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Platte der Woche: James Blake – s/t

Von    |   8. Februar 2011   |   3 Kommentare

Die EPs von James Blake waren der grosse Geheimtipp des letzten Jahres. Das Debütalbum des britischen Wunderkinds dürfte den elektronischen Konsens dieses Jahres bestimmen.

Die Erwartungen an das Debütalbum von James Blake sind gross. Der Brite gilt als Wunderkind des Post-Dubstep und belegte Rang 2 der aktuellen BBC-Newcomer-Shortlist. Die Vorschusslorbeeren, die mit den drei EP-Releases vom letzten Jahr einhergingen, brachten dem 21-Jährigen einen Vertrag mit Universal ein.

Die Devise des jungen Londoners lautet: Je grösser die Leerstellen, umso grösser die Melancholie. Pausen sind in dieser Musik fast genauso wichtig wie Töne. Doch statt wie im Dubstep übermächtig zu wummern, pochen die Zeitlupen-Beats bei Blake lediglich dezent. Sub-Bässe sind nur als entferntes Echo einer Warehouse-Party präsent. Die Parallelen zu den ebenfalls als Post-Dubstep verhandelten Mount Kimbie sind offensichtlich, ein Vergleich, der von gegenseitigen Remixes untermauert wird.

Waren die ersten Maxi-Singles des diplomierten Popmusikstudenten, der die Rollen des Produzenten, Komponisten und Musikers in sich vereint, noch vorwiegend aus Gesangsschnipseln zusammengesetzt, rückt Blake auf seinem selbstbetitelten Debütalbum die Vocals in den Vordergrund. Dabei entpuppt er sich – nicht zuletzt Dank der vielen Effekte – als höchst wandelbarer Sänger: „Lindesfarne“ erinnert an Bon Iver’s Auto-Tune-Experiment „Woods“, „Give Me My Mouth“ lässt für Momente an das Falsett von Antony denken und das abschliessende „Measurements“ klingt nach Jamie Lidell auf spiritueller Heilssuche. Begleitet von verwaschenen Casio-Keyboards und kontemplativen Piano-Akkorden singt Blake den Gospel des digitalen Zeitalters.

Das Stück mit dem grössten Pop-Appeal ist ohne Frage das Feist-Cover „Limit To Your Love“, das es schon im letzten Jahr als Vorab-Single in die UK-Charts geschafft hat. Der als Dub-Version interpretierte Ohrwurm von 2006 ködert den Hörer mit der einfach genialen Piano-Hookline des Originals und nicht minder herzerwärmendem Gesang. In Stücken wie „Wilhelms Scream“ erinnert der abstrakte Soul von Blake im Entfernten an R&B-Balladen, dennoch verkörpern seine Songs das pure Gegenteil: Statt auf exaltierten Bling trifft man auf eine sensible Innerlichkeit, die für Burial-Jünger ebenso anschlussfähig sein dürfte wie für Fans von The XX.

James Blake beweist mit seinem Debüt, dass weniger mehr ist. Insofern kann der junge Brite die grossen Erwartungen einlösen. Allerdings weckt die kurze Spielzeit von 38 Minuten – inklusive einem längst bekannten und noch dazu geklauten Hit – nur noch grössere für die Zukunft.

> Albumstream James Blake s/t

James Blake – Limit To Your Love (Feist-Cover):

[youtube oOT2-OTebx0]

3 Reaktionen

  1. #1 nico

    16:25 Uhr, 8.2.2011, Link

    „Begleitet von verwaschenen Casio-Keyboards und kontemplativen Piano-Akkorden singt Blake den Gospel des digitalen Zeitalters.“ touché! anti-soul? zeitgeist-soul?

  2. #2 daja

    10:54 Uhr, 10.2.2011, Link

    weiss jemand, wem die wunderschöne weibliche stimme gehört auf dem track ‚to care (like you)‘ oder ist er das sogar selber?

  3. #3 JV

    00:30 Uhr, 12.2.2011, Link

    gelungene platte mit ebenso gelungenen text/review herr hofbauers!

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