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Golden Gunn: zwischen hier und irgendwo

Von    |   20. Mai 2013   |   0 Kommentare

Traditionelle amerikanische Gitarre trifft auf Space-Age Country.

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Die amerikanische Gitarrenschule ist stark beeinflusst von John Fahey. Kein ambitionierter Gitarrist kommt am American Primitive oder der Takoma Schoool vorbei. Der von Fahey begründete Stil, die Akustikgitarre zu zupfen und sie an weitverzweigten Einflüssen entlangschweifen zu lassen, ist bis heute eine gewaltige Inspirationsquelle für Musikerinnen unterschiedlichster Couleur. Die akustische Gitarre in diesem Umfeld wurde über die Zeit hinweg immer sehr puristisch gespielt. Hört man Alben von Leo Kottke, Robbie Basho oder solche neueren Datums von Jack Rose etwa, bemerkt man, dass diese Aufnahmen nie von üblichem Band-Werkzeug flankiert sind. Üblicherweise werden neben der Gitarre keine weiteren Instrumente geduldet, was angesichts der Finessen und Nuancen der Kompositionen nicht weiter verwundert.

Ungewohnte Gefilde sind es demnach, in welche die Kollaboration „Golden Gunn“ führt. M. C. Taylor und Scott Hirsch, die Männer hinter dem Folk-Rock-Kollektiv Hiss Golden Messenger schliessen sich Steve Gunn an. Gunn ist ein verdienter Sologitarrist aus Brooklyn, welcher sich in der Tradition Fahey’s sieht. „Golden Gunn“ wird von der Gitarre dominiert. Sie bleibt aber der Tradition nicht durchwegs treu und driftet oft in Richtung Space-Age Honky-Tonk. Das starre Korsett der Tradition wird weiter aufgeweicht durch M. C. Taylor’s spärlichen Gesang und die programmierten Drums. Schliesslich ergibt sich ein ähnlicher Effekt, welcher gewisse Sly Stone Songs so entrückt klingen lässt. Gewisse traditionell behaftete Elemente treten umso klarer hervor, dank dem Kontext, in welchen sie eingebettet sind.

„Golden Gunn“ wurde, glaubt man der Legende, von einem gewissen Dickie Silk kuratiert. Auf der Internetseite der Plattenfirma wird er als Guru und Maskotte des Albums bezeichnet. Er soll nicht weniger als 900 Klingeltöne komponiert haben, wovon einige in einem AOL Chatroom verkauft worden seien. Diese beachtliche Leistung lenkt nicht davon ab, dass Dickie Silk in erster Linie ein Trucker ist, zu Hause auf den staubigen Strassen zwischen hier und irgendwo. Genau so klingt „Golden Gunn“: eine geschickt abgewogene Mischung aus Psychedelik und Tradition. Gunn’s akustischer Gitarre bleibt die Oberhand in den Instrumentals, während Songs wie „The Sun Comes Up A Purple Diamond“ von Tylor in den interstellaren Overdrive gesteuert werden.

Die 900 Kopien, welche Dickie im April zu Markte trug, sind vermutlich längst vergriffen. Das Album ist aber digital gut verfügbar.

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