Heul doch! Musikdownloads müssen sterben.
Von David Bauer | 16. März 2010 | 51 Kommentare
Der nostalgische Musikliebhaber fragt sich bange: Gibt es Musik bald nur noch als Downloads? Nein, ganz im Gegenteil: Musikdownloads werden in den nächsten Jahren aussterben.
Bei Lichte betrachtet ist das Herunterladen von Musik nur ein krudes Übergangsmodell, das bereits jetzt daran ist, überflüssig zu werden. Selbst die angeblich so todgeweihte Compact Disc wird die Downloads mühelos überleben. Zwar gewinnen Downloads momentan noch weiter Marktanteile dazu. Im in dieser Hinsicht am weitesten entwickelten Markt, dem amerikanischen, sorgen sie inzwischen für ein Drittel der Einnahmen aus Musikverkäufen. Rechnet man Filesharing hinzu, so machen Downloads inzwischen die Mehrheit des Musikerwerbs aus. Doch dieser Trend täuscht. Was wir sehen, ist das Verglühen eines sehr kurzlebigen Vertriebsmodells.
Im Zeitalter von Breitbandinternet wird ein bislang grundlegendes Prinzip des Musikkonsums radikal in Frage gestellt: der Besitz von Musik. Bis vor wenigen Jahren musste, wer sich nicht den Launen von Radio und Musikfernsehen unterwerfen wollte, selber Musik besitzen, wenn er welche hören wollte. Sei das in Form von Schallplatten, Kassetten, Cds und zuletzt legal oder illegal heruntergeladenen Musikdateien. Musik auf Abruf gab es nur aus der eigenen Sammlung. Und diese musste stets gepflegt und erweitert werden.
« Musikbesitz ist heute hinfällig »
Die heutige Geschwindigkeit des Internets erlaubt es, Songs direkt aus dem Netz zu streamen, also abzuspielen ohne dass man sie selber besitzt. Millionen von Songs können jederzeit bei Diensten wie MySpace, YouTube oder Hypemachine kostenlos und ohne Registrierung abgespielt werden. Eine britische Studie aus dem Sommer 2009 hat gezeigt, dass Jugendliche zunehmend diese Form des Musikkonsums dem Downloaden vorziehen. Innert einem Jahr ist etwa der Anteil Jugendlicher, die Musik gratis aus dem Netz herunterladen, von 42 auf 26 Prozent gesunken. Wenn junge Menschen sogar die kostenlose Variante des Musikerwerbs zunehmend verschmähen, ist dies ein deutliches Zeichen. Offenbar haben die Menschen tatsächlich immer weniger Interesse daran, Musik zu besitzen.
Der Nachteil dieser Art, Musik zu hören: Man kann keine ganzen Alben am Stück hören und verliert schnell den Überblick, weil die Songs im ganzen Internet verstreut sind. Ein schlagendes Argument für die eigene Musiksammlung auf dem Computer, möchte man meinen. Aber auch hierfür gibt es bereits Abhilfe, etwa von der schwedischen Firma Spotify, deren Produkt so aussieht und funktioniert wie iTunes oder Windows Media Player. Bloss dass die Musikstücke nicht auf dem Computer gespeichert sind, sondern auf grossen Servern, die irgendwo in der Welt stehen können. Für einen monatlichen Betrag von 10 Euro erhält man das Recht, jederzeit auf den gesamten Fundus zuzugreifen.
« Die Musikdatei ist wertlos »
In Zukunft – und sie hat bereits begonnen – kauft man sich keine einzelnen Werke mehr, sondern den Zugang zu allen. Es gibt keine komfortablere und günstigere Art, jederzeit die Musik zu hören, auf die man gerade Lust hat. Auf der rein pragmatischen Ebene ist das das entscheidende Kriterium. Tonträger haben sich stets zur nächst komfortableren Handhabung hin entwickelt. Vinyl hat Schellack den Rang abgelaufen, weil die neuen Platten nicht mehr so leicht kaputt gingen. Die Cd hat der Vinyl-Platte den Rang abgelaufen, weil man leichter zwischen Songs hin und her springen konnte. Musikdateien laufen der Cd den Rang ab, weil sie sich besser verwalten lassen und deutlich portabler sind. Im nächsten Schritt stechen Streams die lokalen Musikdateien aus, weil sie ein grösseres Angebot bieten. Die Sammlung ist prallvoll und erweitert sich von alleine, so dass sie immer auf dem neuesten Stand ist. Wenn es rein um die Verfügbarkeit von Musik geht, ist Besitz heute hinfällig.
Natürlich gibt es noch die andere Seite. Einem echten Musikliebhaber reicht der reine Zugang zu Musik nicht aus. Eine emotionale Verbindung zu bestimmten Werken entsteht durch den bewussten Kaufakt und durch den tatsächlichen Besitz. Es ist das Bekenntnis eines Liebhabers zu einem bestimmten Werk, das er im Unterschied zu allen anderen besitzen möchte. Hier aber standen die Downloads schon immer schlecht da. Die Musikdatei, auch wenn sie durch den Download zum Besitz geworden ist, strahlt als solche nichts aus, ist wertlos. Eine Musiksammlung, die aus nichts als Bits und Bytes besteht, macht keinen Musikliebhaber glücklich. Die Überlegenheit des Musikbesitzes im Unterschied zum blossen Zugang liegt in ihrer physischen Präsenz. Man muss sie anschauen und anfassen können, muss Booklets zum Durchblättern haben. Vinyl-Platten – und mit Abstrichen auch Cds – sind Kunstwerke über die Musik hinaus, jede mit einer individuellen Ausstrahlung. So erstaunt es nicht, dass sich parallel zum Aufstieg digitaler Musik der Marktanteil von Vinyl seit 1999 wieder verdoppelt hat. Die physischen Tonträger kompensieren die Seelenlosigkeit der Bits und Bytes, die heute Musik am bequemsten zu uns bringen.
Natürlich verlangt der Musikkonsum der Zukunft nicht nach einem Entweder/Oder. Der Musikliebhaber wird seine liebsten Werke im Regal stehen haben und per Streaming-Abo Zugriff auf alle anderen haben. Bloss für Musikdownloads gibt es keinen Platz mehr. Ihr pragmatischer Wert ist überholt, einen emotionalen Wert hatten sie nie. Vermissen wird sie niemand.
Bild cc: Kevin Dooley
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10:25 Uhr, 16.3.2010, Link
„Eine Musiksammlung, die aus nichts als Bits und Bytes besteht, macht keinen Musikliebhaber glücklich.“
Ach so ist das also.
10:55 Uhr, 16.3.2010, Link
Streams sind aber bislang nicht besonders „portable“, oder?
Oder meinst Du, das kommt noch, ist also bloss ne technische Hürde?
10:57 Uhr, 16.3.2010, Link
Ehm, auch eine gestreamte Mediendatei wird – rein technisch gesehen – heruntergeladen und temporär auf dem Computer gespeichert.
Der grosse Unterschied – und ich glaube, auf den will der Artikel auch hinaus – ist nicht herunterladen vs. Streaming, sondern der Wechsel vom bisherigen Verkauf von Musik als (physischer) Besitz hin zum Verkauf reiner Nutzungsrechte.
10:59 Uhr, 16.3.2010, Link
Dem kann ich nur voll und ganz zustimmen – mir geht es nämlich ganz genau wie dir, David. Auch beim Kauf von Vinyl, alles richtig, Kauf der Platten, die man auch in ein paar Jahren mal noch gerne auflegt.
Hoffentlich werden auch weiterhin Vinyl produziert und gepresst, für die meisten Labels und Bands ist das ja offenbar eher ein Verlustgeschäft, oder?
11:01 Uhr, 16.3.2010, Link
Wie steht es um die Zensurproblematik, wenn die Musik nur noch auf Gross-Servern lagert, die von Leuten gemanagt werden, deren Interessen nicht unbedingt die ihrer Kunden sein müssen ?
11:26 Uhr, 16.3.2010, Link
Überzeugend argumentiert.
11:29 Uhr, 16.3.2010, Link
@Paul
Die Portabilität von Streams ist derzeit durch Bandbreiten und v.a. Kosten eingeschränkt – sowie durch die Tatsache, dass klassische Musikplayer noch nicht darauf ausgerichtet sind. Spotify beispielsweise bietet aber bereits mobile Applikationen an (für iPhone und Android), die es ermöglichen, Playlists offline verfügbar zu machen und damit unterwegs ohne Verbindungskosten abzuspielen. Die Songs werden dafür lokal gespeichert, müssen dafür aber nicht gekauft werden. Es bleibt also beim Prinzip des Zugangs anstelle des Besitzes.
@Remo Peter
Ich verstehe deinen Einwand nicht ganz. Zensur (etwa bei rechtsextremen Texten oder „Explicit Lyrics“) greift ja bereits heute, die ist unabhängig vom Vertriebsweg.
@gis
Ja
@Tom
Vinyl ergibt wohl auch in Zukunft vor allem Sinn als Imageträger und „Kundenbindungsmassnahme“.
11:38 Uhr, 16.3.2010, Link
Sehr interessanter Artikel. Für mich sind diese Streaming-Dienste aber erst interessant, wenn ich auch unterwegs Zugang auf die ganze Musiksammlung habe…
Ausserdem kaufe ich mir heute schon CDs und hör sie mir gar nie wirklich an, sondern nur deren gerippte MP3s, ich kauf mir die auch nur wegen dem emotionalen Wert.
11:53 Uhr, 16.3.2010, Link
Alles steht und fällt mit den neuen „Labels des Internetzeitalters“: die Telcos. Sobald die Flatrate für Mobile kommt, verkommen Downloads zu einem Nischenprodukt.
Vinyl als Kundenbindungsmassnahme? Für Musikliebhaber ist Vinyl the way to go und darum mehr als eine Kundebindungsmassnahme. Darum steigen ja auch die Absatzzahlen wieder. Heutzutage kann sich keine grössere Band mehr erlauben, kein Vinyl mehr zu produzieren. Wenn sie es nicht tun, wird der Ruf danach so laut, dass es spätestens ein Jahr nach Release eine Deluxe-Edition in Vinyl gibt.
12:03 Uhr, 16.3.2010, Link
Wie wahr. Die Ablösung dieses „Übergangsmodells“ durch Streaming lässt sich in letzter Zeit immer öfters beobachten. Bin mal gespannt wie sich Last.fm dieser neuen Ära anpassen wird/kann.
12:38 Uhr, 16.3.2010, Link
@David & Mathias:
So sehe ich das mit Vinyl prinzipiell auch. Aber gerade bei Indie Labels müssten dann die anderen Einnahmen zumindest die Kosten für die Vinyl überwiegen – was offenbar nicht immer gewährleistet ist. Kann man nur hoffen, dass Vinyl weiter anzieht und sich das von selbst erledigt :)
13:38 Uhr, 16.3.2010, Link
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Vinyl ist prinzipiell ein Verlustgeschäft. Aber der Gedanke hinter einer Vinyl ist ja auch nicht, Kohle zu machen, sondern den Fans und Musikliebhabern etwas Besonderes zu bieten…quasi ein Dankeschön. Manche Bands greifen dafür auch gerne mal in die eigene Tasche.
Ich mag es, wenn Bands (grosse wie kleine) wieder vermehrt Vinyl-Editionen veröffentlichen.
Oftmals wird erst bei einer Vinyl-Edition ersichtlich, wie sehr sich eine Band bemüht, den Fans etwas zu bieten.
In Bezug auf die Streaming-Zukunft bin ich noch ein wenig skeptisch, ob sich dies in den nächsten 2-3 Jahren durchsetzten wird.
Der Gedanke, nicht mehr für einzelne Songs, sondern für die Rechte am Hören aller Musik zu besitzen, gefällt mir persönlich jedoch sehr gut.
Mich nimmt nur eines Wunder, David: Auch wenn die CD überleben wird, warum sollte sich ein Label noch die Kosten einer CD-Produktion aufhalsen, wenn sie Musik ohne grossen finanziellen Aufwand an den Kunden bringen kann?
14:31 Uhr, 16.3.2010, Link
Musste jetzt länger rumlupen, um eine Sollbruchstelle in deinem Text zu finden, David. Was ist mit den Labels, speziell den Majors (mal abgesehen davon, dass die auch alle vor die Hunde gehen, jaja)? Die reaktionäre Sperrpolitik gegenüber Services wie Spotify oder Video-Portalen der Industrie-Dinosaurier ist m.E. der Wirt ohne den du hier die Rechnung gemacht hast. Zumindest kurz- und mittelfristig werden sich hier mehr Konflikte als Lösungen ergeben, wie mir scheint. Was ich mir vorstellen kann ist, dass in Zukunft sich Labels mit Telcos zusammen tun (z.B. O2 kauft EMI) und dann einen gemeinsamen Streaming-Service auf die Beine stellen. Der Dumme ist dann mal wieder der Kunde, weil er ein Abo vom EMI-Stream braucht für Coldplay, einen für den von Warner für die Beatsteaks und einen für den von … Kulturflatrate, anyone?
14:46 Uhr, 16.3.2010, Link
Die Labels betreiben keine Sperrpolitik gegen Spotify. Alle Majors halten namhafte Beteiligungen an Spotify. Natürlich stehen Spotify und alle seine Konkurrenzprodukte noch vor grossen Herausforderungen. Aber die disruptive Kraft des Modells ist so stark, dass es sich durchsetzen wird. In welcher Form auch immer.
14:50 Uhr, 16.3.2010, Link
Das sehe ich genauso wie du, aber warum ist Spotify noch nicht in jedem Land der Welt erhältlich? Wenn es nicht die Labels sind, an denen es hakt, dann an Institutionen wie SUISA oder GEMA. Alles was ich sagen will: Erst müssen die Dinosaurier sterben, damit die höheren Lebensformen sich ausbreiten können. Und dann wird es eine Weile brauchen, bis sich der fitteste (im darwinschen Sinne) durchgesetzt hat. Der Hörer/Musikliebhaber/Kunde ist solange kein wirklicher Gewinner.
15:01 Uhr, 16.3.2010, Link
Wenn es das endlich gebe, würde ich meine gesamte CD Sammlung verbrennen.
Ich habe keine Lust mehr Monatlich so viel Geld auszugeben nur um die Titel dann ein zweimal zu hören ich will eine Flatrate. Schade dass es das in Deutschland noch nicht gibt,
16:11 Uhr, 16.3.2010, Link
Ein schlagendes Argument für den „Besitz“ von digitalen Kopien im heimischen Archiv: Ich kann es hören, wann ich will. Niemand entscheidet plötzlich, dass ein Stück nicht länger verfügbar ist, weil Lizenzen ablaufen, weil man mehr Geld verdienen möchte, weil es nur im Plus-Abo zu haben ist, weil dieses und jenes Label nur noch mit bestimmten Diensten zusammenarbeitet und mit anderen nicht.
Wohin diese „Cloud“-Lösungen ja auch führen: Ich kann keine Serien auf Hulu sehen, weil ich nicht in den USA lebe und mir keinen Proxy installiert habe, auf YouTube ist jedes zweite Lied wegen Urheberrechtsbeschränkungen in meinem Land leider gerade nicht verfügbar.
So toll das 10-Euro-Abomodell ist: Es ersetzt mir nicht ein gepflegtes, geliebtes Archiv eigener Stücke oder Alben, selbst wenn ich mir zum Preis von zehn Liedern einen Monat lang alles mögliche andere anhören kann.
16:32 Uhr, 16.3.2010, Link
schlagendes argument von ole.
ich tendiere zwar auch dazu mich auf grosse veränderungen einzustellen. aber meine liebsten brauche ich „für immer auf sicher“ irgendwie muss das doch auch in der zukunft möglich sein!
17:28 Uhr, 16.3.2010, Link
telkos sollen flatrates einführen und die kabel-/telko-betreiber streamingdienste (spotify etc.) in ihre premiumangebote aufnehmen. Bis diese bestehenden, skandinavischen modelle bei uns eingeführt werden wirds wohl nicht mehr lange dauern…dann noch eine app dazu und ich bin happy!
18:22 Uhr, 16.3.2010, Link
Wie sieht es da eigentlich bei den Musikformen aus, die nicht in den 3-Minuten-Lieder-Raster passen, also Klassik, z.T. auch Jazz ? Bleibt da der physische Tonträger Nr. 1 ? In diesen Bereichen sind ja auch einige der tontechnisch heiklen Hörer angesiedelt, die sich mit den nicht verlustfrei komprimierten Formaten kaum auf Dauer abfinden werden.
19:22 Uhr, 16.3.2010, Link
Ole spricht einen interessanten Punkt an. Aber ich schreibe ja am Ende des Textes, dass es kein Entweder/Oder ist. Meine liebste Musik werde ich auch in Zukunft physisch besitzen wollen. Für den ganzen Rest ist das Streaming-Abo die beste Lösung.
20:17 Uhr, 16.3.2010, Link
Darwin ist ein gutes Stichwort. Das Internet ist nämlich radikaldarwinistisch. Es überleben jene, die sich am besten anpassen an die Konsumentenwünsche. Insofern bin ich überzeugt, dass sich Modelle wie jenes von Spotify mittelfristig durchsetzen werden. Scheitern werden jene, die sich krampfhaft gegegen wehren.
00:20 Uhr, 17.3.2010, Link
Am M4Music gibts dieses Jahr eine Diskussion zum Thema Kulturflatrate. Dürfte interessant werden.
11:44 Uhr, 17.3.2010, Link
Bei dieser Disskussion würde ich auch gerne mal die Seite der Musikschöpfenden hören. „Das Internet ist nämlich radikaldarwinistisch. … Scheitern werden jene, die sich krampfhaft dagegen wehren.“
Hoffen wir, daß die aussterbende Spezies schlussendlich nicht der Musiker selber ist. Ob und was ein Musiker an den Downloadzahlen verdient weiß ich nicht, aber Musik zu machen und Alben zu produzieren muß sich doch hinreichend auszahlen, um davon leben zu können. Meine Wertschätzung bringe ich mit dem Kauf einer CD und dem Zahlen eines monetären Gegenwerts direkt an den Künstler am bestens zum Ausdruck.
16:39 Uhr, 17.3.2010, Link
@ AsMoTa:
danke, daß du auch die musikschöpfenden erwähnst. als musiker hab ich mich beim durchlesen des artikels und der kommentare oft gefragt, wer hier an diejenigen denkt, die die inhalte produzieren, jenseits von EMI, O2, Sony, BMG, vodafone etc.. ?
in der independent-szene besteht doch schon lange die realität des DIY, wo der künstler seine eigene Plattenfirma ist .. ist es realistisch, daß eine dienstleistung, wie sie der artikel beschreibt lizenzverträge an solche unternehmen vergeben wird ? kann aus dem modell ein stabiles, ökonomisches vertriebsnetz auch für nischenprodukte entstehen ? und wie können sich in diesem kontext neue bands etablieren ? schafft man so nicht wieder ein medien-instrument, das entschiedet, was läuft und was nicht ? nicht, daß ich zu der vorgestellten idee ja oder nein sage. ich bin einfach nur neugierig und freue mich auf weitere gedanken..
alexandre
06:39 Uhr, 18.3.2010, Link
Eigentlich teile ich die Ansichten in diesem Artikel zu grossen Teilen, aber dass es Spotify jetzt IMMER NOCH NICHT in der Schweiz gibt, macht mich sowas von hibbelig!
16:00 Uhr, 18.3.2010, Link
Ich finde ja, man sollte Musik in Zukunft nur noch so hören: http://thedailywh.at/post/456640076/amazing-ad-campaign-of-the-day-to-creatively
Ansonsten: Als Musiker sehe auch ich natürlich das grosse Problem dieser technologischen Umwälzungen bei den Urheberrechten. Mir ist (noch) schleierhaft, wie dieses Problem gelöst werden soll, so dass auch Musiker etwas davon haben (denn verdient hätten sie das ja…).
Dass Streaming aber als logische Folge der momentanen technologischen Entwicklung an Popularität gewinnt, ist klar. Ob das den Konsumenten aber wirklich zufrieden stellt, stelle ich in Frage. Ich sehe das ähnlich wie Ole oben.
19:17 Uhr, 18.3.2010, Link
Die Schattenseite dieser Entwicklung ist der Preiszerfall der Musik. Auf Cd kostet ein einzelner Song für den Konsumenten ungefähr 2.10 CHF, als Download noch 1.50 und im Streamabo nur noch ein Bruchteil eines Rappens. Die Künstler und die kleinen Labels wird dies besonders hart treffen. Im Gegensatz zu den Majors haben sie keinen grossen Backkatalog, der ihnen eine gewisse Verhandlungsmacht gibt.
14:37 Uhr, 19.3.2010, Link
Wenn man über den Preiszerfall der Musik spricht, muss man zwei Dinge differenzieren.
Einerseits: Es ist eine nicht mehr umkehrbare Tatsache, dass der Preis für den Zugang zu Musik mit dem Internet zunehmend gegen Null strebt. Das hat mit den ökonomischen Imperativen des Internets zu tun. Mit Zugang meine dabei ich nicht nur Angebote wie Spotify, sondern generell das, was ich im Text mit dem pragmatischen Aspekt des Musikkonsums beschrieben habe. Damit lässt sich als Musiker und Label kein grosses Geld mehr verdienen, sondern nur noch Aufmerksamkeit generieren. Das geht uns Journalisten übrigens nicht anders, für den Zugang zu Information lässt sich je länger je weniger Geld verlangen.
Andererseits: Musik lässt sich über den emotionalen Aspekt verkaufen. Der kommt bei Konzerten zum Tragen, bei besonders schön gestalteten Vinyls oder CDs oder dann, wenn einem eine Band so sympathisch ist, dass man bereit ist, für einen Download etwas zu bezahlen, obwohl man dasselbe gratis haben könnte. Es ist die Aufgabe jener, die mit Musik Geld verdienen wollen, diese Produkte bereit zu stellen, um die Aufmerksamkeit, die sie mit ihrer (fast) gratis verbreiteten Musik erreichen, in finanziellen Ertrag umzumünzen. Dass das nicht einfach ist, ist klar.
22:37 Uhr, 22.3.2010, Link
Der Preisverfall wird auf jeden Fall dazu führen, dass es immer weniger Musik gibt. (Und wir sprechen natürlich nur von der GUTEN Musik – von der, die wir missen werden.) In der bisherigen Popgeschichte schienen die Künstler ganz gut damit ausgelastet zu sein, Songs zu schreiben und aufzunehmen und zu spielen und sich zu entwickeln. Jetzt gilt: Sei auch dein eigener Produzent, Labelmacher, Manager, Booker, Promoter, Webmaster etc. (weil der Ertrag nicht mehr erlaubt, dergleichen an Profis zu delegieren). Das alles natürlich in einem Drittel der Zeit, denn wer von der Musik nicht leben kann, muss ja für Miete und Essen (oder gar Familie) noch was anderes machen. 24/7 reicht da nicht mehr. Sven Regener sagte neulich in einem Interview treffend: „Wenn man den Vogel nicht füttert, singt er nicht mehr.“
Heul doch, indeed.
09:25 Uhr, 23.3.2010, Link
Ich halte das für Schwachsinn. Um bei Regeners schiefer Metapher zu bleiben: Der Naturzustand ist der, dass sich Vögel selber ihre Nahrung suchen. Dass Sie deswegen keine Zeit zum Singen mehr gehabt hätten, wäre mir neu.
12:05 Uhr, 23.3.2010, Link
Jeder Industrie-Zweig der durchs Internet umgewälzt wurde und wird beliebt es in erster Linie zu klagen. Musiker sind nicht anders als Journalisten, die ebenfalls klagen über den Mehraufwand, der das Internet bringt und bringen wird. Ein Journalist kann genauso wenig nur noch vor seiner Schreibmaschine sitzen und einen Artikel pro Woche abliefern. Er muss nun auch noch Fotos schiessen, Videos mit dem iPhone aufnehmen, einen Blog führen, seine Inhalte SEO-gerecht aufbereiten etc. Für den Musiker ist es genau so relevant geworden sich der Entwicklung anzupassen. Er muss nicht bloss sein Instrument beherrschen, sondern auch die Martkregeln und die werden nun halt durchs Internet noch etwa ausgebaut. Die Kunst ist es dieses Aufgaben zu koordinieren. Berfusfelder verändern sich und nüchtern betrachtet ist Musiker auch nur ein Berufsfeld.
13:54 Uhr, 23.3.2010, Link
Was bedeutet „SEO gerecht“?
21:20 Uhr, 23.3.2010, Link
Spannend. Vor allem, dass auf einem exzellenten Musikblog derart viele Kommentatoren sich für eine Flatrate begeistern können. Das ist dann doch wie Sex im Internet: Immer und überall verfügbar. Aber es wird nie die (leibliche) Partnerin, den Partner ersetzen können. Musik konsumieren ist durchaus erotisch, aber dazu gehört für mich als zunemhend wertkonservativem Geist das Vorspiel des Suchens, Kaufs udn Hervorkramens.
@shizzo: SEO Gerecht meint: Search Engine Optimized (Optimization) also zu deutsch „Suchmaschinenoptimiert“. Eben so, dass allmighty Google das Zeuch dann auch findet.
22:28 Uhr, 23.3.2010, Link
Bitte hört mal auf mit diesen schiefen Vergleichen. Nach den Vögeln (von Bernd) nun noch das Vögeln (von Zulu). Wenn bei dir der Unterschied zwischen Musik ab Vinyl und Musik aus dem Netz so gross ist wie zwischen echtem Sex und Youporn, dann machst du was falsch beim Sex. Oder du hast verdammt gute Vinyls.
Davon abgesehen weise ich nochmals darauf hin, dass ich ja in meinem Artikel explizit für eine Dualstrategie plädiere. Streams plus physische Tonträger.
14:54 Uhr, 24.3.2010, Link
Der Mensch hält ein „Produkt“ gerne in den Händen, befühlt es, beschnüffelt es (wer mag sich noch an den Geruch von Vinyl erinnern, na?), blättert in Booklets. Jene Tast-/Hörsensitiven werden sicher auch weiterhin Sammlungen von „Tonträgern“ bevorzugen – ich gehöre auch dazu. So, ja, die CD oder ein ähnliches Medium wird den Download wohl überleben. Für die tägliche Berieselung wird gestreamt oder von irgendwoher aufs Böxli runtergeladen. Ich denke, der „bezahlte“ Download ist nicht für die Ewigkeit gemacht (obwohl das mein Kerngeschäft ist). Spätestens, wenn der richtige Mix für eine Kulturflatrate gefunden wurde, dann dürfen wir auch den bezahlten Download, wie kürzlich die Musikkassette oder die Minidisk, zu Grabe tragen … und ich mich nach einem neuen Geschäftsmodell umsehen. :-G
18:46 Uhr, 24.3.2010, Link
David Bauer 1 – Zulu 0
09:34 Uhr, 25.3.2010, Link
Artikel von heute aus dem Hamburger Abendblatt:
http://www.abendblatt.de/wirtschaft/article1433923/Musikbranche-verliert-weiter-an-Umsatz.html
„Wenn wir hochwertige Inhalte wollen, werden wir dafür bezahlen müssen.“ (Dieter Gorny)
Überraschend und positiv, daß die CD-Verkäufe laut dieser Darstellung immnoch 90% des Umsatzes ausmachen und sogar einen Umsatzzuwachs verbuchen konnten.
Das könnte wiederspiegeln, das viele Leute die eingangs vorgestellte Strategie in der Tat praktizieren.
11:29 Uhr, 25.3.2010, Link
“Wenn wir hochwertige Inhalte wollen, werden wir dafür bezahlen müssen.” – Das Argument wird auch bei tausendfacher Wiederholung nicht besser. Die Frage ist nicht, ob wir bezahlen müssen, sondern in welcher Währung wir das tun und ob direkt oder indirekt.
18:36 Uhr, 25.3.2010, Link
mir – als musikliebehaberin und djane – wird immer die vinylplatte am nächsten sein. Nichts ist punkto musikbehandlung so sexy wie der umgang mit platten + und turntables. Ausserdem öden mich die ganzen parties mit herunter geladener komprimierter musik, die flach und körperlos klingt an. In den letzten paar jahren habe zunehmend miese klangqualität zu hören bekommen und das lag nicht am schlechten soundsystem im club…
Ich kenne leute, die haben derart viele tracks auf ihren computern, dass sie nicht mehr wissen was sie eigentlich haben und was sie hören wollen – quasi mp3-trialliardärInnen… Da verlieren das stück an sich und die leute die herzblut in den kreativen prozess gesteckt haben, doch gänzlich an bedeutung. Das kommt mir vor wie die banker und firmen-ceo’s mit ihren grenzenlosen bonis, die den hals nicht voll kriegen und die relationen zu basis, zum ursprung und der alltäglichen wirklichen welt verlieren. Hinter musik sind menschen und emotionen, das darf wert haben und auch etwas kosten.
Als djane bin ich auch stets an neuem interessiert und sammle musik – aber es langweilt mich, wenn das angebot dermassen überbordet, da verliere ich irgendwie die orientierung.
Zum kennenlernen höre ich mir manches online an oder lad es auch mal runter – doch letztlich geh ich gern in den plattenladen, begegne dort anderen musikliebhaberInnen, quatsche mit der/dem plattenverkäuferIn und tausch mich aus… und trage dann wieder einen stapel platten nach haus, die sich so schön anfühlen und freue mich an den covers und dem exquisiten mastering auf der scheibe … so, keep it real!
20:28 Uhr, 25.3.2010, Link
Das ist die Zukunft des Musikkonsums, bestimmt.
Viel interessanter ist jedoch, finde ich, dass die einzelnen Bands wohl auch auf diese ’neue‘ art musik zu konsumieren reagieren würden – Alben gäbe es wohl dann kaum mehr – Die ‚Plattenfüller‘ würden verschwinden und das Musikstück an sich würde an immenser Bedeutung gewinnen…
23:06 Uhr, 25.3.2010, Link
Die Argumentation läuft für mich ins Leere – kein Musikstream hat für mich wirklich die Auswahl, die mich anspricht.
Ich hab alle gesehen und das Fazit bleibt, das beste ist und wird auf Vinyl veröffentlicht und fehlt im Stream.
Niemand nimmt etwas wahr, dass nicht auf Vinyl gepresst wurde und kein Sream oder Download hat bisher je das Albumformat zerstört.
Ausserdem ist die beste Art Musik zu hören seit Jahrzehnten die gleiche: live im Konzert oder vom DJ im Club und das wird sich auch nie ändern.
Wem Musik als Stream reicht, ist doch gar nicht in der selben Liga wie ein richtiger Liebhaber, d.h. er ist nur zweitrangig interessiert und von daher für unsereins zu belächeln.
@ mimi montelone hört! hört!
09:56 Uhr, 26.3.2010, Link
mich regen die „vinyl-fetischisten“ genauso auf wie die, die behaupten, das format CD habe ausgedient und darauf bestehen, „streaming“ sei die neue musik-hör-zukunft. für mich ist das korinthenkackerei.
08:17 Uhr, 29.3.2010, Link
Danke für diesen Beitrag, David. Meine Worte.
13:57 Uhr, 30.3.2010, Link
In der gestrigen Ausgabe der NLZ wird darauf hingewiesen, dass die IFPI härter gegen „illegale“ Uploader vorgehen will. Man möchte die Strafanzeigen von 24 im letzten Jahr auf 120 in diesem Jahr erhöhen, „um zu verhindern, dass Musik ausschliesslich zu einem Hobby wird, mit dem man kein Geld verdienen kann“ (O-Ton Rechtsanwalt P.Vosseler im Auftrag der IFPI).
22:30 Uhr, 12.4.2010, Link
hier noch ein nachtrag:
http://www.nzz.ch/nachrichten/digital/mehr_als_nur_musik_1.5371133.html
20:14 Uhr, 25.5.2015, Link
tischisten” genauso auf wie die, die behaupten, das format CD habe ausgedient und darauf bestehen,,verschwinden und das Musikstück an sich würde an immenser Bedeutung gewinnen…und djane – wird immer die vinylplatte am nächsten sein. Nichts ist punkto musikbehandlungetwas wahr, dass nicht auf Vinyl gepresst wurde und kein Sream oder Download hat bisher je das Albumformat zerstört.