Greis ist zurück: „Musik für Mörgelis Kinder!“
Von Gregor Frei | 12. November 2007 | 5 Kommentare
Fast fünf Jahre nach dem epochalen „Eis“ tritt Greis endlich mit seinem zweiten Solo-Album an. Fünf Tage vor dem Release erklärt uns der Chlyklass Rapper und Tourpartner, warum ein Sprenggürtel mehr als nur Bildspiel ist.
Greis, wie gross war der Druck nach „Eis“?
Der Druck war riesig! Ich habe verdammte Bücher gefüllt mit meinen Erwartungen – mit Plänen, Blueprints, Konzepten, etc. Irgendeinmal sagte ich mir „Jetzt mach mal Musik!“, warf alle Konzepte über Bord und fing einfach an.
Trotzdem wirkt „2“ äusserst durchdacht.
Dieses Album aufzunehmen war das Schwierigste und Härteste, das ich je in meinem Leben gemacht habe! So leichtfüssig „Eis“ war, so ist das neue Album auf dem Reissbrett entstanden. „Eis“ habe ich im Grössenwahn geschrieben, „2“ in totaler Unsicherheit. Beides geht. Das Resultat ist sogar umso geiler. Dafür zahlt man einen hohen Preis. Ich war bereit, ihn zu zahlen.
War es nach „Eis“ überhaupt möglich, etwas Neues zu machen?
Ich habe mich immer dagegen gewehrt, ein Zielpublikum zu bedienen. Ich will nicht zu Bekehrten predigen. Deshalb ist „2“ so zugänglich. Ich mache Musik für Mörgelis Kinder! Für die Kids vom Land, die von Haus aus nur SVP-Parolen kennen. Die neuen Songs sind politischer und militanter, aber eben auch zugänglicher und weniger explizit. Deshalb ist dieses Album als Trojaner zu verstehen.
Sind deshalb die neuen Polito-Songs im Gegensatz zu „Global“ musikalisch äusserst sanft gehalten?
Wenn du den Polit-Rapper-Stempel hast, wirst du nur noch von Leuten gehört, die deiner Meinung sind. Was mich aber interessiert, ist Breitenwirkung. Ein Lied wie „Global“ war bewegungsintern, jetzt geht es mir um Massenmobilisierung.
Ist denn „Ferdinand“, die Fortsetzung der Köbi-Saga, auch Teil der Massenmobilisierung?
Ich wollte die Bildersammlung von Blocher neu besetzen. Berti – Hodlers Holzfäller, der in Blochers Büro hängt – wird in meiner Geschichte von den faschistischen Fröntlern im Spanienkrieg umgebracht. Und Ferdinand – der „Kleine Junge im Heu“ von Albert Anker – wird zum sozialistischen Freiheitskämpfer. Es geht mir darum, Bilder neu zu malen, die Blocher fälschlicherweise für sich beansprucht hat. Mein Ziel wäre, dass er sein Holzfäller-Bild abhängen müsste. Schweizer Kulturgut gehört nicht den Rechten. Wir alle essen Fondue!
5 Reaktionen
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12:53 Uhr, 13.11.2007, Link
Greis schreibt Musik für €ždie Kids vom Land, die von Haus aus nur SVP-Parolen kennen.€œ. Lieb von ihm. Zum Glück ist er nicht so vorurteilsbelastet wie die politische Rechte unseres Landes€¦ Aber easy, wer die Masse mobilisieren will, muss halt schwarzweiss malen, gell.
15:52 Uhr, 13.11.2007, Link
Da würde ich erstmal das Album hören…
18:01 Uhr, 13.11.2007, Link
Nein danke. Was er im Interview von sich gibt, genügt.
19:01 Uhr, 14.11.2007, Link
Mit ein bisschen Erfindungsgeist kann man alles als „vorurteilsbelastet“ verurteilen. Greis sagt ja nicht „alle Kids auf dem Land kennen nur SVP-Parolen“. Dass er dem Teil der Kids vom Land, die mit SVP-Parolen aufgewachsen sind, seine Musik zugängig machen will, deutet meiner Meinung nach genau nicht auf Schwarzweissdenken hin. Whatever, tu le sais si tu le connais…