78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Alle 1294 Artikel von Ralph Hofbauer

(F)artist

Uuups. Womit wir auch schon beim Thema wären. Joseph „Le Pétomane“ Pujol war Ende des 19. Jahrhunderts einer der bestbezahltesten Artisten Frankreichs, denn er hatte eine besondere Gabe. Er war ein Furzvirtuose. Als Headliner des Moulin Rouge unterhielt er sein Publikum unter anderem, indem er Kerzen ausfurzte oder auf einer Okarina populäre Stücke knatterte.

Diese Studie hat übrigens herausgefunden, dass von allen ekligen Geräuschen, die Menschen machen können, pupsen als eines der harmlosesten eingestuft wird. Auf Platz 1.

La Blogotèque, c’est magnifique!

Auf die magnifique Blogotèque wurde bereits einmal hingewiesen, doch die „Concerts á emporter“ des besten frankophonen Musikblogs bleiben weiterhin so extraordinaire, dass ein zweites Mal nicht schaden kann. Les Nouveautés: Mit Ed Harcourt und Eric Truffaz trifft Ausnahmestimme auf Ausnahmetrompete und die jüngste Folge zeigt eagle*seagull, von deren formidablen Auftritt im Mascotte hier gar nie geschwärmt wurde. Doch Sprachlosigkeit ist wohl die aufrichtigste Geste, das Unbeschreibliche zu kommentieren. (apropos: Carrie, your beauty is a knife I turn on my throat)

Iggy never pulls back

jdw, einer unser treuesten Leser, Kommentatoren und Promo-Zulieferer, hat neben einer Band auch ein Magazin über Bands, wo er dank überdurchschnittlichen Fachkenntnissen zuverlässige CD-Kritiken verfasst, die sich im Gegensatz zu unseren Zeit nehmen, der Materie gerecht zu werden. In der Regel spricht er mir aus dem Herzen, doch als ich unter dem Titel „Faltenrock“ einen lakonischen Verriss der neuen Stooges-Platte „The Weirdness“ (VÖ heute bei Virgin/EMI) las, traute ich meinen Augen nicht: „…abgedroschene Rock’n’Roll-Klischees galore, ein Sänger der mehr nölt als zu singen, monotone Riffs und ewig gleiche Rhythmen, dazu sehen sie auch noch Scheisse aus…“

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Lieber Jonathan, ich muss dir widersprechen. Natürlich ist bei jeder Reunions-Platte Skepsis angebracht und sie sehen wirklich Scheisse aus, da geb ich dir Recht. Aber sahen sie nicht schon immer Scheisse aus (s.u.)? Und waren die Stooges nicht schon damals gerade deswegen so toll, weil sie inmitten des Age-Of-Aquarius-Hippie-Schalala und den ganzen bombastischen Glam- und Konzeptrock-Opern so nölig waren? Zählen ihre Frühsiebziger-Platten nicht gerade wegen ihrem gelangweilten Nihilismus zu den besten Rockalben?

Innovation darf für diese Platte kein Kriterium sein. Ähnlich wie Nick Caves Grinderman-Projekt zeigt auch „The Weirdness“ einen Mann, der ins Alter kommt, sich aber mit einem 40-minütigen Freakout erfolgreich gegen jegliche Verkrustungserscheinungen zu wehren weiss. Klar, Iggy ist vielleicht nicht ein so grosser Meister der Sprache und der Dynamik wie Nick Cave, ein neues „I Wanna Be Your Dog“ ist auf „The Weirdness“ nicht drauf und eine heroinöse Ballade wie „Gimme Danger“ gibts auch nicht. Aber hey, die Typen gehen gegen die 60 und rocken wie Sau. Und das ohne Klischees, vielmehr mit Selbstironie: „I pulled up to the ATM (=Bankomat), oh my, what a rich fool I am“.

Nein Jonathan, du musst gar nicht erst zum Gegenschlag ausholen. Muskelprotz Henry Rollins ist auf meiner Seite: „Iggy never pulls back. He is, quite simply, the best. This is fact, not opinion.“

10 arbeitslose Tribute-Bands?

Was mich noch mehr interessiert als die Ticketpreise für die Police-Reunionskonzerte, ist die Frage, wie die zehn (1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10) auf die Schnelle ausfindig gemachten Police-Tributebands auf die Rückkehr ihrer Helden reagiert haben. Hat ihr Leben jeglichen Sinn verloren, weil sich alle nur noch für das Original interessieren? Oder fühlen sie sich bestärkt in ihrem Tun und freuen sich auf neues Songmaterial? Die Tourpläne der Policetribute-Bands (mit Stimmungskanonenkonzerten in Festsälen, Holiday-Centern und auf Piazzas) stützen letztere These ebenso, wie dieses Inserat.

Bild: „Europes finest Police-Tributeband“, Reggata De Blanc

It’s the singer, not the song

Nick Drake, der posthum zum Säulenheiligen des Singersongwritertums erklärt wurde, war zu Lebzeiten kein grosser Erfolg beschieden. Entweder war seine Musik zu gut für die Masse oder er hatte einfach keinerlei Popstarambitionen. Sein Produzent Joe Boyd versuchte 1970 den Erfolg des Engländers vergeblich anzukurbeln, indem er Elton John vier Songs von Drakes unübertroffenem Debut „Five Leaves Left“ covern liess, die aber nie offiziell veröffentlicht wurden. Nun sind die Drake-Covers webweit hörbar.

Deutlich wird: It’s the singer, not the song…

Elton John – „Day Is Done“ / „Way To Blue“
[audio:http://www.tannforsen.com/nickdrake/music/Day_Is_Done.mp3][audio:http://www.tannforsen.com/nickdrake/music/Way_To_Blue.mp3]

obskuradio Vol.1: Ces bottes sont faites pour marcher

Willkommen in der obskuren Welt von obskuradio. Wöchentlich wird diese klingende Kolumne ihre Hörer mit verkannten Genies konfrontieren, deren musikalische Brillianz bislang in den Katakomben der Popgeschichte vor sich hingammelte. Obskuradio taucht nach Perlen im Ocean of Sound und bringt sie ans Licht. Man freue sich auf rätselhafte musikhistorische Funde, seltene Klangfossilien und unerhörte Tontrouvaillen. Man staune, lache, tanze. Zum Auftakt am besten alles gleichzeitig. Für die Pilotsendung gibt Eileen den ersten feministischen Nr.1-Hit en français zum Besten:

[audio:http://www.78s.ch/wp-content/uploads/2007/02/03-eileen_-_ces_bottes_sont_faites_pour_marcher.mp3]

Hazmat Modine: Alles hängt mit allem zusammen

1932 in einem Cabaret in Harlem: Elegante Erscheinungen mischen sich unter heruntergekommene. In den Hinterzimmern wird kopuliert und Heroin konsumiert. Die Bar ist verraucht, eine betrunkene Band betritt die Bühne. Zum Erstaunen des Publikums erinnert ihre Musik nur entfernt an den Jazz, den man sich hier gewohnt ist. Sie klingt auch anders, als die der blinden Strassenmusiker an der Ecke oder der Dixiekapellen auf dem Land. Sie lässt das Publikum die exotischen Destinationen erahnen, von denen die Matrosen erzählen.

Hazmat Modine machen Musik, die so gut ist, dass es sie eigentlich schon mal gegeben haben müsste. Gegeben hat es bislang lediglich die Zutaten des seltsamen Gebräus aus Blues, Swing, Hillbilly, Klezmer, Calypso, mongolischen Kehlkopfgesängen und Balkangeschepper. Die New Yorker verwenden Mundharmonika, Banjitar und andere Instrumente, die im Computerzeitalter nichts verloren haben. Ihr Debut „Bahamut“ (Barbés Records/Karbon) klingt in etwa so, wie wenn Tom Waits zusammen mit den Dead Brothers auf Weltreise ginge. Die Parallelen zwischen der genialen Verrücktheit der Musik von Hazmat Modine und der Absurdheit der Legende des Bahamut (die in Final Fantasy ebenso auftaucht, wie im Alten Testament) werden im Titelstück deutlich, das Folgendes erzählt:

„The entire known universe floats suspended in a thin silver bowl, which rocks gently on the back of an immense blue-green tortuga. And the tortuga’s feet are friendly placed on the topmost of seven cranky mountains, which arise from a vast plain of drifting yellow dust. And the plain is bounced precariously on the top of a small thin green tree, which grows from the snout of a giant blood red ox, with fifty eyes of the colour of the midnight sky. And the oxes hooves are placed on single grain of sand, which flows in the eye of Bahamut. No one has ever seen Bahamut. Some think it’s a fish. But all we know is that the lonely Bahamut floats endlessly through all time and all space with all of us and everything in a single tear of his eye.“

Auf Entzug

Nach eineinhalb Jahren hat dieses Ding den Geist aufgegeben. Zum Glück hat das Ding zwei Jahre Garantie und ich habe ausnahmsweise sogar die Quittung wiedergefunden. Also nichts wie hin zum Händler. Der meinte, man müsse das Ding eventuell nach Korea einschicken. Mit zittrigen Knie verliess ich das Geschäft. Cold Turkey! Tage, Wochen – Monate vielleicht – muss ich ohne mobile Musik auskommen. Ich versuche tapfer zu sein und schlag mir die Idee, als Übergangslösung einen M-Budget-Player anzuschaffen, aus dem Kopf.

Qualitativ hochstehende Stille: Dakota Suite

Quiet Quality (QQ) ist ein Schlagwort aus den USA für „alles, was nicht schreit und sprizt“, wie es der federführende Titanic-Autor Max Goldt ausdrückt, der sein neues Buch „QQ“ nennt, deswegen aber wohl kaum leisere Töne anschlägt.

Dakota Suite aus Leeds sind ein Paradebeispiel für Quiet Quality. Auf ihrem neuen Album „Waiting For The Dawn To Crawl Through And Take Your Life“ (Glitterhouse/recrec) blasen sie einmal mehr Trübsal, ohne weinerlich zu wirken. Superstiller Sadcore-Seelenbalsam inkl. Bonus-DVD mit Band-Doku.

Ausverkauft

Freu! Frohlock! Feierkuchen! Tickets fürs Konzert von Bonnie Prince Billy gekrallt. 40.- ist für ein Konzert im El Lokal zwar eine ganze Stange Geld, aber das ist ja bekanntlich zum Ausgeben da. (Trotzdem: Marco, Michi und Sven, her mit der Kohle! Menzl: Hättest du doch das Fon abgenommen! Wollte nachfragen, ob du nicht auch ein Ticket willst. Du hast dich ja zwar hier mal leicht despektierlich über den Prinzen geäussert, deshalb hab ich nun leider keins für dich. Selber Schuld!)