Lilium, eine unscheinbar prächtige Wüstenblume
Von Marco Durrer | 17. Juni 2010 | 1 Kommentar
Pascal Humbert ist Bassist und ruhender Pol von Wovenhand. Während es dort desöftern düster rockt, zeigt er mit Lilium, woher die Ruhe kommt.
Bei 16 Horsepower stand und Wovenhand steht er im Schatten von David Eugene Edwards. Auch bei seinem eigenen Projekt Lilium stellt sich Humbert vornehm in den Hintergrund.
Daran ändert sich trotz leichtem Besetzungswechsel auf dem dritten Album „Felt“ (Glitterhouse / Irascible) wenig. Während Kal Cahoone (Tarantella) und Hugo Race (& True Spirit, Dirtmusic, Gründungsmitglied Nick Cave and The Bad Seeds) dezent ihre Stimmfarben einbringen, lautmalt Humbert an wechselnden Instrumenten weiche Landschaften, die wie Aquarelle ineinander übergehen.
Das Thema der zweiten Platte „Short Stories“ zieht sich weiter. Wiederum sind die Songs bloss Andeutungen von weiterzuspinnenden Geschichten, vom heissen Wind herangetragen aus der kleinen Stadt, die man im Horizontgeflimmer zu erkennen glaubt. Die wenigsten haben ein Happy-End, aber strotzen in ihrer gemächlichen Dramaturgie doch vor Selbstzufriedenheit.
Seit 26 Jahren schon schlummern die Herzensangelegenheiten im Hinterkopf, brauchen reichlich Zeit zum wachsen, um auf Platte zu gedeihen wie eine unscheinbare, aber prächtige Lilie im Wüstensand.
Auch wenn die Neue nicht ganz so eindringlich bzw. einnehmend ist wie die Letzte, mit Lilium schafft Humbert sich und seinen Hörern eine Oase, ein Refugium der Kontemplation, das zum stärkenden Zwischenstopp auf dem Weg durch den nächsten Sandsturm einlädt.
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Eine Reaktion
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16:04 Uhr, 21.6.2010, Link
Seltsam, das mit der Selbstzufriedenheit hab ich bei Short Stories irgendwie auch immer so empfunden…