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Nine Inch Nails – Der Fan im Schneideraum

Von    |   5. Januar 2010   |   0 Kommentare

Trent Reznor, einer der grossen innovativen Köpfe der internationalen Musikszene des letzten Jahrzehnts, startet mit „Another Version of the Truth: The Gift“ furios ins neue Jahr.

Für Nine Inch Nails-Fans beginnt 2010 gut. Trotz aller Beteuerungen, in Zukunft kürzer treten zu wollen, veröffentlichen die Industrial-Veteranen aus Cleveland ein fettes Live-Video. „Another Version of the Truth: The Gift“ ist dabei ein typisches NIN-Produkt.

Von den Fans für die Fans produziert, in unzähligen Formaten kostenlos angeboten und erstmal nur über die eigene Homepage vertrieben – die Umgehung von etablierter Musikindustrie kennt man von Reznor & Co. seit seiner Loslösung von Universals Interscope. Aufgenommen wurde „The Gift“ während der „Lights in the Sky“-Tour 2008 in Victoria, Sacramento und Portland.

Der Konzertfilm ist nicht besser oder schlechter geraten, als hätte man Profis ans Werk geschickt. Hervorzuheben ist lediglich der kollaborative Effort, den die Fans geleistet haben. Zynische Zungen könnten behaupten, dass Reznor sicher eine Menge Geld gespart hat bei dieser Form der Produktion.

Der Frontmann der Nine Inch Nails vereint gleich mehrere Eigenschaften auf sich, die es ihm erlauben, derartige Dinge auf die Beine zu stellen. Zum einen hat seine Band ein Standing, dass es ihm erlaubt, ohne Musiklabel im Rücken zu arbeiten – er kann sich seine Mitarbeiter selbst aussuchen. Zum anderen hat er verstanden, wie er das Web für seine Zwecke einsetzen kann.

Die atemberaubende Schnitzeljagd zum 2007er-Album „Year Zero“ war da nur der Anfang. Dem viralen Marketing-Coup mit höchstem Unterhaltungswert folgten die übers Internet vertriebenen und wahlweise kostenlosen Releases „Ghosts I-IV“ und „The Slip„, und letztlich die Versteigerung von NIN-Equipment via eBay. Reznor versteht es, über das Web zu kommunizieren und Musik in einem Qualitätsrahmen anzubieten, der selbst den audiophilen Fan zufrieden stellt.

Zwei Faktoren kommen Trent Reznor bei dieser Wirtschaftsweise zugute: Seine Fans (man denke nur an den legendären Fanclub The Spiral) sind ihm treu. „Ghosts I-IV“ wurde nach dem Internetrelease in verschiedenen haptischen Formaten angeboten und verkaufte sich gut. Und letztendlich kann Nine Inch Nails das am besten, was Musikern heute noch Geld bringt: Die Fans live wegblasen.

(Foto: Nine Inch Nails, Lizenz)

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