Die sanften Saiten der Zischtigsmusig
Von Ralph Hofbauer | 26. März 2007 | 0 Kommentare
Wer am Dienstagabend den Zischtigsclub kuckt, verpasst gute Konzerte. Wer am Dienstagabend an die Zischtigsmusig geht, sieht gute Konzerte. So einfach ist das. Die Konzertreihe der Roten Fabrik bietet für wenig Geld zwei Acts, die spät beginnen – ein Krimi liegt vorher also durchaus noch drin – und oft gar nicht mehr aufhören wollen. Schuld daran dürfte die Gemütlichkeit sein, die sich im Ziegel au Lac zu später Stunde breitmacht. Gebucht wird Musik, die in der Regel etwas mit Gitarren am Hut hat, wobei man zur Zeit vor allem auf zartbesaitete Klänge setzt: Unlängst beehrte Eleni Mandell das Ziegel mit all ihrem Charme, am 27.3. folgt der norwegische Barde St. Thomas und am 10.4. betritt Marissa Nadler die Zischtigsmusigs-Bühne, die mit „Songs III: Bird On The Water“ (Peacefrog/Namskeio) soeben ihr drittes Album veröffentlicht hat.
In den gotischen Schauermärchen von Marissa Nadler kann man sich weltvergessen vor der Rüpelhaftigkeit der Wirklichkeit verschanzen. Die entrückte Sanftheit ihrer Songs ist geistesverwandt mit den Elegien der Folkdruiden Espers, die Nadler auf „Songs III“ zupfend und streichend unterstützen. Wie die kongeniale Alela Diane montiert auch Marissa Nadler mehrere Gesangsspuren übereinander, wodurch sich die Bannkraft ihrer schlafwandlerischen Stimme vervielfacht.
Die Songwriterin aus Rhode Island nimmt ihre Hörer bei der Hand und führt sie in weite dunkle Wälder, wo sie am Lagerfeuer Geschichten von verflossenen Lieben und gebrochenen Herzen erzählt. Die Protagonisten sind bleich und ihre Kleider so schwarz, wie die Krähen, die über ihnen Kreisen, doch ihre tragischen Schicksale finden Trost in Marissas versöhnlichem Lamento. Der Mond schimmert golden, Marissa fröstelt und schmiegt sich in Leonhard Cohens „Famous Blue Raincoat“. Er steht ihr gut.
Den Albumstream gibts einmal mehr bei Luisterpaal.
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