78s has left the building. ¯\_(ツ)_/¯

Das Zürich Openair nach der Taufe

Von    |   31. August 2010   |   13 Kommentare

Viel zu reden gab es, das nun gebührlich getaufte ZÜRICH OPENAIR. Was aber bleibt zurück ausser Katerstimmung und Dreck?

Sleepy Sun lieferte den perfekten Auftakt und unterstrich mit nonchalanter Eleganz den Anspruch, die momentan beste PsychRock-Band der Welt zu sein. Dazu erste Seifenblasen und letzte Sonnenstrahlen vor der Sintflut.

Courtney Love bleibt trotz solider Show eine der zu vielen Personen, denen alle Welt Geld in den Hintern steckt für nix Besonderes. Dieses hätte man angesichts der „organisatorischen Kinderkrankheiten“ besser investieren können.

Schon ab der Wucht und Komplexität von Health war die Riot Bitch wieder vergessen. Vive La Fêtes elektrisierende Show bot dem Regen noch Paroli, The Hives weniger und während Kashmir versickerte die Lust auf Placebo langsam im Bier und Matsch.

Mando Diao – hört man munkeln – wurden zwar am Flughafen verschusselt, liessen sich aber beim routinierten Auftritt nichts anmerken. Das Rckstr-Halli Galli im Party-Zelt nebenan übertönte I Am Kloot, The XX boten eine grandiose Clubshow und Faithless pushten it mit einzwei Klassikern „to another level“, den Underworld beinah halten konnte.

Die wunderbare Stimme von JJ schien sich ab ihrem Konservensound selber zu genieren und Jonsi flippte aus, ohne dass man’s ihm wirklich abnahm. Kate Nash trocknete mit Langeweile den ersten Schlamm, während Gemma Ray ihre Gitarre mit einem Fleischermesser traktierte. Belle & Sebastian waren ganz nett, aber vermochten die aufkommende Katerstimmung nicht recht zu vertreiben. Was auch der Ausblick auf das finale Massengepoge zu The Prodigy nicht schaffte.

Zum Glück der Veranstalter wurde die zweite Premiere des Festivals nach Anfangsschwierigkeiten zum Selbstläufer: Die beherzten Auftritte der Bands, der geduldige Einsatz der Helfer und die durchwegs friedliche Stimmung im Volk liessen die misslichen Umstände (immer wieder) vergessen.

Scheinbar wurde aber eher auf die Anziehungskraft der grossen Namen und Ist-doch-egal-Attitüde des Publikums gesetzt als auf Bierfluss-Garantie und vernünftigen Gehweg-Ausbau. Weil Zweckoptimismus den Notfallplan nur selten ersetzt, können nicht nur die Besucher fast froh sein, dass mit knapp 40’000 Nasen die Erwartungen nicht ganz erreicht wurden.

Zurück bleibt ein Feld, auf dem keine Knolle mehr wächst, eine sich in alle Himmelsrichtungen verlaufende Dreckspur und berechtigte Kritik als ernstzunehmender Lehrblätz für das OK. Auf hohem Niveau freilich, denn angesichts der Grösse und Sound- sowie Vergnügungsqualität war’s tatsächlich ein gelungenes Happening. Initiant Rolf Ronner kündigt jedenfalls schon vor Auswertung der Feedbacks an, dass „es nach einem solchen Start einfach weitergehen muss“.

So hartnäckig wie der Schlamm auf der Hose hält sich dann auch die Erinnerung an unzählige strahlende Gesichter, tanzende Gummistiefel und einige starke Konzerte. Eine ähnliche Sause in den nächsten Jahren wäre zu begrüssen – als unkomplizierte Abwechslung zum angestrengt coolen Zürcher Stadtalltag. Wenn beim angestrebten Bombast bloss auch ein Aug und Ohr auf die kommerziell weniger, aber musikalisch mindestens ebenso attraktiven Bands (und DJ’s) behalten wird.

Was hat Euch gefallen – und was weniger?