78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Feist und Apple zeigen, warum Musikbiz obsolet ist

Von    |   3. Oktober 2007   |   23 Kommentare

Apple-Werbespots sind seit 1984 eine grosse Sache. Seit Apple aber nicht bloss Rechen-Maschinen, sondern auch Musik-Maschinen macht, rückt auch die Musik in Werbespots für Apple-Produkte immer stärker ins Rampenlicht. Musiker und Bands, die in einem Werbespot der Firma aus Cupertino gefeaturet werden, können sich schon mal ein neues Eigenheim aussuchen und einen Monat Ferien auf den Malediven buchen.

Neustes Beispiel für diesen Mechanismus: Leslie Feist. Ihr aktuelles Album The Reminder erschien im Mai dieses Jahres und verkaufte sich nicht schlecht. Dasselbe gilt für ihre Single „1,2,3,4“. Seit sie aber Mitte September im neuen iPod Nano-Werbespot die Hauptrolle spielt, verdreifachten sich die Verkaufszahlen ihres Albums. „1,2,3,4“ wurde in der Woche nach der erstmaligen Ausstrahlung des Werbespots 73’000* Mal heruntergeladen. The Reminder wanderte bis heute über 230’000 Mal über den Ladentisch. Ihre Single hat sich rund 180’000 Mal verkauft. Die wöchentlichen Downloads vor dem Werbespots beliefen sich auf gerademal 2’000 Stück. Alles Wunderbar für die Kanadische Singer/Songwriterin. Sie hat es mehr als verdient.

Allerdings stellen sich nach der Zahlenakrobatik dringliche Fragen in einem grösseren Kontext: wer macht heute die Hits? Wieso spielt das Musik-TV keine Musik mehr? Wieso spielen Radiostationen immer und immer wieder dieselben Songs? Wie legitimieren sich Plattenfirmen, wenn ihre Funktion durch die Werbeindustrie viel besser wahrgenommen wird?

Das grundlegende Übel ist folgendes: es ist doch ziemlich krank, wenn multinationale Firmen für den Musikgeschmack der Menschen besorgt sind. Oder andersrum formuliert: wenn sich die Menschen Inputs für neue Musik aus den Werbespots holen müssen. Das zeigt doch wie krank und morsch das System „Musikbusiness“ ist. Es funktioniert einfach nicht mehr so, wie es sollte. Die logische Folgerung wäre: Entzieht den Radiostationen und den Musikfernsehstationen die Lizenz, denn sie kommen ihrem Auftrag nicht nach. Schliesst alle Labels. Sie sorgen heuer nur noch für die Nivellierung des Musikgeschmackes, anstatt die Menschen mit neuer Musik zu versorgen und darüber zu informieren. Das wäre ihre Aufgabe und weissgott nicht jene der Werbeindustrie oder von Computer-Firmen. Apple zeigt aber auf in welche Richtung es geht, wenn sich die Musikindustrie nicht ihrer eigentlichen Bestimmung besinnt.

*die Zahlen wurden einem Reuters-Artikel entnommen.