lange Zeit bis wir alt sind.
Wir haben uns eine Ausgangslage geschaffen. Eine, bei der man uns zuhört. Das ist weder selbstverständlich, noch ist es fair. Aber es ist schön. Und wenn wir jetzt schweigen, wenn wir jetzt schlafen, wenn wir jetzt auch nur an eine Ermüdung denken, dann sind wir verloren.
Wir werden uns ruinieren. Und das schlimmste daran ist, es zu wissen. Aber die Reise wird es wert sein. Und vielleicht werdet ihr sie mitverfolgen, vielleicht werdet ihr aber auch das Interesse verlieren und andere Inszenierungen bevorzugen. Aber man wird angewiesen sein auf die Wichtigtuer dieser Welt. Well, HI SOCIETY, wir sind bereit in den Boden gestampft zu werden.
>>> Fabian Chiquet trommelt, singt, flötet und klimpert bei The bianca Story. „Hi Society“, das neue Album der Basler, ist gestern erschienen.
Illustration: Sarah Von Blumenthal