Rasende Klabautermänner – Modest Mouse live
Von Fabienne Ruppen | 8. Juni 2007 | 1 Kommentar
Der Berliner Postbahnhof ist seit Tagen ausverkauft. Dies wohl nicht zuletzt aufgrund eines äusserst dominanten Werbefilmchens, das vor einigen Wochen über die Bildschirme des U-Bahn-TV’s geflimmert ist und in welchem Modest Mouse eine nicht wirklich ersichtliche Verwandtschaft zu Franz Ferdinand angedichtet wurde.
Isaac Brock singt nicht – er spuckt seine Wortuniversen keuchend von sich. Der zuckende Körper scheint das Werkzeug eines nicht zu bändigenden Dämons zu sein. Seine fünf Matrosen muten nicht weniger besessen an. Der auf „Good news for people who love bad news“ (2004) auf dem Festland begonnene Exorzismus wird mit „We were dead before the ship even sank“ (2007) auf die stürmische See verlegt und bis zur Ekstase perfektioniert. Zur unspaltbaren Armada formiert prügeln Modest Mouse ihrer Zuhörerschaft Verzückung ein.
Ausser des mehrmalig geäusserten Entsetzens über die Hitze, die an diesem bis anhin wärmsten Tag des Jahres in der Halle tatsächlich unerträglich ist, wird nicht viel Zeit an überflüssige Kommunikation vergeudet. Schlicht gehalten präsentiert sich denn auch die Bühnenszenerie: An Mast-ähnlichen Stangen montierte Schiffslaternen und dramatische Lichtführung reichen aus zur überzeugenden Suggerierung eines von orkanartigem Sturm durchgepeitschten Schiffes. Als Glamour-stiftende Galionsfigur fungiert der seit den Aufnahmen zum neuen Album zum festen Mitglied avancierte Ex-Smiths-Gitarrist Johnny Marr.
Eröffnet wird mit dem herrlich wütenden „Bury me with it“. Neben zahlreichen neuen Prachtexemplaren wie „Fire it up“, „Dashboard“ oder „Missed the boat“, darf man auch über ältere Meisterleistungen wie „Bukowski“ und das grossartige „Float on“ frohlocken. Bei den zwei Zugaben „The view“ und „Spitting venom“ legt schliesslich sogar der werte Herr Marr seine unbestechliche Coolness ab und unterwirft sich dem überschwappenden Delirium. Ein Schmauss für Aug und Ohr.
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