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Helado Negro

Von    |   14. März 2013   |   0 Kommentare

Helado Negro’s neues Album ist eine Hymne an die Unscheinbarkeit.

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„Invisible Life“ ist ein Abbild der Literatur von Marcel Proust. Der Gegenstand selbst weist keinerlei Ungewöhnlichkeit auf. Nichts, woran sich die aufgeregten Sinne der Ästhetin laben könnten – keine Kante am Bauwerk, welche die Kontur bricht, kein Schnitt an der Couture, welcher die Form fällt und sie neu stilisiert. „Invisible Life“ ist ein Feind der Erneuerung. Roberto Carlos Lange zerpflückt darauf das Allgegenwärtige und lässt es durch Sequenzer und analoge Gerätschaften rieseln, als wären es Sandkörner in einer grossen Sanduhr.

Das dritte Album des Südamerikaners unter dem Namen Helado Negro ist wohl der bisher ambitionierteste Versuch, dem Format gerecht zu werden. „Invisible Life“ erzählt von Schall und Wahn einer vergangenen Tanznacht und stösst mit runden Bässen den Herzschlag in den Schädel. Die ausladenden Flächen von „Awe Owe“ und „Canta Lechuza“ – den beiden Vorgängern – sind auf dem jüngsten Album sorgfältig gerastert. Diese verkappte Tanzrhythmik, in Kombination mit Lange’s gedehnten Silben, funktioniert als Meister der Betäubung.

Woher kommt also das Betörende an dieser unscheinbaren Musik? Es ist die Meditation am einfachen Gegenstand – Helado Negro hat auf „Invisible Life“ den Blick geschärft für die Beiläufigkeit. Und es ist als glanzvolle Leistung zu taxieren, diesen Geist auf dem Album so spürbar zu halten. Freilich ist dafür ein Moment der Musse nötig, welcher vom Konsumenten dem beschädigten Leben abgerungen werden muss.

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