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Platte der Woche: Bear In Heaven – Beast Rest Forth Mouth

Von    |   25. November 2009   |   2 Kommentare

Da hat man die persönliche „Best of 2009“-Liste klammheimlich schon längst zu Papier gebracht und dann das: Bear In Heaven veröffentlichen mit „Beast Rest Forth Mouth“ ihr zweites Album und plötzlich sieht die Welt ganz anders aus.

Bear in Heaven_Beast Rest Forth MouthTatsächlich gerät die Welt durch das neue Album von Bear In Heaven etwas aus den Fugen, denn mit „Beast Rest Forth Mouth“ spannt die Band aus Brooklyn ein Universum auf, das sich so ungeheuer räumlich und dicht präsentiert, dass man sich sicher ist, dass zumindest diese LP in Wirklichkeit keine Scheibe, sondern eine riesige Kugel ist, deren quadrophonische Klangwelt man mit dem Drücken der Play-Taste betreten hat.

In einem Tempo, das sich wie Lichtgeschwindigkeit anfühlt, gleitet man über die A-Seite des Albums und legt dabei geistig so immense Distanzen zurück, dass man sich wundert, wie eine solche Flut an Impressionen in den vergleichsweise kurzen Songs Platz findet. Angefeuert von umtriebiger Perkussion und flimmernden Keyboard-Fugen jagt man durch den Song „Wholehearted Mess“, torkelt im Takt weiter durch „You Do You“, wird unversehens hinaufkatapultiert in flirrende Sphären und wähnt sich für einen Moment schwerelos. Feinste Klangpartikel und fluide Instrumentalschlieren weiten die Wahrnehmung im kristallklaren Äther und verleihen dem Sound eine euphonische Überdimensionalität. Wieder zurück auf dem Boden der Tatsachen erlebt man von der Rückbank aus, wie „Lovesick Teenagers“ auf einer lynchesken Reise mit jedem Kilometer, den sie mit ihrer Karre auf dem Highway abspulen, immer bestimmter ihrem Schicksal entgegeneilen, am Ende ihr Leben lassen und doch unsterblich bleiben.

Gerade noch rechtzeitig rettet man sich auf die B-Seite und kommt, auf üppige synthetische Klangkissen gebettet, wieder zu sich und voll auf seine Kosten. Von weit her drängt sich einem mit „Dust Cloud“ ein traumhaft leierndes Stück ins Bewusstsein, dessen sanfte Verstimmtheit an einen nie gehörten Song von My Bloody Valentine erinnert, der zu lange in feuchten Fässern eingemacht im Keller vergessen ging. Warm eingelullt folgt man mit gesenktem Blick einem Slacker von einem Beat durch „Drug A Wheel“, lässt sich von einer beschwörerischen Predigt vom Weg abbringen und findet sich in „Deafening Love“ in nebelverhangenen Wäldern wieder, in denen man der Versuchung erliegt und sich auf die Suche macht nach dieser Stimme, die einen aus dem Nichts mal gellend, mal murmelnd immer tiefer ins eigene Unterbewusstsein lockt.

Seit dem Ausstieg von David Daniell (der in diesem Jahr mit dem Tortoise-Bassisten Douglas McCombs das Album „Sycamore“ eingespielt hat) und James Elliott (Ex-Mitglied von School of Seven Bells) sind Bear In Heaven als Quartett unterwegs. Zu viert erschaffen Jon Philpot, Adam Wills, Sadek Bazaraa und Joe Stickney mit „Beast Rest Forth Mouth“ eine dynamische Klangwelt, die in warme Electronica gehüllt mal vor Pop nur so trieft, sich in Indie-Posen wirft oder über Prog-Elemente stolpernd in Psychedelia verliert. Bear In Heaven machen Musik, der man sich ausliefert, die man fremdbestimmt durchtreibt, bis man nur noch Wahrnehmung ist, vor lauter Empfänglichkeit unfähig, während der knapp 40-minütigen Spielzeit auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.

Wie schon der Vorgänger „Red Bloom of the Boom“ wird auch das neue Album von Bear In Heaven vom Label Hometapes herausgegeben und ist seit Ende Oktober auf (wahlweise rotem oder blauem) Vinyl oder als Silberling erhältlich.

Bear In Heaven – Lovesick Teenagers
[audio:http://downloads.pitchforkmedia.com/Bear%20in%20Heaven%20-%20Lovesick%20Teenagers.mp3]

Bear In Heaven – Wholehearted Mess
[audio:http://thefader.cachefly.net/bear-in-heaven-wholehearted-mess.mp3]

Bear In Heaven – Dust Cloud
[audio:http://www.78s.ch/wp-content/uploads/2009/11/Bear-In-Heaven-Dust-Cloud1.mp3]

2 Reaktionen

  1. Merely Thinking» Blogarchiv » Dig!
  1. #1 Stef

    21:13 Uhr, 3.12.2009, Link

    Kannte ich nicht, will ich aber. Danke für den Artikel. Macht wirklich Lust darauf.

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