Kid Ikarus verleiht Flügel
Von Ralph Hofbauer | 1. Oktober 2010 | 7 Kommentare
Kid Ikarus setzen endlich zum grossen Höhenflug an. Das Zürcher Quartett kommt mit seinem Debütalbum der Sonne gefährlich nahe, ohne sich daran zu verbrennen.
Lassen wir das P-Wort mal aussen vor und behaupten: Kid Ikarus sind die mitreissendste Instrumental-Rockband der Schweiz. Manche halten sie für die Mono des Westens, andere sehen in ihnen gar die Erben Mogwais. Egal welchen Namen man zum Vergleich heranzieht, die schiere Wucht dieser Musik spricht für sich.
Majestätisch breiten die Songs ihre Flügel aus und ziehen über Wälder und Wiesen hinweg. Sie folgen einem Fluss, der allmählich zum Strom anschwillt, um sich schliesslich im Ocean of Sound zu ergiessen. Hoch über den Wellen schwebt Kid Ikarus, der Sonne gefährlich nah. Zum Absturz kommt es im Laufe des selbstbetitelten Debütalbums allerdings nicht. Nach sanfter Landung scheint eine Ewigkeit vergangen. „Sinking Ships“ hat die 10-Minuten-Marke überschritten als letztlich die Ruhe nach dem Sturm einkehrt. Der ebenso lange Aufstieg auf „White Chapel Hill“ wird mit einer fabelhaften Aussicht auf das Gitarrenmeer belohnt.
Nach drei in Serie veröffentlichten EPs haben Kid Ikarus endlich den Longplayer eingespielt, der ihren Ruf als hochkonzentrierte Live-Band zementiert. Die in Eigenregie entstandene Produktion klingt wie ein perfekt austarierter Konzertmitschnitt. Nur auf den Applaus wartet man vergeblich, so verdient er auch wäre. Das Quartett hat das Spiel mit der Dynamik über die Jahre perfektioniert. Zarte Anmut wird zur erhabenen Naturgewalt, wenn das stille Flirren zum brachialen Tosen anwächst. Mit himmlischem Lärm bringen Kid Ikarus den weltlichen Krach zum Schweigen.
So kommt man um das P-Wort dann eben doch nicht herum. Auch wenn es reichlich spät kommt, ist das Debüt von Kid Ikarus wohl so etwas wie das definitive Deutschschweizer Post-Rock-Album. Endlich steht „Heal All Monsters“ nicht mehr alleine da – auch wenn das natürlich zwei verschiedene Paar Schuhe sind: Während Honey For Petzi ihre Haken in sportlichen Sneakers schlagen, brauchen Kid Ikarus keine Schuhe, denn ihre Musik verleiht Flügel.
> Kid Ikarus s/t im 78s-Soundsystem anhören
> Das von Irascible vertriebene Album ist als Download, CD und LP beim Ikarus Records Mailorder oder im gutsortierten Plattenladen erhältlich.
> Kid Ikarus auf Tour:
2.10. Balkon Radio Stadtfilter, Winterthur
4.10. Hafenkneipe, Zürich (Plattentaufe)
6.10. Grabenhalle, St. Gallen
8.10. Sedel, Luzern
9.10. KuZeB, Bremgarten
10.10. Schlachthaus, Dornbirn
12.10 Trillke Gut, Hildesheim,
13.10. Drucklufthaus, Oberhausen
14.10. Cairo, Würzburg
15.10. Schokoladen, Berlin
16.10. Aaltra, Chemnitz
11.12. Salzhaus, Winterthur
7 Reaktionen
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18:16 Uhr, 2.10.2010, Link
Mit dem kleinen Unterschied vielleicht, dass Anno „Heal All Monsters“ Post-Rock noch absolut der letzte Schrei war…
19:28 Uhr, 2.10.2010, Link
Wen interessiert schon, was der letzte Schrei ist.
19:47 Uhr, 2.10.2010, Link
Buseli hat schon recht. Aber wenn man immer wie der letzte Schrei klingen will, müsste man als Band circa alle drei Jahre den Stil wechseln und das wäre, so vermute ich mal, nicht besonders glaubwürdig.
11:42 Uhr, 3.10.2010, Link
Kid Ikarus klingt immer wie der letzte schrei! aber ja, wen kümmert’s… gute musik bleibt gut.
18:22 Uhr, 3.10.2010, Link
Von Instrumentalmusik will ich gar keinen Schrei hören.
12:14 Uhr, 4.10.2010, Link
platte verhebet von a bis z! muss man mal live erlebt haben, geht unter die haut. heute abend wäre eine gute gelegenheit…
22:59 Uhr, 5.10.2010, Link
…das konzert welches in dornbirn stattgefunden hätte wurde nach feldkirch verschoben. im schlachthaus hat das feuer gewütet: http://en-gb.facebook.com/pages/Dornbirn-Austria/Kulturcafe-Schlachthaus-Dornbirn/257707090635
das hat mir einen stummen schrei entlockt…und es war sicher nicht der letzte ; )