78s-Motel: Rolf Schlup über Nachwuchsförderung
Von 78s Redaktion | 30. Juni 2007 | 1 Kommentar
Statistisch gesehen wird der Mensch immer älter. Und weil Künstler ja bekanntlich auch nur Menschen sind, können wir heute vor allem diejenigen auf den breiten Bühnen bewundern, die schon vor Jahren und Jahrzehnten da vorne gestanden und gesungen haben. Arrangements und Gesichter wurden zwar in vielen Fällen mehr oder weniger sanft renoviert – Hits und Menschen stammen aber fast ausnahmslos aus den 80er-, 70er oder gar 60er-Jahren. Jungblut ist wenig zu finden. Selbst Madonna könnte meine Schwester sein und bei Robbie und Kylie bin ich mir schon nicht mehr ganz sicher, was sie 2015 tun. Zukunftssicherer Künstlernachwuchs scheint also Mangelware. Doch für einmal ist nicht die Statistik schuld.
Die Musikindustrie behauptet ja noch immer, dass sich das musikalische Konsumentenverhalten Anfang der 90er-Jahre von heute auf morgen schlagartig geändert hätte und man mit Retortenbands und Schnellschuss-Talenten nur auf die Wünsche der Käufer reagiert hätte. Bullshit! Oder hat irgendjemand mal von Demonstrationen von Musik-Fans gehört, an denen statt glaubwürdiger Künstler nur noch profillose und austauschbare Interpreten mit einer künstlerischen Lebenserwartung von maximal 18 Monaten gefordert wurden? Leute, dass mit den MP3s hätte man ahnen können
Glücklicherweise haben viele Musiker einen harten Kopf – vor allem wenn’s um Musik geht. Und darum sind nicht zuletzt in der Schweiz zahlreiche Revoluzzer zu beobachten, die sich „die alte Schule“ zum Vorbild nehmen. Mit viel Talent, Fleiss und Ausdauer touren sie landauf landab, schreiben Songs, die aus dem Bauch und nicht aus der Mikrowelle kommen und träumen nicht davon, morgen auf irgendeiner Titelseite und übermorgen nirgends mehr zu sein. Ihnen ist zu wünschen, dass ihnen dasselbe passiert, wie den Jungrockern von gestern, die heute Legenden sind: Eine Mannschaft, die sie in ihrem Sinne unterstützt und eine Industrie, die sie fördert und publik macht. Das Publikum braucht man Ihnen nicht zu wünschen – es wartet schon.
> Rolf Schlup ist einer der erfahrensten Musikpromoter der Schweiz und hat u.a. für Sony BMG gearbeitet. Seit April dieses Jahres ist er als „das office.ch – Promotion und mehr“ gemeinsam mit Claudia Boggio und Nick Heizmann in Sachen Musik unterwegs.
Illustration: Sarah Von Blumenthal
Eine Reaktion
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14:22 Uhr, 26.9.2008, Link
stark echt unterhaltend und spannend. kompliment!