78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

All His Glory

Von    |   17. November 2006   |   5 Kommentare

Wenn christliche Musik etwas mit Rock zu tun haben will, ist sie in der Regel so fröhlich fromm wie Ned Flanders. Bei Woven Hand ist Musik im Namen des Herrn für einmal so dunkel wie ein schwarzer Talar.

David Eugene Edwards, der ehemalige Kutscher von 16 Horsepower, ist neben der Bühne ein angenehm ruhiger Zeitgenosse. Doch sobald er im Rampenlicht steht, scheint er von Dämonen besessen. „Je est un autre“, um mit Rimbaud zu sprechen.

Musik als Exorzismus? Der Teufel liegt im Detail: „Wenn ich Songs schreibe versuche ich etwas winziges wie mit einem Mikroskop zu vergrössern. Die kleinen Dinge im Leben – wie wir uns verhalten, unsere alltäglichen Gedanken. Wenn ich dies überhöht darstelle, kann ein leeres Versprechen so erschreckend wie ein Mord wirken. Natürlich nehmen wir das eine ernster, doch für Gott sind beide gleichwertig. Das ist beängstigend – und ernst.“ Edwards lacht – als gäbe es das Böse nicht, mit dem er zwei Stunden später auf der Bühne ringt.

Gott war in Edwards Jugend allgegenwärtig: Sein Grossvater war Prediger, Church Music der Soundtrack seiner Kindheit. Danach der Ausbruch aus dem konservativen Elternhaus, um bei Freunden Punk zu hören und die verbotenen Drogen zu konsumieren („Als Teenager willst du immer das was du zu Hause nicht hast“). Schliesslich hat Edwards Folk entdeckt und begann nach den Ursprüngen der amerikanischen Traditionals zu suchen, die auf dem alten Kontinent liegen.

Ein Anachronismus sind Woven Hand nicht nur, weil sich ihre Texte wie Gedichte aus vergilbten Büchern lesen, auch ihre Musik transzendiert die Moderne. Wurde Edwards im falschen Jahrhundert geboren? „Nein, aber ich mag die Romantik der Vergangenheit – genauso ich wie die Wahrheit der Vergangenheit mag. Alte Instrumente faszinieren mich – wie sie aussehen, wie sie klingen…“

Am Ende der Predigt wurde der Teufel mit einem Holzbanjo zu Grabe getragen. Und er erlöste uns von dem Bösen. Amen.

Wer Woven Hand im Boa verpasst hat, kann sich am 19.11. im Kiff bekehren lassen.

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5 Reaktionen

  1. #1 Frank A. Meyer

    17:39 Uhr, 17.11.2006, Link

    Und wie war das Konzert jetzt?

    Hab den jammernden Schweinehund ’98 oder ’99 in der Roten Fabrik gesehen. Seine Stimme klang als würde er mir sagen: Hau mir den Stuhl dort oder sonst was Hartes über den Kopf. Komm schon!

    Dass der noch lebt?!

  2. #2 Ralph Hofbauer

    18:14 Uhr, 17.11.2006, Link

    ich glaube diesmal wären sie, lieber frank a. meyer, der einzige gewesen, der so negativ geurteilt hatte. vielleicht waren sie’s auch damals in der roten fabrik schon, wer weiss. das publikum wollte edwards jedenfalls kaum gehen lassen.

  3. #3 flobro

    18:24 Uhr, 17.11.2006, Link

    und zu recht wollten sie ihn nicht gehen lassen! und ich werde den herrn edwards gar ins nachtgebet einschliessen, oh ja. im gegensatz zum herrn meyer…

  4. #4 Frank A. Meyer

    20:54 Uhr, 17.11.2006, Link

    Ich weiss noch immer nicht wie das scheiss Konzert war, Himmelherrgottnochmal! (Kauft den Blick)

  5. #5 Ralph Hofbauer

    12:41 Uhr, 18.11.2006, Link

    lieber frank a meyer, sie sind ja noch begriffsstutziger als ihre leser. war ein konzert eher gut oder schlecht, wenn 150 von 150 leuten so begeistert sind, dass sie sich mit zwei zugaben nicht zufrieden geben wollen? sie scheinen immer noch nicht verstanden zu haben, deshalb nochmal zum mitschreiben: das scheiss konzert war saugut.

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