78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

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CSS vs. You Say Party! We Say Die

Cansei De Ser SexyZurzeit schreien alle: „Cansei De Ser Sexy“ oder kurz CSS. Dies ist der Name eines brasilianischen Electro-Rock-Spass-Grüpplis bestehend aus fünf Frauen und einem Mann, der aussieht wie der junge Burt Reynolds. Die Weltwoche findets toll, die New York Times auch. Viel interessanter dabei ist, wie etwas Exotik, Trash, schnelle Gitarrenläufe, Trendfrisürli und American Apparel-Chic ausreichen, um gestandene Kritiker um den Finger zu wickeln. Immerhin mokieren sie sich nicht darüber, dass auch CSS ein Produkt von Web 2.0 sind. Ähnlich wie die Arctic Monkeys erreichte auch die Band aus Sao Paulo erste Publizität übers Internet. Ihr Erfolgsrezept hiess aber nicht MySpace, sondern Trama Virtual, das brasilianische MySpace sozusagen. Danach kamen Avoncen von Big Brother Brasilien und zuletzt das Label Sub Pop.
You Say Party

Die weitaus bessere Alternative zu CSS nennt sich aber You Say Party! We Say Die (Live am 17.8. im Zürcher Abart). Hier rockt und rollt es ebenfalls mit Frauenstimmen, die aber viel mehr Druck (Punk!) erzeugen können und mit Beats und Melodies, die ins Tanzbein gehen. You Say Party! We Say Die sind nicht in erster Linie eine trendy Combo, sondern machen hochstehende Pop-Musik, die in einem Electro-Punk-Outfit aus den Boxen dröhnt. Und aufgepasst: einer ihrer Songs trägt den Namen „Stockholm Syndrom“. Haben sie euch erst einmal, lassen sie euch auch nicht mehr los. Da bleibt auch CSS nicht anderes übrig, als ihren Zuckerhut zu ziehen.

Armer Bono

razorlight1.jpgDie britische Presse kann sich wieder einmal kaum halten. Grund für die Jubelhymnen ist diesmal das neue Album von Razorlight. „Die neuen U2 – und sehen besser aus als Bono“ heisst es, oder: „Schlicht das beste britische Rockalbum seit Definitely Maybe„. Man mag diese Referenzen etwas seltsam finden (so sind sie, die Brüder Rooneys). Fakt ist: Wir haben die Platte schon gehört (Veröffentlichung in der Schweiz ist am 18. August) und wissen, dass das was ganz Grosses wird.

Howdy!

Es darf wieder geschunkelt werden. Country is back. Vor allem amerikanische Songwriterinnen besinnen sich wieder vermehrt auf gutabgehangene Melodien für Fernfahrer. Jenny Lewis, Sarah Worden von My Brightest Diamond, Amy Millian, und seit „Islands“ auch Cat Power, kleiden ihre sentimentalen Sehnsuchtslieder gerne im Cowboy-Hemd. Ein solches kann man ja selbst in Szenelokalen getrost wieder tragen. Auch US-Jungs besinnen sich vermehrt wieder auf die „amerikanischste aller Musiken“ (O-Ton Kollege Albrecht). Americana oder Alternative Country kann man solch altbackene Musik, wie sie beispielsweise The Elected machen, wohl nicht mehr nennen – es ist schlichtweg Country-Pop, wenn auch vom Feinsten. Der Bezug auf dieses schnell mal als erzkonservativ abgeurteilte Musik-Genre geschieht zwar oft mit einem ironischen Gestus, aber irgendwie wird man den Verdacht nicht los, dass die Songs genannter Künstler ehrliche Hommagen sind und kein Western-Maskenball. Neben den Protagonisten des Mainstream-Countrys, der seinen Weg nach Europa vor allem über die Hochzeitsklatschspalten findet, wenn ein Hollywood-Sternchen einen Country-Star heiratet, scheint eine neue Songwriter-Generation den Country wiederzuentdecken, die mit Bush nichts am Cowboy-Hut hat.

Die Zeiten, in denen man mit Country John Brack (R.I.P.), Shania Twain oder eine spassige Hobby-Köntri-Truppe assoziierte, sind also hoffentlich vorbei. Das war ja auch mal wunderbare Musik früher. Wem bei Klassikern wie „Oh, Lonesome Me“„Your Cheatin‘ Heart“ oder „The End Of The World“ nicht warm ums Herz wird, dem ist nicht zu helfen. Entgegen der gängigen Meinung ist die Country-Musik vor Johnny Cash geboren worden. Ihre Wurzeln reichen zurück bis vor die Erfindung der Schallplatte. In den 20ern brachte die Carter Family volkstümliche Stücke aus den Appalachen mit in die Radio- und Aufnahmestudios und so wurde aus mündlich tradierter Volksmusik die erste Form der Popmusik. Gut möglich, dass bald wieder Carter Family-Songs gecovert werden. Der Fundus, den die Carter Family mit gegen 300 Liedern hinterlassen hat, ist gross genug. Wie wärs mit „Worried Man Blues“

Musik, die Frauen zum Weinen bringt

she wants revenge.JPGAm Samstag, 29. Juli, spielen She Wants Revenge zum ersten Mal in der Schweiz. Wir verlosen Tickets fürs Konzert und sprachen mit Frontmann Justin Warfield.

Eure Musik klingt sehr minimalistisch, aber in einem positiven Sinn. Ist das Absicht?
Wir wollten die CD nicht überproduzieren und einen gewissen Minimalismus drauf haben. Es ist viel zu einfach, Dinge hinzuzufügen. Platz, auch jener zwischen den Noten, ist etwas schönes. Wir wollten das Album nicht verschmutzen. Es sollte minimal und rau klingen.

Du hast mal gesagt, dass eure Musik die Frauen zum Weinen und Tanzen bringen soll. Gibts an euren Konzerten viele Tränen?
Es gibt Leute, die an unseren Konzerten weinen. Aber diese Aussage sollte nur vereinfachen, dass die Besucher an unseren Konzerten viele Emotionen erleben können. Wir wollten auch keine CD aufnehmen, zu der die Leute auf und ab hüpfen. Die sollen ein breites Spektrum an Emotionen erleben mit unserer Musik.

Es gab ein Gerücht, dass dein Partner bei ‚She Wants Revenge‘, ‚Adam 12‘, früher bei der Crossover-Band Powerman 5000 spielte.
(kriegt einen Lachanfall) Ich kann dir versichern, dass er mit dieser Band nichts zu tun hat.

Aber wie ist es zu diesem Gerücht gekommen?
In den Sechzigern gab es in L.A. eine TV-Show namens ‚Adam 12‘. Und mein Adam hat seinen DJ-Namen vor vielen Jahren aus diesem Polizei-Drama genommen. Offenbar gab es aber auch jemanden bei Powerman 5000, einer Band, deren Musik wir uns nie angehört hätten, der diesen Namen ausgewählt hat. So einfach ist das Gerücht entstanden. Das ist ziemlich dämlich…

Eure Band ist von Limp-Bizkit-Frontmann Fred Durst entdeckt worden. Wie kams dazu?
Ein sehr guter Freund von mir, mit dem ich aufgewachsen bin, hatte eine Band, die von Fred unter Vertrag genommen wurde. Er fragte uns also eines Tages, ob wir bei Fred vorspielen könnten. Und als der uns zum ersten Mal musizieren hörte, war er sehr mitgenommen und wollte uns unbedingt unter Vertrag nehmen.

Crème brûlé

MidlakeWas hören, wenn die Hitze drückt und die Haut klebt. „Crème brûlé“ von Sonic Youth? Auch eine Möglichkeit. Eine Alternative wäre zum Beispiel Midlakes („The Trials of van Occupanther“) Indie-Pop-Folk, der das überhitzte Hirn mit erquickenden Melodien, sauberen und scharf geschliffenen Riffs, treibenden Schlagzeugbeats, überraschenden Synthesizer-Streuseln und die Seele streichelnden Lyrics überflutet.

Von Midlake gehts weiter zu Jonathan Meiburg und Kumpel Will Sheff, die ebenfalls aus Texas kommen, genau wie Midlake. Jonathan Meiburg hat einen Masters in Geographie und einen Bachelor in Englisch. Das prädestiniert ihn zwar nicht zum Ornithologen, trotzdem verbrachte er die letzten sechs Jahre damit, den caracara austral zu studieren, eine südamerikanische Vogelart. Nebebei veröffentlichte er mit Shearwater („Palo Santo“) und Okkervil River („Black Sheep Boy“ und „Black Sheep Boy Appendix“) ebenfalls Indie-Pop-adaptierte Folk- und Singer/Songwriter-Musik. Etwas weniger episch als Midlake, dafür auch etwas melancholischer. Gerade richtig, um in der Sommhitze zu braten.

Wie eine frische Brise kommt dann Cassettes Won’t Listen daher, der sich weniger mit Folk beschäftgit, als viel mehr mit Indietronic und Covers unter anderem auch Midlakes „Young Bride„.

Die Brise brachte die erhoffte minimale Abkühlung. Der Abend bringt nicht nur angenehmere Temperaturen, sondern auch die Lust auf etwas seelenvergnügtere Musik. Sound Team („Movie Monster“) passen da perfekt. Etwas New Wave, aber ja kein Franz-Ferdinand-Animiergehabe, aber trotzdem etwas Munteres. Sorgenlose Klänge mit etwas Tiefgang.

My Brightest Diamond

mybrightestdiamond.jpg

Noch nie war ich im Nachhinein so enttäuscht, eine Vorband verpasst zu haben. Damals, am 23. Oktober 2005, spielte My Brightest Diamond vor Sufjan Stevens im Clubraum der Roten Fabrik in Zürich. Ich hab sie verpasst. Wer weiss, wann sie wieder kommt? Vielleicht noch dieses Jahr, um ihr erstes Album zu promoten, das am 22. August erscheinen wird. Also: Kauft das Werk, wenn’s dann erscheint, Ende August. Damit sie auch zu uns kommt, die Spitze von Sufjans Pyramide.

Englisches Smörgåsbord

Gepfiffene Themen sind höchst heikel, weil strapazierte Nerven nicht weit sind. Nicht so bei Peter Bjorn and Johns „Young Folks„. „Writer’s Block“ (Wichita/TBA), das nun veröffentlichte Album der Schweden mit dem Preif-Hit, verströmt nun zusätzlich zehn Mal Wind-durchs-Hahr-Sonne-auf-der-Haut-Bier-in-der-Hand
-Stimmung. Locker und simpel gerieren sich die Stücke. Die Beatles sind nicht weit. Auch Belle and Sebastian machen ihre Aufwartung. Die Stimmung bleibt jedoch eher gedrückt, vor allem auch verglichen mit den beiden Vorängeralben, die weitaus fideler daherkamen. Schwedens Sonne scheint halt nicht gar so doll, England ist sowohl geographisch als auch bezüglich musikalischem Einfluss sehr nahe und die Bäuche sind voll vom Smörgåsbord. Trotzdem ein gutes Album, vor allem weil „Young Folks“ nicht der einzige Hit auf „Writer’s Block bleibt.

Far Away by my Side“ (aus dem Album „Falling Away“) [audio:http://parasol.com/mp3/Peter%20Bjorn%20And%20John%20-%20Far%20Away,%20By%20My%20Side.mp3]

Die neuen Frauen von Cityslang

justineelectra.jpgDas deutsche Plattenlabel Cityslang hat sich einst darauf konzentriert, gute US-amerikanische Bands für Veröffentlichungen in Europa unter Vertrag zu nehmen. Das tut es zum Teil auch heute noch, mit Bands wie Lambchop oder Calexico. Dazugekommen sind in den letzten Jahren aber auch deutsche Acts wie The Notwist oder Schneider TM. Zu den ganz grossen Cityslang-Entdeckungen dieses Jahres gehören aber zwei Frauen, die viel verbindet und dennoch unterschiedlicher nicht klingen könnten. Amy Millan ist Mitglied der kanadischen Bandkollektive Broken Social Scene und Stars. Dort beschäftigte sie sich bisher mit der neuesten Entwicklung, gemässigten nordamerikanischen Indierocks. Als Solokünstlerin geht sie vielmehr der Frage nach, wie man Leuten unter Dreissig den amerikanischsten aller Stile näher bringen kann: Country. Das macht sie so charmant und cool, dass „Honey From The Tombs“ dieser Tage zur Stammbesetzung in der Stereoanlage ihrer Zielgruppe wird.

Anders geht es die australische Wahlberlinerin Justine Electra (Bild) an. Sie mischt auf ihrem Début „Soft Rock“ elektronische Samples mit traditionellem poppigen Songwritertum. Live macht sie das – wie Leslie Feist oder Laura Veirs – mit Loops. Das hat den Cityslang-Gründer Christof Ellinghaus so sehr entzückt, dass er ihr nach einem Auftritt in einem Berliner Club eine Demo-CD für 10 Euro abkaufte. Was er darauf entdeckte, hat ihn so berührt, dass er sie umgehend unter Vertrag nahm und daraufhin einen zweiseitigen Promotext über seine Erlebnisse mit der Demo-CD verfasste. Und tatsächlich: Justine Electras akustische Ausstrahlung inspiriert ungemein. Die Tochter australischer Hippie-Eltern und Absolventin eines Studiengangs für zeitgenössische Musik spielt mit allen möglichen Finessen des dunklen Songwritertums. Die akustische Gitarre paart sich mit rauen Samples, mit Gesprächsfetzen und einem Balaleika. Dann erscheinen plötzlich Achtzigerjahre-Synthies im Hintergrund um nachgeahmte Soldaten-Gesänge zu unterstreichen. Wunderbar verrückt.

Videos:

Justine Electra: „Fancy Robots“

Amy Millan: „Baby I“

Sommerloch? Ne.

Die geplante Brecht/Weill-Adaption von Slut wird nicht erscheinen, weil da ein paar Leute was dagegen hatten. Lest selbst. Viele andere Zangen- und Spätgeburten haben diese Woche aber wider erwarten doch noch das Licht der Welt erblickt. Pharells neues Album „In My Mind“, dessen Veröffentlichung ständig wieder aufs Neue verschoben wurde, materialisiert sich endlich auch ausserhalb der Gedanken des Neptunes-Masterminds. Tom Petty macht nach vier Jahren Absenz wieder von sich hören. Tapes N Tapes, die in Amerika schon lange als Hoffnung gelten, haben es über den Atlantik geschafft. Lemmy war immer da, doch die New York Dolls sind zurück, inkl. Plateaustiefel und Lippenstift. Und Jurassic 5 werden von ihrem neuen Album wohl in die Charts katapultiert.

Auf die neue Scheibe von Kenny Anderson a.k.a. King Creosote hingegen hat wohl niemand gewartet. Auch ok so. Behalten wir für uns, wie schönen schlauen Folk der Schotte macht. Von wegen Sommerloch. KC Rules! Ohne Frage.

Tom Petty – „Highway Companion“ (Warner)

King Creosote – „KC Rules OK“ (Warner)

Jurassic 5 – „Feedback“ (Universal)

Pharell – „In My Mind“ (EMI)

Tapes N Tapes – „The Loon“ (XL/Musikvertrieb)

Nasio Fontane – „Universal Cry“ (Greensleeves/Musikvertrieb)

New York Dolls – „One Day It Will Please Us To Remember Even This“ (Musikvertrieb)

V/A (u.a. Madvillan/Quasimoto/J Dilla) – „10 Years Of Stone Throw“ (Musikvertrieb)

Motörhead – „Kiss Of Death“ (Phonag)

Don’t Fuck With Love

Ein so schön zweideutiger Songtitel und ein noch schöneres Video von The Sad Little Stars von einem überaus (mit grossem Ü eigentlich) sympathischen Singer/Songwriter-Duo aus New York.