Pure Soundart: Ausgereifter Art-Rock
Von Ralph Hofbauer | 4. Dezember 2009 | 8 Kommentare
Pure Soundart sind mit „Bye Bye Beauty“ erwachsen geworden. Der erste Longplayer der Zuger ist ein ambitioniertes Werk, das gekonnt zwischen laut und leise balanciert.
Über den Namen Pure Soundart lässt sich streiten. Letztendlich bringt er jedoch die künstlerische Konsequenz der jungen Zuger Band auf den Punkt. Pure Soundart überlassen nichts dem Zufall. Sie schleifen an ihren Songs bis sie makellos rein sind. Zwei Jahre Arbeit haben die Innerschweizer in ihren ersten Longplayer „Bye Bye Beauty“ gesteckt, der nach einigen vertriebstechnischen Schwierigkeiten nun doch endlich beim britischen Label Lockjaw Records erschienen ist.
Während Pure Soundart mit ihrer Debüt-EP „Emo Is Dead“ noch ihren musikalischen Vorbildern in Emo- und Hardcore huldigten, verabschieden sie sich mit ihrem Debütalbum endgültig vom jugendlichen Übermut. „Bye Bye Beauty“ ist so etwas ein Bildungsroman in Scheibenform. Leitthema des Konzeptalbums ist das Erwachsenwerden. Die zwölf Songs zeugen vom Reifeprozess, den die Band in den letzten Jahren menschlich wie musikalisch durchlaufen hat.
„Bye Bye Beauty“ klingt in der Tat sehr reif. Das Songwriting wählt niemals den offensichtlichsten Weg, die Arrangements wirken fancettenreich und ausgeklügelt. Die Hardcore-Wurzeln von Pure Soundart offenbaren sich lediglich noch in gelegentlichen Gitarrenwänden und Screamo-Anflügen, die im Kontrast mit den sanften Passagen eine Dynamik entfalten, die mitunter an Blackmail erinnert. Auch Pure Soundart rocken mal hart, mal zart.
In den Krienser Soundfarm Studios haben Pure Soundart zu einem druckvollen Sound gefunden, der durchaus mit den Produktionen von Blackmails Kurt Ebelhäuser mithalten kann. Dass Pure Soundart vom Trio zum Quintett angewachsen sind, manifestiert sich in der opulenten Klangvielfalt von „Bye Bye Beauty“. Die Klangpalette reicht über das klassische Rockinstrumentarium hinaus: Streicher, singende Sägen und weibliche Backgroundchörchen schaffen eine epische Atmosphäre. Dass die Innerschweizer symphonischen Pop à la Get Well Soon mögen, verrät der Songtitel „Rest Now, Weary Head“.
Mit „Bye Bye Beauty“ werden die Zuger ihren hohen Ambitionen gerecht. Der Name Pure Soundart hat eben doch seine Berechtigung. Das an Stimmungen, Emotionen und Klangfarben reiche Debütalbum bietet zwar keine eingängigen Pop-Hits, dafür ausgereiften Art-Rock von internationalem Format, der genügend Substanz für einen langen Winter hat.
> „Bye Bye Beauty“ im Soundsystem anhören
> Song des Tages: Hello, You Are Beautiful
> Pure Soundart live: 18.12. Treibhaus, Luzern
Dok-Film zur Entstehung des Albums:
8 Reaktionen
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17:35 Uhr, 4.12.2009, Link
Grosses Kompliment für ein grosses Album.
01:38 Uhr, 6.12.2009, Link
Perfektes Album von Pure Soundart, unglaublich… alle Songs Hits…epische Musik…. das gabs vor 17 Jahren von Nirvana mit Nevermind…. Pure Soundart kanns auch..downloade das ganze Album von iTunes… du wirst die Musik lieben
19:52 Uhr, 6.12.2009, Link
Beim ersten Mal durchhören wars noch OK. Beim dritten Mal war ich gefangen…was für ein Grower. Und was für eine Wut in Songs wie „Day Of Fire“ steckt…
Ein unglaublich dichtes und athmosphärisches Album. Eine kleine Meisterleistung, da der Grat zwischen Kunst und Kitsch enorm schmal ist, und ihn auch Pure Soundart ab und an beinahe streifen.
Mein Schweizer Album des Jahres und eines der besten der Dekade. Eine Band, der ich abnehme, was sie sagt und spielt im Gegensatz zu vielen Anderen gehypten Bands der lezten Jahre.
Leider wird dieses Album wohl von vielen übergangen werden…in Zeiten von Handy-Single Downloads hat keiner mehr Zeit dafür, einem Album die Zeit zu geben, die es braucht.
Dieses hier, das ist eine Wucht!
20:06 Uhr, 7.12.2009, Link
Am nächsten Sonntag kann man sich auf DRS Virus ab 18 Uhr mit der Band durch das ganze Album durchhören… tune in
17:51 Uhr, 11.12.2009, Link
Auf die Gefahr hin, dass ich hier einige vor den Kopf stosse, aber finde das noch interessant.
Pure Soundart haben das geschafft, was Muse mit ihrem neuen Album vergeblich versuchten: ambitioniertes Konzept in gute Rockmusik zu verpacken. Pure Soundart haben das mit viel Gespühr und Ehrlichkeit geschafft.
Lustige Notiz am Rande: Muse haben einst auch auf Lockjaw ihre Karriere gestartet.
15:42 Uhr, 13.12.2009, Link
@Tom: ziemlich heikler Vergleich. So gesehen haben Muse doch schon einiges mehr erreicht, oder nicht?
Nichtsdestotrotz ein schönes Album mit tollen Songs, bei dem ich nicht auf ne Schweizer Band tippen würd.
Fragt sich, ob die Band fähig ist, diese Platte auch live rüber zu bringen…
14:22 Uhr, 5.4.2010, Link
Selten habe ich eine Band getroffen, welche mehr von sich hält… live aber wie lau warme Gerstensuppe rüberkommt…
Erwachsen ist definitiv anders!
Schön dass es Bands gibt, die sich vom Einheitsbrei lossagen, Pure Soundart gehört meiner Meinung nicht dazu!
15:58 Uhr, 28.4.2010, Link
Keine Ahnung, welche Band du gesehen hast.
Ich hatte das Vergnügen, mit ihnen zusammenzuarbeiten als Mixer. Selten eine Band getroffen, welche sich mehr zurück nimmt und versucht, es allen so einfach wie möglich zu machen und dann noch so selbstkritisch ist und dem Publikum immer alles geben will.
Davon könnten sich 90% aller SChweizer Bands ne grosse Scheibe abschneiden.
Meiner Meinung nach sollte man das als Musikfreund sehen.
Dein Problem scheint ein persönliches zu sein…